Schalke hat die Reißleine gezogen und Dimitrios Grammozis freigestellt. Interimsweise übernimmt Mike Büskens nun bis Sommer das Traineramt – und dann? SPORT1 beantwortet die wichtigsten Fragen.
Das kriegt Grammozis bei S04-Aufstieg
Wie begründet Schalke das Grammozis-Aus?
„Das war keine Bauchentscheidung, sondern ein Entwicklungsprozess“, erklärt Sportdirektor Rouven Schröder. Die Entscheidung sei nicht „auf emotionaler, sondern sachlicher Ebene“ getroffen worden. „Die sportliche Führung und der gesamte Verein haben diesen Schritt mitgetragen.“
Zuletzt war keine spielerische Entwicklung der Mannschaft zu erkennen. Diese Erkenntnis gepaart mit den sinkenden Aufstiegschancen (sechs Punkte Rückstand auf Platz 3 bei neun Spielen) führten letztlich zu der Entscheidung. „Ob es die richtige war, werden wir am 15. Mai wissen“, so Schröder. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur 2. Bundesliga)
Wieso fiel die Wahl auf Büskens?
Die Entscheidung überraschte insofern, weil Büskens im vergangenen Abstiegsjahr einen Interimsposten als Cheftrainer unter dem damaligen Sportvorstand Jochen Schneider gleich zweimal abgelehnt hatte. Er fühle sich in der Rolle des „Hermann Gerlands von Schalke“ wohl, betonte der Eurofighter stets.
Nun der Sinneswandel. „Wir mussten Buyo nicht überzeugen“, sagt Schröder, „weil er durch und durch Schalker ist. Buyo hat aber auch in den Gesprächen betont, dass es nicht sein Anspruch ist, Cheftrainer zu sein. Für die letzten neun Spiele wollte er es aber machen.“
Wieso kam kein externer Coach?
Daniel Farke, Bruno Labbadia, Friedhelm Funkel, Uwe Neuhaus und, und, und. In diversen Medien wurden zuletzt viele Namen spekuliert. Am Ende entschied sich der Verein aber für eine interne Lösung.
„Das war unsere vollste Überzeugung“, betont Schröder. Es habe „keinen anderen Gedankengang an einen anderen Kandidaten“ gegeben. „Es ist nicht so, dass wir einen Trainer nicht bekommen haben und deshalb einen anderen Ausweg gesucht haben.“
Kann Büskens wirklich einen Impuls geben?
Kritische Stimmen sind der Meinung, dass Büskens keine neuen Impulse geben kann, zumal er zu Grammozis‘ Team gehörte. Zur Wahrheit gehört nach SPORT1-Informationen allerdings auch, dass Büskens und Grammozis intern nur selten einer Meinung waren.
„Es ist ein Riesenunterschied“, wehrt sich Schröder gegen die Kein-Impuls-Kritik: „Ein Assistenztrainer kann nicht die Rolle haben wie ein Cheftrainer. Der Cheftrainer hat sein Hoheitsgebiet, als Assistenztrainer ist man Zulieferer, nicht Umsetzer.“
Büskens habe „dem Trainer loyal zugearbeitet und kann jetzt deutlich mehr Einfluss nehmen, er spricht vor der Mannschaft mit seiner Gestik und Mimik, der Fokus liegt auf ihm“. Und mit „seiner ureigenen Schalker Art“ könne er gewisse Dinge umsetzen.
Wann kann Büskens einsteigen?
Der Uefa-Pokalsieger von 1997 hat noch Corona und befindet sich in häuslicher Isolation. Fraglich, ob er am Sonntag in Ingolstadt schon auf der Bank sitzen kann. Falls nicht, könnte Matthias Kreutzer coachen.
Der 39 Jahre alte Co-Trainer und Videoanalyst leitet das Training bereits in dieser Woche. „Wir hoffen, dass Buyo mit seiner Aura und seinem Auftreten am Sonntag dabei ist“, erklärt Schröder, „aber auch wenn er nicht vor Ort wäre, gibt es keine Ausreden.“
Interessant: Büskens wird bis zu einer möglichen Freitestung per iPad von der Couch aus zum Team dazugeschaltet. „Er wird jedes Training live beobachten von zuhause aus“, verrät Schröder. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der 2. Bundesliga)
Kommt es zu einem erneuten Torwart-Wechsel?
Neben Grammozis wurden auch Co-Trainer Sven Piepenbrock und Torwarttrainer Wil Coort freigestellt. Letzterer kam im Sommer und hatte maßgeblichen Einfluss auf den Torwart-Wechsel von Ralf Fährmann zu Martin Fraisl.
Brisant: Als Torwarttrainer wurde nun Fährmann-Kumpel Simon Henzler zurückgeholt. Der 45-Jährige hatte das Amt bereits von 2015 bis 2021 bekleidet und stand noch bei den Königsblauen unter Vertrag. Er steht Fährmann sehr nahe. Für den routinierten Keeper ist Henzler sogar „einer der, wenn nicht der beste Torwarttrainer in Deutschland“.
Kommt es nun zu einem erneuten Tausch zwischen den Pfosten? Schröder dazu: „Bei Simon mache ich mir keine Sorgen – a) weil ich ihn persönlich kenne und mit ihm gesprochen habe und b) weil er weiß, was seine Aufgabe ist: Eine gewisse Neutralität als Sportsmann und eine Entscheidung im Sinne der Mannschaft.“
Nach SPORT1-Informationen ist ein Torwartwechsel zurzeit allerdings nicht geplant. Passiert nichts Außergewöhnliches, bleibt Fraisl die Nummer 1.
Was passiert mit Kapitän Danny Latza?
Der Kapitän, der zu Saisonbeginn schwerer verletzt war, spielte zuletzt unter Grammozis überhaupt keine Rolle mehr. Gegen Rostock stand der Routinier nicht mal im Kader. Möglich, dass der Ur-Schalker unter Büskens wieder eine wichtigere Rolle spielt.
Was macht Grammozis jetzt?
Der Ex-Coach meldete sich nach seinem Aus über die Sozialen Netzwerke zu Wort und schrieb: „Liebe Schalker! Meine Zeit auf Schalke endet nun. Hiermit möchte ich mich herzlich bei euch für die Unterstützung der letzten 12 Monate bedanken. Ich wünsche euch und dem Verein maximalen Erfolg und alles Gute für die Zukunft. Glück auf! Euer Dimi.“
Der gebürtige Wuppertaler Grammozis wird in den nächsten Tagen und Wochen das Aus im Kreise der Familie zuhause in Velbert sacken lassen.
Was kostet Schalke das Grammozis-Aus?
Sein Vertrag wird nicht aufgelöst. Spannend: Nach SPORT1-Informationen würde sich der Kontrakt bei einem Aufstieg automatisch um ein weiteres Jahr verlängern - und zwar zu deutlich besseren Konditionen!
Statt rund 500.000 Euro würde Grammozis im Erstliga-Fall jährlich rund 1,5 Mio. Euro - also das Dreifache - einstreichen. Bei einem Nicht-Aufstieg würde der Vertrag enden.
Welcher Trainer kommt im Sommer?
„Es gibt schon Gedankengänge für Sommer, aber das ist jetzt ein Schritt zu weit“, sagt Schröder. „Wir werden uns in aller Ruhe die Zeit nehmen Es gibt spannende Profile. Die Zeit wird am Ende zeigen, wer zu Schalke 04 passt.“
Heißt: Die Trainerentscheidung hängt stark von der Ligazugehörigkeit ab.
Was passiert bei Nicht-Aufstieg?
Schalke hat in Zuge eines Dreijahresplans stets betont, dass ein Aufstieg in diesem Jahr (noch) nicht zwingend Pflicht ist. Die Grammozis-Entlassung hat allerdings gezeigt, dass sehr wohl Druck auf dem Kessel herrscht.
„Sechs Punkte Rückstand auf Platz drei sind ein Faustpfand“, weiß auch Schröder. „Wir wollen jeden einzelnen nochmal animieren. Jeder muss wissen, was die Stunde geschlagen hat.“
Bei Nicht-Aufstieg müsste der Verein weitere erhebliche Einsparungen vornehmen – und auch die Gehälter der Mitarbeiter auf der Geschäftsstelle kürzen. Pläne dazu liegen intern bereits vor.
„Schalke ist ambitioniert“, sagt Schröder. „Wir werden bis zum Schluss alles probieren, um aufzusteigen. Ich bin Sportler. Wenn wir verlieren, bin ich der ungenießbarste Mensch ever.“ Und weiter: „Wenn der Vorstand und der Aufsichtsrat einen Dreijahresplan ausrufen, gibt es aber eine gewisse Sicherheit für die Mitarbeiter. Hier bricht nach einem Jahr nicht alles zusammen.“