Zum siebten Mal nimmt der Hamburger SV in dieser Saison Anlauf, um nach dem einzigen Abstieg der Klubgeschichte wieder in die Bundesliga zurückzukehren. Seit Sonntag herrscht jedoch Gewissheit darüber, dass die Mission Wiederaufstieg ohne Trainer Steffen Baumgart fortgesetzt wird.
Wer soll es beim HSV richten?
Unter gellenden Pfiffen der eigenen Anhänger hatte sich der HSV am Vortag aus dem Volksparkstadion verabschiedet, nachdem man eine 2:0-Führung (Endstand: 2:2) gegen den ebenfalls kriselnden FC Schalke 04 verspielte. Seit vier Spielen wartet Hamburg bereits auf einen Sieg in der Liga und rutschte in der Folge auf Rang acht der Tabelle ab.
Babbel nach Baumgart-Aus: „Mich hat es nicht überrascht“
„Das war abzusehen. Der Trend ging schon total ins Negative. Du hast auch gestern das Gefühl gehabt, dass sie in der zweiten Halbzeit Angst hatten. Sie hatten Angst, etwas zu verlieren und haben dadurch Schalke wieder ins Spiel gebracht“, fiel die spontane Reaktion von Ex-Profi Markus Babbel im STAHLWERK Doppelpass aus.
„Mit diesem Kader kannst du aufsteigen, du hast auch im Stadion gespürt, die Zuschauer sind nicht zufrieden. Mich hat es jetzt nicht wirklich überrascht“, meinte Babbel und analysierte: „Steffen zeichnet sich durch Tempo nach vorne aus. Das hat er beim HSV nie so richtig reingebracht. Immer mal wieder ansatzweise. Aber auf einmal aus dem Nichts heraus gab es so unerklärliche Nichtleistungen, wo du auch als Trainer verzweifelst. Ich schätze Steffen sehr hoch ein als Trainer, aber trotzdem hat er es nicht geschafft eine gewisse Konstanz hineinzubringen.“
Fußballmanager Michael Reschke merkte zudem an: „Er hat mit Köln, mit einer Mannschaft, die von der Qualität her meist unterlegen war, nach vorne mit Pressing sehr lebendig spielen lassen. Das war beim HSV, was ich gesehen habe, nicht der Fall.“
Während Merlin Polzin, der schon vor dem Amtsantritt von Baumgart ein Spiel auf der Trainerbank begleitete, nun erneut interimsweise den Spielbetrieb übernehmen wird, stellt sich den HSV-Verantwortlichen die große Frage danach, wer das Ruder langfristig in die Hand nehmen soll.
Reschke bringt Ex-Bochum-Trainer ins Gespräch
Die Liste an möglichen Kandidaten ist lang und lässt zum jetzigen Zeitpunkt viel Raum für Spekulationen. „Dass jetzt natürlich viele Namen genannt werden, ist doch logisch. Da hätten wir ja auch einen Kandidaten mit Markus (Babbel, Anm. d. Red.), der ist ja auch dem HSV verbunden“, scherzte SPORT1-Experte Stefan Effenberg bezüglich des ehemaligen HSV Profis.
„Ich glaube immer noch, dass mein Verein attraktiv ist, aber was da teilweise alles gehandelt wird an Namen. Roger Schmidt und sowas, warum sollte er es jetzt machen, der wird ja zum Beispiel auch immer als Wunschlösung gehandelt. Niko Kovac als Ex-Hamburger würde ich auch noch in die Runde werfen“, äußerte auch TV-Moderator Thomas Wagner.
Als einen geeigneten Nachfolger machte Fußballmanager Michael Reschke hingegen Thomas Letsch aus, der Anfang April vom VfL Bochum freigestellt wurde.
„Er ist ein intelligenter Trainer. Der würde überall hinpassen“, erklärte Reschke und führte aus: „Das wird jetzt entscheidende Frage sein, den richtigen Trainer zu bekommen. Ich fand der Thomas Letsch hat sowohl in Österreich als auch beim VfL Bochum sehr gute Arbeit geleistet und ich kann ihn mir als Kandidaten vorstellen.“
Matthäus plädiert für Urs Fischer
Es kursieren aber noch einige andere Namen rund um das Volksparkstadion. Laut Sky sind der frühere Weltklassestürmer Ruud van Nistelrooy, der eine HSV-Vergangenheit hat, und Paderborn-Coach Lukas Kwasniok Kandidaten beim früheren Dino. Auch Torsten Lieberknecht und David Wagner werden genannt.
Daneben fällt auch der Name Bruno Labbadia, der 1991 beim 1. FC Kaiserslautern zusammen mit Kuntz Deutscher Meister wurde und in Hamburg lebt.
Rekordnationalspieler Lothar Matthäus brachte dagegen den früheren Union-Trainer Urs Fischer ins Spiel, der „einen Laden beruhigen“ könne. „Er hat eine gewisse Souveränität und eine Art, die bei den Menschen und Spielern gut ankommt“, führte Matthäus aus.
In eine ähnliche Richtung denkt grundsätzlich auch Reschke: „Wir hatten jetzt zwei sehr extrovertierte Trainer (Tim Walter und Steffen Baumgart, d. R.), vielleicht ist jetzt einer der zurückhaltender und strategischer handelt die bessere Lösung“, schlug der 67-Jährige vor. „Stefan Kuntz, viel Spaß“, richtete er sich an den Vorstand Sport des HSV.
Kuntz schließt Rückkehr aus
Dass Kuntz nach seinen Stationen in der türkischen Nationalmannschaft oder der deutschen U21 selbst auf die Trainerbank zurückkehrt, scheint hingegen ausgeschlossen. „Ich werde auf gar keinen Fall Trainer werden“, sagte Kuntz am Sonntag bei Welt TV, „wenn ich das wollte, wäre ich Trainer geblieben“.
Babbel nahm die Verantwortlichen um Kuntz auf der Suche nach einem neuen Trainer zusätzlich in die Pflicht, die Wahl gründlich zu durchdenken. „Das Kernproblem bei vielen Vereinen ist, dass sie keine Philosophie mehr haben, was sie spielen wollen. Sie holen große Namen als Trainer, um als Verantwortlicher Ruhe zu haben. Das ist der falsche Ansatz in meinen Augen. Die Spieler haben zwei Jahre mit Tim Walter trainiert und verinnerlicht. Die können nicht auf einmal Umschaltspiel. Da brauche ich einen Trainer mit anderen Lösungen. Und das fehlt mir bei vielen Vereinen“, meinte er.
Man darf gespannt sein, wie sich die HSV-Chefs letztlich entscheiden werden.