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2. Bundesliga: "Typen wie Baumgart braucht der Fußball" Änis Ben-Hatira vor HSV vs. Hertha

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2. Bundesliga: "Typen wie Baumgart braucht der Fußball" Änis Ben-Hatira vor HSV vs. Hertha

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Ben-Hatira: „Ich feiere Baumgart“

Mit dem Hamburger SV und Hertha BSC treffen am Sonnabend zwei Aufstiegsaspiranten im Topspiel aufeinander. Änis Ben-Hatira spielte bei beiden Klubs und spricht exklusiv bei SPORT1 über die Trainer, fehlende Typen und das Vermächtnis von Kay Bernstein.
Hertha-Trainer Christian Fiél äußert sich im Interview zu Fabian Reese und dem Saisonziel der Berliner.
Mit dem Hamburger SV und Hertha BSC treffen am Sonnabend zwei Aufstiegsaspiranten im Topspiel aufeinander. Änis Ben-Hatira spielte bei beiden Klubs und spricht exklusiv bei SPORT1 über die Trainer, fehlende Typen und das Vermächtnis von Kay Bernstein.

Änis Ben-Hatira ist ein Berliner Junge, der zur Goldenen Generation von Hertha BSC gehörte, zu der unter anderem auch Kevin-Prince und Jérôme Boateng, Patrick Ebert sowie Ashkan Dejagah zählten. Sie alle standen für ihr Berlin.

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Das Lebensmotto von Ben-Hatira lautet: „Ich habe immer eine klare Meinung, bei der es keine zweite Meinung gibt.“ Der heute 36-Jährige spielte jeweils fünf Jahre für die Berliner und für den Hamburger SV. Seit einem Jahr läuft er für die zweite Mannschaft der Hertha auf.

Vor dem Duell zwischen den Hanseaten und den Berlinern (ab 19.30 Uhr LIVE im TV auf SPORT1) spricht Ben-Hatira im exklusiven SPORT1-Interview über den neuen Hertha-Trainer Cristian Fiél, das Vermächtnis seines verstorbenen Freundes Kay Bernstein und fehlende Typen im Fußball.

„Unter Baumgart macht der HSV einen stabileren Eindruck“

SPORT1: Herr Ben-Hatira, wie haben Sie den Auftakt des HSV und der Hertha wahrgenommen?

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Änis Ben-Hatira: Der HSV spielt einen anderen Fußball als unter Tim Walter. Das merkt man, das konnte man schon in der Rückrunde der vergangenen Saison sehen. Die Hamburger spielen sehr effektiv. Der FC war zwar stärker, doch am Ende des Tages zählen drei Punkte. Was die Hertha betrifft, sieht man das neue Konzept vom neuen Trainer Cristian Fiél, was mir sehr gut gefällt. Leider hat die Durchschlagskraft nach vorne gefehlt, der letzte Punch, um erfolgreich zu sein. Es wird ein spannendes Duell. Der HSV hat durch den Auftaktsieg etwas mehr Selbstvertrauen. Und ich bin gespannt, wie Hertha nach der Niederlage im ersten Spiel in Hamburg auftreten wird.

SPORT1: Sie sagen, dass der HSV einen anderen Fußball spielt als unter Tim Walter. Können Sie das konkretisieren?

Ben-Hatira: Walter steht auf sehr offensiven Fußball und lässt so auch spielen. Da stehen die Innenverteidiger sehr hoch. Bei einem Ballverlust gerät man dadurch schnell in einen Konter. Unter Baumgart macht der HSV einen stabilen Eindruck. Es ist nicht der attraktivste Fußball, aber es geht um das Ziel, aufzusteigen.

„Wir sollten Fiél und Füllkrug nicht verteufeln“

SPORT1: Die Hertha hat mit Fiél einen neuen Trainer. Ist er der Richtige?

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Ben-Hatira: Ich hatte ihn als Spieler und als Trainer auf der Gegenseite. Ich kenne ihn also. Ich kann mich an seine Anfangszeit bei Dynamo Dresden erinnern, als er mit begrenzten Möglichkeiten einen herausragenden Job gemacht hat. Da wurde ein sehr schöner Fußball gespielt. Jetzt geht Fiél bei der Hertha den nächsten Schritt. Ich bin von Fiéls Konzept begeistert. Wir denken gleich, was Fußball angeht.

SPORT1: Können Sie es aber nachvollziehen, wenn ein Trainer nach nur einem Jahr in Nürnberg wieder geht und dann mit den gleichen Worten bei der Hertha anfängt?

Ben-Hatira: Ich bin da immer vorsichtig. Man weiß nie, was bei dem anderen Verein vorgefallen ist. Die Wahrheit kommt selten ans Licht. Bei Füllkrug könnte man auch sagen: „Er hat sich nach einem Jahr in Dortmund wieder verzogen. Er hat vor einem Jahr große Töne gespuckt und spielt jetzt für West Ham United.“ Jeder weiß für sich selbst am besten, was gut und richtig ist. Wir sollten Fiél und Füllkrug nicht verteufeln. Hertha BSC hat Fiél einfach gereizt und er hat diese Chance ergriffen. Das ist ein großer Klub mit vielen Möglichkeiten. Da ist die Motivation noch höher.

Ben-Hatira lobt Rückendeckung für Baumgart

SPORT1: Baumgart stand nach dem verpassten Aufstieg schon wieder in der Kritik, aber Stefan Kuntz hat da ein Machtwort gesprochen, indem er sagte: „Baumgart bleibt, er hatte noch nicht die Chance für eine komplette Vorbereitung“. Wie fanden Sie das?

Ben-Hatira: Warum ist Kuntz in dieser Position? Weil er solche Entscheidungen treffen muss. Er hat die Verantwortung und will mit dem HSV das einzige Ziel erreichen. Der große Traum vom Aufstieg schwebt über allem. Es ist fair und anständig von Kuntz, dass er weiter auf Baumgart setzt. Der Trainer konnte sich noch nicht komplett beweisen. Jetzt wird Baumgart neu bewertet. Er hatte in der Rückrunde etwas Vorlaufzeit und hat nun einen guten Start hingelegt.

SPORT1: Sie hatten sich bei SPORT1 als Fan von Tim Walter geoutet. Sind Sie auch ein Fan von Steffen Baumgart?

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Ben-Hatira: Ja, ich feiere Baumgart. Von seiner Art her und von seinem Charakter gefällt er mir. Fußballerisch denke ich zwar einen Tick offensiver, aber das, was Baumgart in Köln abgeliefert hat und wie er dort rübergekommen ist, das ist schon bemerkenswert. Solche Typen wie Baumgart braucht der Fußball. Ich hätte gerne mal mit ihm zusammengearbeitet. Er ist die richtige Wahl, wenn es um Menschlichkeit und Menschenführung geht. Und mit den Unterschiedsspielern, die er hat, muss der Aufstieg das Ziel sein.

Ben-Hatira: „Selke muss liefern“

SPORT1: Ist Davie Selke ein Unterschiedsspieler? Er ist neu beim HSV. Er polarisiert. Friedhelm Funkel meinte kürzlich im SPORT1-Interview, Selke würde sich gut verkaufen.

Ben-Hatira: (überlegt etwas) Er ist ein Stürmer, der von seiner Mentalität lebt. Und ein Spieler, der unangenehm sein kann. Selke stichelt immer auf dem Platz und versucht, im Strafraum Unruhe zu stiften. Er will mit aller Macht Tore erzielen. Baumgart wird schon wissen, warum er ihn zum HSV geholt hat. Selke und Glatzel können gut voneinander profitieren. Es sind ähnliche Spielertypen.

SPORT1: Wie sehen Sie Selkes Situation insgesamt?

Ben-Hatira: Am Ende des Tages wird er an Toren gemessen. Selke muss liefern. Eigentlich gehört er zu den Top-Stürmern in der Liga und steht dementsprechend auch unter Druck. Er wäre nicht von den jeweiligen Vereinen verpflichtet worden, wenn man sein Potenzial nicht erkennen würde. Selke lebt von seinem Selbstvertrauen. Er ist ein Mentalitätsspieler.

SPORT1: Ist er ein ähnlicher Typ wie Sie?

Ben-Hatira: Man kann uns nicht miteinander vergleichen. Wir kennen uns und verstehen uns gut. Aber ich bin ein Berliner Junge von der Straße. Wir haben einen unterschiedlichen Background.

SPORT1: War Stefan Kuntz das entscheidende Puzzleteil, das dem HSV noch gefehlt hat?

Ben-Hatira: Das ist ganz schwierig zu beantworten. Ich hoffe, dass der HSV von seiner Erfahrung profitieren kann. Er war zuletzt auch lange Trainer. Das letzte Mal, als Kuntz in dieser Position war, war in Kaiserslautern. Ich wünsche dem HSV, dass es mit Kuntz klappt. Das ist eine neue Herausforderung und große Chance für ihn. Er lebt Fußball und wirkt sehr motiviert. Er kann dort etwas Schönes erreichen.

„Bernsteins Geist lebt weiter“

SPORT1: Der ehemalige Hertha-Präsident Kay Bernstein starb am 16. Januar dieses Jahres. Sie waren gut mit ihm befreundet. Er stand für ein neues Wir-Gefühl bei Hertha. Gibt es dieses noch oder hat es Risse bekommen?

Ben-Hatira: Bernsteins Geist lebt weiter und das Wir-Gefühl auch. Seine Botschaft und seine klare Haltung sind ebenfalls noch da. Das merkt man, weil die handelnden Personen auch noch da sind. Die Euphorie, die durch Kay entstand, soll fortgeführt werden. Da ist nichts verpufft. Das sickert durch bis in die Akademie.

SPORT1: Waren Sie mal an seinem Grab?

Ben-Hatira: Nein. Aber es gibt den von ihm gepflanzten Apfelbaum an der Geschäftsstelle und in der Akademie steht beispielsweise eine Vitrine mit seinem Bild und seiner Trainingsjacke. Ich denke oft an Kay. Nicht nur, wenn ich daran vorbeilaufe.

„Nicht nur im Fußball fehlen Typen“

SPORT1: Sie gehören zur Goldenen Generation der Hertha. Zusammen mit unter anderem den Boateng-Brüdern, Patrick Ebert und Ashkan Dejagah. Wer gehört aktuell zu einer neuen Generation bei Hertha?

Ben-Hatira: Wir waren sehr bekannt, aber es gab damals so viele andere talentierte Spieler, die nicht den großen Karrieresprung geschafft haben. Das Niveau in der Breite war ein anderes als heute. Das muss man leider so deutlich sagen. In der Nationalmannschaft kam gefühlt die Hälfte der Spieler aus Berlin. Es war einfach eine andere Generation. Es gibt aber immer wieder begabte junge Menschen und die gibt es auch weiterhin bei Hertha. Da denke ich an Ibrahim Maza, Jelani Ndi oder Boris Mamuzah Lum. An Talenten wird Hertha nie verhungern. Aber früher waren wir zu viele gute Talente. Das war damals ein Luxusproblem.

SPORT1: Fehlen im Fußball Typen wie Sie oder die Boateng-Brüder?

Ben-Hatira: Nicht nur im Fußball fehlen Typen. Diese charakterstarken Jungs von der Straße fehlen einfach. Ich bin froh, dass dieses Thema wieder stärker in den Fokus rückt und dass man Spieler wieder dahin bringt, dass sie den Unterschied ausmachen können. Ich wünsche mir eine neue Goldene Generation. Aber dafür sind auch die Trainer verantwortlich. Jeder Coach kann Spieler trainieren, aber nicht jeder kann sie ausbilden. Spieler müssen so gefördert werden, dass sie ihre Stärken bestmöglich zeigen können, auch in ihrer Persönlichkeitsentwicklung. Hertha BSC wird immer wieder Top-Talente hervorbringen. In jedem Jahrgang gibt es richtig gute Jungs, die ihren Weg gehen können.

SPORT1: Wer ist bei beiden Klubs aktuell ein Straßenfußballer wie Sie?

Ben-Hatira: Beim HSV fällt mir auf Anhieb keiner ein, das muss ich ehrlich sagen. Bei Hertha muss ich Ibrahim Maza hervorheben. Er ist nicht der gleiche Typ wie ich, denn er ist eher ein introvertierter und zurückhaltender Mensch. Ein gut erzogener Junge, was nicht heißt, dass ich nicht gut erzogen bin (lacht). Und Maza bringt die Fähigkeiten für eine große Karriere mit.

SPORT1: Wie geht es am Samstag aus?

Ben-Hatira: Es wird ein unberechenbares Spiel. Ich tippe auf ein 2:2. Sollte der HSV gewinnen, denke ich nicht, dass Fiél gleich unter Druck steht. Die Verantwortlichen sehen die tägliche Arbeit und das Feedback der Mannschaft. Fiél wird einen Vertrauensvorschuss bekommen. Wir werden schon bald seine Handschrift sehen. Er weiß, wie schwer die Situation ist. Das Gleiche gilt für Baumgart. Ich hoffe, dass beide Trainer aufsteigen.