Für Fabian Hürzeler ist es das erste Hamburger Derby als Trainer. Seit Dezember 2022 ist er Chefcoach des FC St. Pauli und damit der jüngste Fußballlehrer in den deutschen Profiligen.
Kabinen-Zoff! Hürzeler erinnert sich
Natürlich fiebert er dem Derby am Freitagabend gegen den HSV im Volksparkstadion (2. Bundesliga: Hamburger SV - FC St. Pauli, ab 18.30 Uhr im LIVETICKER) entgegen. Seine Bilanz kann sich bisher sehen lassen. In elf Spielen gab es zehn Siege. Am vergangenen Sonntag wurde der unfassbare Siegeslauf gestoppt.
Da nämlich setzte es im Heimspiel die erste Niederlage gegen Eintracht Braunschweig (1:2). Ausgerechnet vor dem Spiel gegen die Rothosen. Doch auch der einstige Dino der Bundesliga wird am Freitag mit einer gehörigen Portion Biss in die Partie gehen, verlor man doch am vergangenen Samstag das Topspiel beim 1. FC Kaiserslautern mit 0:2 und verpasste dadurch die Rückkehr auf Platz zwei.
Erstes Hamburger Derby für Hürzeler
Hürzeler freut sich natürlich auf sein erstes Derby als Pauli-Coach. Und auf das Wiedersehen mit HSV-Trainer Tim Walter. Mit ihm geriet der 30-Jährige 2017 in der Kabine mal aneinander. Damals war Hürzeler Spieler beim FC Pipinsried und Walter Trainer der kleinen Bayern. Hürzeler entschied das Spiel mit seinem Tor zum 1:0 für seinen Jugendverein. “Wer ihn kennt, der weiß, dass er sehr meinungsstark ist. Ich habe aber auch eine klare Meinung. Und früher war ich ein kleiner Hitzkopf“, erinnert sich Hürzeler im Gespräch mit SPORT1.
„Heute bin ich deutlich ruhiger und sachlicher. Das würde mir jetzt nicht mehr passieren. Damals war es mit Walter in der Kabine ein emotionaler Moment. Wir hatten unterschiedliche Meinungen und dann sind wir kurz aneinandergeraten.“ Doch das sei längst ausgeräumt.
„Wir haben uns zuletzt noch im Zug getroffen, haben ein gutes Verhältnis, haben die Sache danach geklärt und ich finde es wichtig, dass da nichts hängen bleibt“, so Hürzeler.
Hürzeler: „Haben alles aufgearbeitet“
Die erste Niederlage gegen die Braunschweiger habe weh getan, doch Hürzeler hat schnell den Blick nach vorne gerichtet. „Meine Gefühlswelt hat sich gar nicht geändert. Mir wurde es wieder klar, wie schlecht ich als Verlierer bin beziehungsweise, dass ich mit Niederlagen gar nicht gut umgehen kann. Wir haben alles aufgearbeitet, den Jungs aufgezeigt, was gut und was schlecht war“, erzählt Hürzeler.
„Wir haben ihnen auch gesagt, dass der Ärger durchaus vorhanden sein soll. Auch ich habe mich natürlich nach der Niederlage gegen Braunschweig geärgert. Jetzt müssen wir diesen Ärger in positive Energie und Emotionen ummünzen.“
Weiter berichtet Hürzeler: „Das war eine Nacht, in der man sich ärgern kann, aber am nächsten Tag ging es schon weiter. Natürlich ist das Derby ein besonderes Spiel für uns. Ich bin sehr positiv und habe weiter Vertrauen in die Stärke der Spieler.“
St.-Pauli-Coach hat Derby-Erfahrung
Von 2004 bis 2012 spielte Hürzeler in der Jugend des FC Bayern, danach eine Saison bei den kleinen Bayern. Zu seiner Zeit in München hat er einige Derbys erlebt. „Das war immer etwas Besonderes. Emotionen und Leidenschaft sind vorhanden. Es wird gegen den HSV ein Spiel, das die Massen elektrisiert.“
Der Fußballlehrer will vor dem Derby auch gar nicht auf die Euphorie-Bremse treten. „Bremsen werde ich niemanden“, meint Hürzeler. „Wichtig ist, dass wir Zusammenhalt zeigen und uns gegenseitig vertrauen. Daraus haben wir in den zurückliegenden Spielen unsere Stärke gezogen. Es geht nur gemeinsam. Davon werden wir auch am Freitag hoffentlich profitieren.“
Hürzeler bezieht sich zudem auf ein Zitat der englischen Trainer-Legende Sir Alex Ferguson. Dieser hatte erklärt, „dass sich 80 Prozent im Kopf abspielen. Der Kopf spielt eine große Rolle“, sagt Hürzeler. Vor dem brisanten Stadtderby sei es „eine gewisse Drucksituation“.
Der HSV wolle „seit vielen Jahren aufsteigen und da passiert etwas im Kopf. Genauso wie bei meinen Spielern“. Wichtig sei, „dass wir mental stark sein werden. Das wird am Freitag eine große Rolle spielen“.
St. Pauli will Abstand auf HSV verkürzen
Tabellarisch will St. Pauli dem HSV auf die Pelle rücken. Die Walter-Elf belegt nach 28 Spieltagen Platz drei mit 53 Punkten, die Braun-Weißen haben Rang fünf mit 47 Zählern inne. „Wir versuchen den Abstand zu verkürzen. Es ist ein besonderes Spiel“, sagt Hürzeler.
Ganz locker sei man daher nicht. „Wir sind ein Verein mit Ambitionen. Ich kann nicht sagen, dass wir in das Derby befreit reingehen und schauen, was passiert.“ Und weiter: „Ich werde nicht zu meiner Mannschaft sagen, dass wir dieses Spiel gewinnen müssen. Druck ist auf beiden Seiten vorhanden.“
Doch eine Niederlage würde dem HSV erheblich weh tun, wenn man den möglichen Aufstieg im fünften Jahr 2. Liga nicht schon wieder im Saison-Endspurt verspielen will, muss ein Sieg her. Das weiß Walter.
Hürzeler wird etwas dagegen haben. Beste Vorzeichen also für ein heißes Derby.