In seiner Zeit als Spieler von Dynamo Dresden musste Matthias Sammer ins Wachregiment der Stasi eintreten. Als Soldat des Wachregiments "Feliks Dzierzynski" war der heutige TV-Experte ein passives Stasi Mitglied.
Das sagten die Stasi-IM über Sammer
Mit der Sport Bild sah sich der Ex-Bayern-Sportvorstand zum ersten Mal seine Stasi-Akte aus dieser Zeit an und gab dazu interessante Einblicke. Dazu erfährt Sammer, wer ihn damals bespitzelt hat.
"Es gab Zwänge, denen du dich damals nicht entziehen konntest. Das war traurig und ein Bestandteil eines falschen Systems", so der 50-Jährige. "Dynamo-Chef war damals Erich Mielke (Minister für Staatssicherheit, Anm.d.Red.). Wenn du also für Dynamo Dresden Fußball gespielt hast, musstest du zunächst in die Volkspolizei eintreten."
Als dann die Armee-Zeit anstand, hast du die nächste jeweilige Organisationsform annehmen müssen, wenn du weiterhin Fußball spielen wolltest. Bei Dynamo Dresden war es das Wachregiment "Felik Dzierzynski. Es war im Prinzip ein Alibi, um keinen aktiven Wehrdienst leisten zu müssen."
Sammer wurde gründlich durchleuchtet
Nach seiner Bewerbung für das Wachregiment wurde Sammer gründlich von der Stasi durchleuchtet. Auch ein ehemaliger Mitspieler hat ihn damals bespitzelt. In der Akte steht, dass Mannschaftskollege und Dynamo-Stürmer Torsten Gütschow sowie Team-Masseur Horst Friedl als IM's, also inoffizielle Stasi-Mitarbeiter auf Sammer angesetzt waren.
Als charakterliche und moralische Einschätzung landete dabei ein kritischer Kommentar seiner Beobachter in der Akte. "In seinem Verhalten zeigen sich Ansätze von Überheblichkeit, in dem er vielfach andere Spieler zu sogenannten 'Nichtskönnern' degradiert."
Seine politische Entwicklung wurde dagegen sehr positiv eingeschätzt: "Der Kandidat hat seine Verbundenheit zu unserem Staat im kapitalistischen Einsatz unter Beweis gestellt, in dem er immer sauber und korrekt als Vertreter unserer sozialistischen Sportorganisation auftrat", heißt es in der Akte.
Sogar Sammers Netto-Gehalt von 1075 Mark ist darin vermerkt. Trotzdem hegt Sammer keinen Groll: "Ich verurteile auch niemanden, der ein IM war."
Vater riet ihm, sich nicht querzustellen
"Wenn ich weiter Fußball spielen darf, ohne etwas anderes als Gegenleistung erfüllen zu müssen, dann war das gut so", sagte Sammer zu seiner damaligen Intention. Trotzdem gingen mit dem Eintritt in das Wachregiment auch Verpflichtungen einher.
Darunter "Das Verbot, Westberlin, die BRD oder andere Länder des kapitalistischen Auslands zu betreten", es sei denn, es liegt ein "dienstlicher Auftrag vor" und die Unverzügliche Meldung von "allen Veränderungen persönlicher Art, die mich oder meine nächsten Angehörigen betreffen"
Sein Vater Klaus, der sich selbst dem Eintritt in die Staatspartei SED verweigert und dafür nicht zu den Olympischen Spielen 1972 durfte, riet Sammer, sich nicht querzustellen.
Auch sollte er sich in Gruppen zurückhalten: "Über Dinge wie Politik oder Verwandschaft hast du in diesem Rahmen nicht geredet. Ich wusste, dass dies gefährlich ist. Davor hatte mich auch mein Vater gewarnt. Er ließ mich wissen, dass alles was ich in diese Richtung sage, falsch interpretiert werden könnte", sagte der ehemalige DDR- und BRD-Nationalspieler.
Sammer gibt Nacht-und-Nebel-Aktionen zu
Nach knapp 17 Monaten wurde Sammer schließlich vorzeitig aus Wehrdienst entlassen. Dieser galt damit als erfüllt. "Ich sah weder eine Waffe, noch musste ich an irgendeiner Übung teilnehmen", bilanzierte der 50-Jährige.
Ganz ungefährlich war die Zeit dennoch nicht für Sammer. Besonders das Verbot, seine im Westen wohnende Großmutter zu besuchen, sorgte für gefährliche Aktionen. "Die Mutter meines Vaters, wie auch meine beiden Onkel, wohnten in Gröditz. Wenn die West-Verwandtschaft bei ihnen zu Besuch war, haben wir sie in Nacht-und-Nebel-Aktionen dort ebenfalls getroffen und gehofft, dass es niemand mitbekommt."
Nach Kontakt mit Arie Haan, dem damaligen Trainer des VfB Stuttgart, im Rahmen eines Europapokal-Spiels wird Sammer zudem des Westkontakts verdächtigt. Er rechtfertigte sich damals gegenüber einem Stasi-Mann: "Wir haben ein paar Bier getrunken, wir sind ausgeschieden, und eines ist doch klar: Ich habe hier in Dresden meine Familie. Wir sind total zufrieden und bodenständig. Machen Sie sich also keine Sorgen. Wenn ich hätte abhauen wollen, wäre das längst geschehen. Ich habe es nicht vor."