Es gehört zum Allgemeinwissen eines jeden Schalke-Fans. Wann waren wir zum letzten Mal Deutscher Meister? Genau, 1958.
2. Bundesliga - HSV vs. Schalke 04: So wurde S04 1958 letztmals Deutscher Meister
Dieser Schalker machte sich unsterblich
Bewusst miterlebt haben das nur diejenigen, die schon im Rentenalter sind und nur sie können deshalb in Erinnerungen schwelgen, wenn es heute wieder mal zum Klassiker HSV vs. Schalke kommt – wenn auch erstmals in Liga 2. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur 2. Bundesliga)
Von den 107 Pflichtspielen fielen genau 100 in die Bundesliga, nur zwei im Rahmen des DFB-Pokals und drei in die Zeit, als die Deutsche Meisterschaft noch in Endrunden ausgetragen wurde.
Das größte davon stieg am 28. Mai 1958 in Hannover, denn es war das Finale um die Deutsche Meisterschaft.
Schalke geht beim HSV 1952 unter
Drei Mal waren sich die Rivalen in diesem Wettbewerb zuvor begegnet.
1932 und 1941 setzte sich Schalke, der Serienmeister der NS-Zeit, durch. 1952 scheiterten beide hinter Gruppensieger FV Saarbrücken, doch erzählten sie sich an der Elbe noch lange von jenem sagenhaften 8:2 am 8. Juni 1952 am Rothenbaum.
„Schreiben Sie ruhig: es war eine Katastrophe“, diktierte Schalkes Trainer Fritz Szepan, der lange Jahre auch auf dem Feld die Geschicke der „Knappen“ lenkte, in die Reporter-Blöcke. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der 2. Bundesliga)
Die Schalker waren also gewarnt und auch sechs Jahre später keineswegs Favorit, zumal es den „Knappen“ an Erfahrung fehlte – im Schnitt war die Elf 22 Jahre jung. Beide Mannschaften hatten ihre Oberligastaffeln gewonnen.
Während Schalke damit die kurze Vorherrschaft des BVB (Oberliga- und Deutscher Meister 1956 und 1957), war es für den HSV Alltag, die Nummer eins im Norden zu sein: es war schon der zehnte Titel in den elf Jahren seit Einführung der Oberligen.
Schalke zieht ins Endspiel ein
In die Endrunden kamen acht Teams: die vier Meister, drei Zweite und der West-Berliner Stadtmeister. Sie ermittelten in zwei Gruppen die Finalisten.
Sowohl Schalke als auch der HSV marschierten souverän hindurch, gewannen alle drei Spiele, wobei Schalkes 9:0 gegen TeBe Berlin für Aufsehen sorgte.
Erstmals in Oberligazeiten hatten es die Schalker nun ins Endspiel geschafft, während der HSV schon im Vorjahr dort war und dem BVB unterlegen war (1:4). Konnte er nun die Vormacht des Westens brechen?
Nach dem 3:1 über den 1. FC Köln in der Endrunde titelte der kicker jedenfalls: „HSV – über Nacht Favorit!“
Unmittelbar vor dem Finale setzte das Fachblatt dann auf Neutralität und fand für den Sieg beider Teams jeweils sieben Gründe, für den HSV sprach unter anderem dies: „Einen Uwe hat Schalke nicht…“
Seeler stand am Anfang seiner großen Karriere
Nein, der 21-jährige Seeler stand erst am Anfang seiner großen Karriere und hatte in 31 Spielen 26 Tore geschossen und Bundestrainer Sepp Herberger, der das Spiel nur im TV verfolgte, überlegte ernstlich, ob er das Sturmtalent zur WM nach Schweden mitnehmen sollte – was er dann auch tun würde.
Prominenter als Seeler war damals noch Jupp Posipal, der einzige Held von Bern auf dem Feld bestritt an diesem Tag das letztes Spiel in seiner Karriere.
Bei Schalke stand mit Rechtsaußen Berni Klodt ein weiterer Weltmeister auf dem Feld, aber im Finale hatte er 1954 zuschauen müssen.
Die Trainer: Edi Frühwirth, ein Österreicher bei Schalke, Günther Mahlmann beim HSV.
85.000 Zuschauer sehen einseitiges Spiel
85.000 Zuschauer auf den Rängen des Niedersachsen-Stadions und bereits Millionen vor den noch immer seltenen Bildschirmen sahen dann ein unerwartet einseitiges Spiel.
Berni Klodt machte vielleicht das Spiel seines Lebens, keiner vermochte ihn zu halten und seine Bälle auch nicht. 1:0 Klodt (4.), 2:0 Klodt (29.) stand auf der Anzeigetafel.
Den Titel sicherte sich Schalke schon vor der Pause, auch weil hinten fast nichts anbrannte „Uwe gestoppt! HSV gestoppt!“, brachte es der kicker auf eine einfache Formel.
Seeler widersprach hinterher energisch: „Wer hat denn in der zweiten Halbzeit gespielt? Wir sind überlegen und die Schalker schießen ein drittes Tor, als wir dem 2:1 nahe waren.“
Nach 80 Minuten schickte Klodt nämlich Manfred Kreuz auf die Reise und der erzielte das entscheidende 3:0.
Adenauer beglückwünscht Schalke
Kurz danach pfiff Albert Dusch die Partie ab und die bis dato letzte Meisterfeier auf dem Schalker Markt nahm ihren Lauf.
Bundeskanzler Konrad Adenauer schickte das obligatorische Glückwunschtelegramm, persönlich zog es ihn nie zum Fußball.
Der Wortlaut: „Dem Deutschen Fußballmeister Schalke 04 die besten Glückwünsche und ein herzliches Glückauf.“ (DATEN: Die Tabelle der 2. Bundesliga)
Matchwinner Berni Klodt hatte es besonders eilig, er „wollte am liebsten per Rakete nach Hause“, lag doch seine Frau in den Wehen. Das Kind kam aber erst eine Woche nach der Meisterschale.
Kinder gab es seither noch viele auf Schalke, nur die Schale kam nicht mehr ins königsblaue Revier.
HSV gelingt Revanche
Der HSV konnte sich schon zwei Jahre später entschädigen und ließ Seelers Worten „Dann nehmen wir eben einen neuen Anlauf“ 1960 Taten folgen.
Revanche nahm der HSV noch sehr oft seither, auch in der Bundesliga. 1983 gewannen sie am letzten Spieltag 2:1 im alten Park-Stadion, schickten damit Schalke über den Umweg der Relegation in die 2. Liga.
Dort sehen sie sich heute erstmals wieder – und die Spannung ist kaum geringer als im Mai 1958.
Wie das eben so ist, wenn zwei Traditionsteams mit Fans im ganzen Land aufeinander treffen.