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"Ich freue mir jeden Tag den Arsch ab!" Baumgart schwärmt vom HSV und glaubt an Aufstieg

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"Ich freue mir jeden Tag den Arsch ab!" Baumgart schwärmt vom HSV und glaubt an Aufstieg

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Baumgart: „Nicht wegen Kohle hier“

Nach seinem emotionalen Abschied vom 1. FC Köln übernahm Steffen Baumgart das Traineramt beim Hamburger SV. Im exklusiven SPORT1-Interview spricht er über den Druck, die Ultras, seinen Blick auf den Verein und seine Überzeugung vom Aufstieg - trotz Hindernissen und Zweifeln.
Der Hamburger SV steckt aktuell in einer sportlichen Krise. Um dieser entgegenzuwirken greift Steffen Baumgart Maßnahmen im Training - und redet auch in der PK gegen Negativstimmung an.
Nach seinem emotionalen Abschied vom 1. FC Köln übernahm Steffen Baumgart das Traineramt beim Hamburger SV. Im exklusiven SPORT1-Interview spricht er über den Druck, die Ultras, seinen Blick auf den Verein und seine Überzeugung vom Aufstieg - trotz Hindernissen und Zweifeln.

Nur wenige Wochen nach seinem emotionalen Aus beim 1. FC Köln fiel die Domstadt in ein Tränental. Steffen Baumgart war mit seiner authentischen Art extrem beliebt. Nur zwei Monate später übernahm er das Traineramt beim Hamburger SV als Nachfolger von Tim Walter.

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Und auch bei seinem neuen Klub wurde er von Anfang an mit offenen Armen empfangen. Kein Wunder, war doch der HSV immer schon der Lieblingsverein von Baumgart.

Vor dem Heimspiel der Rothosen gegen den 1. FC Kaiserslautern am Samstag (Hamburger SV - 1. FC Kaiserslautern, ab 13 Uhr im LIVETICKER) spricht der 52-Jährige im exklusiven SPORT1-Interview über seinen neuen Arbeitgeber, seine Beliebtheit und Friedhelm Funkel.

Warum Baumgart an den HSV-Aufstieg glaubt

SPORT1: Herr Baumgart, zwei Siege, zwei Niederlagen und ein Remis. So richtig zufrieden können Sie nicht sein, oder?

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Steffen Baumgart: Mit der Punkteausbeute sind wir nicht zufrieden. Ich bin auch überzeugt davon, dass wir die Spiele, die nicht gewonnen wurden, anders hätten gestalten können. Dies begleitet den Verein nicht erst seit meiner Ankunft, sondern die ganze Saison über. Wir haben zu viele Punkte liegen lassen. In dieser Hinsicht haben wir noch keine positive Veränderung erlebt. Auch klappt noch nicht alles in Bezug auf die Abläufe und das Agieren des Teams, wie ich es mir vorstelle. Aber wir kommen immer näher an dieses Ideal heran, da die Jungs es annehmen.

SPORT1: Sie waren nach der Düsseldorf-Niederlage sehr enttäuscht, wie Ihre Mannschaft Fehler macht.

Baumgart: Das muss ich etwas korrigieren. Es hieß, ich hätte die Mannschaft angegriffen, aber ich habe meine Spieler nicht angegriffen. Ich habe nur klar gesagt, dass die Lösungen auf dem Platz zu finden sind. Diese müssen nur erkannt werden, und das braucht Zeit. Das hat aber nichts mit einem schlechten Plan zu tun oder damit, dass die Jungs nicht zuhören. Sie haben zweieinhalb Jahre unter Tim Walter viel Ballbesitz gespielt und klare Abläufe gehabt. In vielen Phasen der aktuellen Saison wurde erfolgreich gespielt. Jetzt kommt ein Trainer, der ähnliche Abläufe hat, aber in gewissen Situationen das ein oder andere anders sehen möchte. Es ist klar, dass das nicht miteinander kollidiert, sondern dass sich die Spieler darauf einstellen müssen. Unser Problem ist nur, dass wir in dieser Saison nicht mehr viel Zeit haben.

SPORT1: Haben Sie sich zu sehr unter Druck gesetzt?

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Baumgart: Nein. Es wird viel Wert auf Ergebnisse gelegt, jedoch nicht ausschließlich auf die reine Leistung. Wir waren mit den Spielen gegen Osnabrück und Düsseldorf nicht zufrieden, obwohl wir in beiden Spielen die bessere Mannschaft waren. Mit der Leistung in Fürth war ich zufrieden. Auch wenn Leute draußen was anderes sagen.

SPORT1: Bei Ihrer Antritts-PK sprachen Sie davon, am liebsten direkt aufzusteigen. Kann man sich davon verabschieden?

Baumgart: Auf gar keinen Fall. Warum? Es sind noch sieben Spiele. Wann wurden in den vergangenen Jahren die Aufstiege entschieden? Es gab viele Situationen, in denen der HSV oder andere Teams zu diesem Zeitpunkt sichere Aufsteiger waren und es dann nicht geschafft haben. Anderen Teams gelangen Aufholjagden. Es gibt genügend Beispiele dafür, dass nach Spieltag 27 nicht alles entschieden ist. St. Pauli, Kiel, Düsseldorf und Hannover machen gerade einen richtig guten Job. Und wir machen es momentan nicht gut genug. Wir werden uns selbst aber nicht abschreiben. Davon bin ich überzeugt. Auch wenn ich gerade etwas lerne, was ich so noch nie hatte. Beim HSV ist ein Remis eine Niederlage. Daran muss ich mich erst noch gewöhnen.

Baumgart „Wir dürfen die Geduld jetzt nicht komplett verlieren“

SPORT1: Anfang März fand ein Treffen mit den Ultras statt, da waren Sie auch dabei. Was hatte es damit auf sich?

Baumgart: Da wird viel hineininterpretiert. Wenn Sie mich darauf ansprechen, möchte ich das auch klarstellen: Die Führung der Ultras hatte sich mit „Bascho“ (Sebastian Schonlau, d. Red.), unserem Kapitän, verabredet, um sich auszutauschen, die aktuelle Situation zu besprechen. Ich war zufällig auch noch vor Ort und habe die Chance genutzt, mich dazuzusetzen und die Jungs kennenzulernen. Es war kein Geheimtreffen! Der Austausch zwischen der Nordtribüne, der Mannschaft, mir und den Verantwortlichen ist kontrovers und doch sehr eng. Es geht nicht darum, dass einer etwas nur erzählt, sondern alle wollen einen gemeinsamen Weg finden. Dieser ist gegeben, wenn alle in die gleiche Richtung gehen, bei positiven wie negativen Ergebnissen. Wir dürfen jetzt nicht die Geduld komplett verlieren. Da müssen wir höllisch aufpassen. Wir wollen alle diesen großen Schritt machen, sprich aufsteigen. Es ist besser, miteinander zu reden, als übereinander.

SPORT1: Haben Ultras in Deutschland zu viel Macht? Sie wollen immer mehr mitentscheiden.

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Baumgart: Ich finde es schwierig, über Macht zu sprechen. Wir haben in Deutschland eine sehr gute Fankultur, die außergewöhnlich ist. Da ist es gut, wenn die Ultras sich und ihre Ideen einbringen und mitreden wollen. Das bedeutet nicht, dass sie das Sagen haben. Mittlerweile haben diese Jungs auch eine Meinung, die aus meiner Sicht nachvollziehbar ist. Ob sich immer einer auf den Rasen stellen muss, um sich zu profilieren, ist eine andere Geschichte. Ich bin ziemlich sicher, dass der Junge in Darmstadt nicht sinnlos alle zusammengefaltet hat. Man sollte nicht immer alles negativ sehen, sondern motivierend.

HSV-Engagement: „Jetzt haben mir auch einige abgeraten“

SPORT1: Ist es manchmal undankbar seinen Herzensverein zu übernehmen? Der Druck von außen ist besonders groß.

Baumgart: Ich bin nicht wegen der Kohle beim HSV. Ich habe die Chance, in diesem tollen Verein zu arbeiten und meinen Teil beizutragen. Wenn du den HSV von Kindesbeinen an verfolgst, ist das doch eine überragende Sache. Wir hatten schon vor zweieinhalb Jahren gesprochen, da hat es nicht gepasst. Jetzt haben mir auch einige abgeraten, und trotzdem habe ich es gemacht. Ich habe diese große Chance für mich gesehen. Bei jedem Verein gibt es Druck, aber wenn du beim HSV in dieser Stadt bist, dann weißt du, was Sache ist. Aber: Die großen Tage des HSV sind Vergangenheit. Jetzt versuchen wir, etwas aufzubauen, was auch Kontinuität bedeutet. Das könnte mit dem Aufstieg enden – und gleichzeitig ein Anfang sein. Dieser Verein hat die Möglichkeiten dafür. Doch du gehörst nur in die Bundesliga, wenn du die Leistung bringst. Wir wollen uns den Aufstieg erarbeiten und verdienen. Ich freue mir jeden Tag den Arsch ab, dass ich hier sein darf.

SPORT1: Man hatte den Eindruck, Sie kommen zum HSV und es war ähnlich emotional wie in Köln. Sie wurden sofort geliebt. War es beim HSV einen Tick emotionaler?

Baumgart: Es war anders emotional. Ich habe beim FC vor der Saison begonnen. Dort hatte ich eine komplette Vorbereitung, was den Spielern die Chance gab, Vertrauen aufzubauen. Jetzt, mitten in der Saison, versuche ich, einige Dinge zu ändern. Um ein guter Trainer zu sein, ist das Vertrauen der Spieler entscheidend, das kann man nicht innerhalb einer Woche aufbauen. Beim HSV habe ich keine Zeit, ich muss sofort funktionieren. Wenn man Punkte holt, gilt man als guter Trainer, aber wenn nicht, denkt jeder, es besser zu wissen. Ich bin zur richtigen Zeit am richtigen Ort und ich bin zuversichtlich, dass ich mit dem HSV Erfolg haben werde.

Auch bei Nicht-Aufstieg: „Der HSV bleibt mein Verein“

SPORT1: Wie sehr ändert sich der Blick auf den Herzensverein, wenn man plötzlich für diesen arbeitet?

Baumgart: Wenn das hier schiefgeht, dann bleibt der HSV mein Verein. (lacht) Ich sehe nichts Enttäuschendes, sondern weiß, was mich erwartet. Nur weil ich Fan eines Klubs bin, heißt das nicht, dass ich nicht weiß, wie ein Verein funktioniert. Ich hatte auch bei Union eine überragende Zeit. Seitdem verfolge ich den Klub. Union bleibt für mich wichtig. Dem SC Paderborn habe ich auch viel zu verdanken, dieser Verein wird nie aus meinem Leben verschwinden. Genauso wie der 1. FC Köln. Beim HSV erlebe ich absolute Offenheit und Klarheit. Der Druck kommt nicht vom Verein, sondern von außen. Alles ist so, wie ich es erwartet habe. Mich überrascht beim HSV nichts, außer: Ein Unentschieden wird vom Umfeld als Niederlage angesehen.

SPORT1: Stört Sie eigentlich Ihr Beliebtheitsstatus?

Baumgart: Ich beschäftige mich nicht damit. Mich stört an diesem Job gar nichts. Die Schiebermütze ist ein Markenzeichen geworden, das aber auch nach hinten hätte losgehen können. Ich bin einfach nur ein Trainer wie viele andere. Bei mir öffnet sich nicht das Rote Meer. Wenn du nicht gewinnst, wird‘s auch gefährlich, weil man merkt, dass Baumgart doch nur mit Wasser kocht. Bei mir ist es auch harte Arbeit und viele kleine Schritte. Ich habe einen anderen Ansatz, aber ich bin nichts Besonderes. Es gibt keine fünf Siege aus meinen ersten fünf Spielen beim HSV, wie vielleicht mancher erwartet hätte. Dieses hohe Podest ist schon jetzt viel kleiner geworden. Wir müssen uns alles wieder hart erarbeiten.

SPORT1: Wie viel vom früheren HSV, in den Sie sich verliebt haben, spüren Sie noch im heutigen Klub?

Baumgart: Ich spüre jeden Tag die Größe und das internationale Flair des Klubs beim HSV. Es ist immer noch einer der bekanntesten Vereine in Europa, das lässt sich nicht leugnen. Es gibt Vereine, die trotz guter oder schlechter Zeiten immer relevant bleiben. Girondins Bordeaux hat auch schwierige Phasen durchgemacht und ist dennoch einer der bekanntesten Klubs in Frankreich. Der HSV befindet sich momentan im Wachstum, unabhängig davon, dass er momentan nur in der 2. Liga spielt.

SPORT1: Warum funktioniert Robert Glatzel noch nicht unter Ihnen? Nur ein Elfmetertor, er ist nicht wirklich ins Spiel eingebunden.

Baumgart: Er ist sehr wohl in unser Spiel eingebunden. Es wird mehr hineininterpretiert, als es wirklich ist. Er hat ein Tor erzielt und ist gut, er hat kein Tor erzielt, also ist er nicht gut. Das ist nicht fair. Robert ist in jedem Spiel an vielen Aktionen beteiligt. Wir diskutieren nicht darüber, dass er nicht trifft, sondern darüber, dass er seit meiner Amtszeit kein Tor erzielt hat. Ich sehe das etwas differenzierter. Robert ist der Stürmer, den wir brauchen. Ich beobachte auch seine Lauf- und Passwege sowie wie er die Bälle abspielt. „Bobby“ spielt eine sehr wichtige Rolle in unserer Mannschaft.

„Der Aufstieg von St. Pauli ist unvermeidlich“

SPORT1: Hat der FC St. Pauli dem HSV den Rang abgelaufen?

Baumgart: Der Aufstieg von St. Pauli ist unvermeidlich. Sie haben einfach einen ausgezeichneten Job gemacht. Unser Ziel sollte nicht sein, uns darüber zu beklagen. Wir müssen es auf dem Platz genauso gut machen wie St. Pauli. Aber dieses Gerede darüber, wer wem den Rang abläuft, kann ich nicht mehr hören. Wie viele Mitglieder hat St. Pauli? Seit wann spielt St. Pauli in Hamburg eine wichtigere Rolle? Sie spielen eine großartige Saison, das ist Fakt. Es gibt viele St.-Pauli-Fans, aber noch weit mehr HSV-Fans, Fanclubs und vieles mehr, das klar für den HSV spricht.

SPORT1: Wie ist das Verhältnis mit Jonas Boldt? Er soll bei Besprechungen öfter dabei sein als bei Ihrem Vorgänger.

Baumgart: Jonas ist dabei, das finde ich auch gut. Wie oft er bei Tim dabei war, kann ich nicht sagen. In Köln war das auch so, da war Christian Keller oft in den Sitzungen. Hier ist zudem Claus Costa oft mit drin. Ich finde es gut, wenn alle Bescheid wissen. Jonas und Claus sind oft beim Training dabei und kriegen viel mit. Ich finde es wichtig und gut, dann wissen sie, was ich vorhabe.

SPORT1: Was haben Sie gemacht, als Sie realisiert haben, endlich bei Ihrem HSV arbeiten zu dürfen?

Baumgart: Ich habe nichts Besonderes gemacht. Es gibt nur einen Verein, zu dem ich immer wollte, das ist der HSV. Ich bin hier am richtigen Ort. Das ist eine Herzensangelegenheit. Es gibt viele gute, große Vereine in Deutschland. Aber das, was ich immer machen wollte, mache ich jetzt. Und ich hoffe, dass ich das auch lange machen darf. Dazu brauchen wir Erfolge. Ganz viele Leute haben mir vom HSV abgeraten, sagten zu mir „Das ist ein Risiko“. Doch das war ganz allein meine Entscheidung.

„Dann bin ich vom Aufstieg überzeugt“

SPORT1: Gab es schon ein Treffen mit Herrn Kühne?

Baumgart: Nein. Ich wüsste auch gar nicht, warum. Aber auch da muss ich sagen, dass das Umfeld sehr ruhig ist. Da hört man nicht jemanden reinreden. Da bringt nicht jeder seine Meinung ein. Auch Jonas Boldt ist zwar präsent, erklärt mir aber nicht jeden Tag, wie Fußball funktioniert.

SPORT1: Am Samstag kommt der FCK ins Volksparkstadion. Macht es die Aufgabe umso schwerer, weil die Roten Teufel unter der Woche ins Pokalfinale nach Berlin eingezogen sind?

Baumgart: Friedhelm ist einer der cleversten und abgezocktesten Hunde, die es im Fußball gibt. Ich hatte ihn selbst als Trainer, und er hat es mir ermöglicht, dass ich Erstligatrainer in Köln sein durfte. Ich bin mir sicher, dass er seine Spieler nach dem tollen Erlebnis am Dienstag wieder optimal einstellt. Für uns spielt das aber keine Rolle. Ich finde es einfach geil, dass Friedhelm für sich wieder die Energie gefunden hat, das zu machen. Man sieht ihm die Freude an. Für ihn freut es mich extrem, dass er nochmal nach Berlin darf. Ich schätze ihn als Trainer und als Mensch.

SPORT1: Warum steigt der HSV auf?

Baumgart: Weil wir hoffentlich noch die nötigen Punkte holen. Wir werden aufsteigen, wenn wir unsere Hausaufgaben machen. Dann bin ich vom Aufstieg überzeugt.