Christian Eichner ist Karlsruher SC pur.
2. Bundesliga, Karlsruher SC: Christian Eichner sieht KSC nicht als Aufstiegskandidat
Eichner: KSC kein Aufstiegskandidat
2001 wurde er beim KSC Profi. Im Februar 2020 bekam er nach einer Saison als Co-Trainer der U17 und drei Jahren als Assistenzcoach der Profis die Chance, die erste Mannschaft zu übernehmen.
Und der 39-Jährige hat diese genutzt. Als Dank wurde im Oktober des vergangenen Jahres sein Vertrag langfristig bis 2025 verlängert. (DATEN: Die Tabelle der 2. Bundesliga)
Bevor der KSC mit seinem Auswärtsspiel beim SC Paderborn (2. Bundesliga: SC Paderborn - Karlsruher SC, 13.30 Uhr im LIVETICKER) in die neue Zweitligasaison startet, spricht Eichner im SPORT1-Interview über seine Philosophie, Geschäftsführer Oliver Kreuzer und einen schmerzvollen Abschied.
SPORT1: Herr Eichner, Sie waren immer Trainer in Karlsruhe, haben viele Jahre in der Jugend gearbeitet. Seit etwas mehr als zwei Jahren sind Sie Cheftrainer der Profis. Perfekt für Sie, oder?
Christian Eichner: Es ist schon echt schön, dass ich dort, wo ich lebe, auch arbeiten kann. Und dass ich eine hohe Identifikation zu meinem Heimatklub habe, ist ja klar. Das Gesamtpaket ist für mich sehr positiv und wertschätzend. Aber ich bremse mich da auch immer ein bisschen selbst, weil ich weiß, dass es im Profigeschäft schnell in beide Richtungen gehen kann. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur 2. Bundesliga)
SPORT1: Ist es nicht auch eine Gefahr? Wenn Sie irgendwann entlassen werden, dann müssen Sie von dem wohligen Gesamtpaket Abschied nehmen.
Eichner: Das ist mir bewusst. Ich kam als Spieler aus dem eigenen Stall. Ich glaube schon, dass man immer etwas mehr zeigen muss, um diese Akzeptanz zu erhalten als jemand, der von außen kommt. Das finde ich aber nicht dramatisch. Ich war ein knappes dreiviertel Jahr Co-Trainer in der U17 und dann fast drei Jahre Assistent bei den Profis. Aber, wenn ich ehrlich bin, war es der erste richtige Job.
SPORT1: Oliver Kreuzer gab Ihnen dann 2020 die Möglichkeit bei den Profis ...
Eichner: Richtig und dafür bin ich ihm und dem Klub auch sehr dankbar. Diese eine Chance, die du als Spieler und als Trainer kriegst, habe ich beim KSC versucht zu nutzen. Und das ist mir gelungen.
Eichner: „Verlässlichkeit, Demut und eine gewisse Selbsteinschätzung“
SPORT1: Was macht Sie als Trainer aus?
Eichner: Ich habe die Überzeugung, dass man zu dem, was man auf dem Feld sieht, eine Verbindung zum Menschen Christian Eichner sehen sollte. Mir sind Attribute wie Verlässlichkeit, Demut, eine gewisse Selbsteinschätzung und eine Riesen-Portion Spaß wichtig. Wenn mein Trainerteam und ich den nicht hätten, würde der Job keinen Sinn machen. Das sind Parameter, die uns tragen. Am wichtigsten ist mir, dass die Spieler sich wohlfühlen. Gewisse Wohlfühlfaktoren sind neben einer gesunden Härte einfach Nährstoffe für Erfolg.
SPORT1: Herr Kreuzer ist wie Sie ein KSC-Gesicht. Ist Ihre enge Zusammenarbeit der Grund für den Erfolg?
Eichner: Jeder hat seine Rolle und jeder weiß, wie er den anderen zu nehmen hat. Wir kennen die Stärken und Schwächen des anderen sehr gut, dazu kennen wir uns schon zu lange. Oliver Kreuzer lässt mir im Sport freie Hand. Ich kann meinen Weg gehen und eine gute Entwicklung nehmen. Wir haben einen guten Austausch im ganzen Klub, jeder vertraut der jeweiligen Person in ihrem Fachbereich. Und das zeichnet den KSC gerade aus. Der Klub wird bundesweit wieder extrem positiv gesehen. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der 2. Bundesliga)
SPORT1: Sie sind mit 39 Jahren noch ein junger Trainer. Gibt es einen Trainer, an dem Sie sich orientiert haben?
Eichner: Nein. Ich bin auch Lehrer und da kann man das sehr gut vergleichen. Im Heranwachsen als Spieler oder als Schüler hat man immer von den Trainern oder Lehrern einen großen Teil mitgenommen, bei dem man einfach mit einer großen Freude dabei war. Ich habe mir einen bunten Blumenstrauß mitgenommen aus der Trainerzeit. Ich hatte viele unterschiedliche Typen, da gab es den Menschenfänger Stanislawski, den Taktiker Rangnick und einen Volker Finke, den ich zwar nur ganz kurz hatte, er war für mich aber unglaublich komplett.
Eichner: „Ich bin da entspannt“
SPORT1: Es gab zuletzt durchaus auch Interesse anderer Vereine an Ihrer Person. Das zeigt Ihre gute Arbeit.
Eichner: Schon. Aber ich habe langfristig beim KSC verlängert, das war der Wunsch des Klubs. Ich bin da entspannt. Für mich ist die Laufzeit gar nicht so entscheidend, wenn man sich ohnehin vertraut. Klar ist aber auch, dass die Entwicklung des Klubs einigen Leuten in der Branche nicht verborgen geblieben ist. Dass es da zuletzt auch das ein oder andere Interesse gab, ist legitim. Das ist eine Bestätigung unserer Arbeit. Vor uns liegt eines der herausforderndsten Jahre mit dem KSC und das will ich mit meinem Team meistern.
SPORT1: Warum eines der herausforderndsten Jahre?
Eichner: Beim KSC unterliegen wir nach wie vor dem Spagat aus den Dingen, die den Verein in der Vergangenheit immer mal wieder zurückgeworfen haben. Da gab es alleine zwei Abstiege in die 3. Liga. Außerdem gab es da den Corona-Virus, der auch bei den Klubs einiges durcheinander gewirbelt hat. Und wir haben einer der besten Stürmer der alten Zweitliga-Saison verloren.
Weggang von Hofmann wiegt schwer
SPORT1: Wie schwer wiegt der Abgang von Philipp Hofmann?
Eichner: Extrem schwer. Wir müssen uns schnell dieser Situation stellen. Philipp ist ein kompletter und wuchtiger Stürmer mit einem großartigen Spielstil. Das Gesamtpaket hat einfach gepasst bei ihm. Wir hatten dem Sportler Hofmann gegenüber immer absolutes Verständnis. Wer einmal Bundesliga geschnuppert hat, der weiß, wie geil das ist. Für uns bedeutete das, ob wir einen 1-zu-1-Ersatz für Philipp bekommen würden. Groß, wichtig, torgefährlich, super Typ - all das war er und das ist nicht einfach, so einen Spieler wiederzufinden.
SPORT1: Simone Rapp soll es versuchen.
Eichner: Wir haben versucht, Philipps Abgang zu kompensieren und auf mehrere Schultern zu verlegen. Zudem haben wir aus der Schweiz Simone Rapp verpflichtet, der diese Merkmale mitbringt, aber auch noch Anpassungszeit an die 2. Liga benötigt. Wir mussten nun also auch ein System mit zwei Spitzen erarbeiten.
SPORT1: Wegen Hofmann gab es Ärger. Kreuzer hatte dem Wechsel vehement einen Riegel vorgeschoben.
Eichner: Es war schon eine schwierige Situation, als Philipp damals vor dem ersten Saisonspiel in Hannover zu uns kam und meinte, er könne nicht spielen. Wir haben das damals wahrgenommen und ich wollte keinen Spieler aufstellen, der sich nicht bereit fühlte, zu spielen. Dann gab es keine Freigabe und Philipp hat dann dennoch abgeliefert. Es war eine tolle Zeit und der VfL Bochum hat einen Spieler bekommen, der alles dafür geben wird, auch in der Bundesliga zu funktionieren.
So schätzt Eichner die 2. Liga ein
SPORT1: Wie stark schätzen Sie die neue 2. Liga ein?
Eichner: Es wird eine interessante 2. Liga mit engen Spielen. Ob die Liga noch ausgeglichener ist, das weiß ich nicht. Sie war für mich schon maximal ausgeglichen. Eins steht für mich schon jetzt fest: Vom Gefühl gehört der HSV nach oben. Das ist eine junge Truppe, die zusammengewachsen ist. Und dazu gibt es zehn Klubs, die oben mitspielen werden.
SPORT1: Ist der KSC ein Aufstiegskandidat?
Eichner: Nein. Weil wir noch nicht in der Lage sind, den nächsten notwendigen wirtschaftlichen Schritt zu gehen. Zumal das Stadion noch nicht fertig ist. Wir können auf dem Transfermarkt noch nicht in Regale reingreifen, in die andere Klubs wie selbstverständlich reingreifen. Für uns steht der Klassenerhalt über allem. Das wird nicht jeder sexy finden, aber so ist es nun mal. Zlatan (Co-Trainer Bajramovic, d. Red.) und ich wären doch die Ersten, die wieder Bock hätten, um den Aufstieg mitzuspielen.