Die Sorgen in Hamburg waren groß, als der Saisonstart näher rückte. Mit Robert Glatzel und Neuzugang Davie Selke haben die Hamburger zwar gleich zwei potenzielle Top-Stürmer im Kader. Doch keiner von ihnen wurde rechtzeitig fit.
Der unerwartete Hoffnungsträger
Glatzel laborierte an einer hartnäckigen Wadenverletzung, Selke an den Folgen eines Mittelfußbruchs. Also gelangte ein Spieler in den Mittelpunkt, dem die Treffsicherheit zeitweise abhandengekommen war - Ransford Königsdörffer.
Doch der 22-Jährige hat seine Chance genutzt! Am ersten Spieltag sorgte er mit seinen zwei Treffern für den 2:1-Auftaktsieg gegen den1. FC Köln. Nun legte er am Samstagabend gegen seinen Ausbildungsverein Hertha BSC mit dem Treffer zum zwischenzeitlichen 1:0 (Endstand 1:1) nach. „Er hatte eine sehr gute Vorbereitung und hat richtig gut gearbeitet“, lobte Trainer Steffen Baumgart auf Nachfrage von SPORT1.
HSV: Königsdörffer blüht unter Baumgart auf
Der Stürmer hat nun bereits mehr Treffer auf dem Konto als in der vergangenen Saison, als er in 30 Einsätzen (16-mal in der Startelf) lediglich zwei Tore zustande bekam.
Allerdings erzielte er auch diese beiden Tore schon unter Baumgart, der das Traineramt in Hamburg Ende Februar übernommen hatte. Gleich bei dessen erstem Spiel, dem 1:0 gegen Elversberg, gelang Königsdörffer ein Treffer.
Dementsprechend positiv sieht Baumgart die Entwicklung des Offensivspielers. „Von den 14 Spielen unter mir hat er zwölf Spiele von Anfang an gemacht. Für mich hat er eine sehr gute Entwicklung gemacht“, sagte Baumgart nach dem Sieg in Köln, schob allerdings auch etwas Kritik hinterher: „Er ist jemand, der noch nicht so stabil ist und auch immer wieder Phasen hat. Heute stand er an der richtigen Stelle. Er hat die zwei Tore gemacht, aber ich habe andere stärker gesehen.“
Königsdörffer „ist erst einmal die Nummer 1″
Nachdem Königsdörffer nun gegen Hertha nachgelegt hat, äußerte sich der Trainer zufriedener: „Er ist nicht nur an den Toren zu bemessen, sondern auch an den vielen Zweikämpfen, die er führt. Er hat auch den einen oder anderen Angriff sehr gut mit eingeleitet.“
Was das für den Konkurrenzkampf mit Selke und Glatzel bedeutet? „Er ist erst einmal die Nummer 1″, sagte Baumgart.
Eigentlich hat Glatzel diese Rolle inne. In den vergangenen drei Spielzeiten gelangen ihm zweimal je 22 Tore und einmal 19 Treffer. In der zurückliegenden Saison wurde Glatzel gemeinsam mit Christos Tzolis und Haris Tabaković sogar Torschützenkönig der 2. Bundesliga. Allerdings muss der 30-Jährige sich nun erst einmal in eine gute körperliche Verfassung bringen.
„Bobby hat jetzt erst angefangen und trainieren. Er hatte nur eine Einheit mit der Mannschaft. Das dauert also noch“, sagte Baumgart, der auch den zweimal eingewechselten Selke noch längst nicht bei einer 100-prozentigen Fitness sieht: „Davie kommt aus einer sehr schwierigen Verletzung, die er gleich zweimal hatte. Also ich bin mir relativ sicher, dass Ransi noch die eine oder andere Möglichkeit hat zu spielen.“
Für eine Millionen-Ablöse nach Hamburg gekommen
Ob Königsdörffer die Chance nutzen kann, um sich endgültig als Top-Stürmer zu etablieren? Bislang fehlte ihm dafür die Konstanz.
Bei Hertha BSC schaffte er nicht den Sprung zu den Profis, wechselte daher kurz vor seinem 18. Geburtstag zu Dynamo Dresden. Sieben Treffer gelangen ihm in der 3. Liga, daraufhin fünf Tore in der 2. Liga. Für eine beachtliche Ablöse von rund 1,2 Millionen Euro wechselte er im Sommer 2022 zum HSV.
In seiner ersten Saison an der Elbe legte er mit acht Treffern munter los, ehe in der Saison danach der Leistungseinbruch erfolgte - bis Baumgart kam.
„Ich schätze das Vertrauen, das mir der Trainer entgegenbringt, sehr und möchte das mit meiner Leistung zurückzahlen“, sagte er nach dem Spiel gegen Hertha. „Es freut mich, dass ich mich weiterentwickle, was wohl auch damit zusammenhängt, dass ich erfahrener werde.“
Vielseitigkeit könnte sein Trumpf sein
Der einzige Wermutstropfen für Königsdörffer ist, dass die Rolle als Stürmer „Nummer 1″ nicht unbedingt von Dauer sein muss. Baumgart denkt von Spiel zu Spiel: „Jetzt haben wir erst einmal das DFB-Pokalspiel in Meppen und dann, 14 Tage später, sind alle einen Schritt weiter und wir gucken, wie wir das dann machen.“
Positiv ist, dass Königsdörffer nicht zwingend als klassischer Mittelstürmer agieren muss – im Gegenteil. In Dresden funktionierte er gut als zweite Spitze um den Mittelstürmer herum, in Hamburg spielte er bislang vorwiegend auf der Außenbahn – manchmal links, manchmal rechte.
Sollte er seine Form beibehalten, muss eine Rückkehr von Glatzel und Selke also nicht zwingend ein Problem für ihn sein.