Michael Meier hat sich aus dem Fußballgeschäft zurückgezogen.
"Stefan hat einen Ruf zu verlieren"
Der ehemalige Manager des 1. FC Köln und von Borussia Dortmund ist seit einiger Zeit im Bereich Personal-Coaching und Beratung tätig. Sein Netzwerk nutzt der 65-Jährige, um "besonderen Persönlichkeiten" bei der Karriereplanung zu helfen.
Aktuelles Beispiel: Stefan Effenberg. Meier hat den Kontakt zwischen dem SC Paderborn und dem früheren Bayern-Kapitän hergestellt.
Vor Effenbergs Auswärts-Debüt mit dem SCP bei Union Berlin (Sa., ab 12.45 Uhr LIVE in unserem Sportradio SPORT1.fm und im LIVETICKER) spricht Meier im SPORT1-Interview über Paderborns Trainer-Coup mit dem "Tiger".
SPORT1: Herr Meier, was sagen Sie zum gelungenen Trainer-Einstand von Stefan Effenberg?
Michael Meier: Man merkt auf Anhieb, dass der SC Paderborn und der Trainer Stefan Effenberg harmonieren. Die Chemie zwischen dem Präsidenten (Wilfried Finke, d. Red.), dem Sportdirektor (Michael Born, d. Red.) und Stefan stimmt einfach. Die Mannschaft ist von ihrem neuen Trainer begeistert und die Fans haben Stefan sehr herzlich empfangen. Einen besseren Einstand kann sich ein Trainer nicht wünschen.
SPORT1:Die Spieler schwärmen von Effenberg. Seinen Siegeswillen von früher scheint er auf die Mannschaft übertragen zu können, oder?
Meier: Dies trifft mit Sicherheit auf das erste Spiel zu. Was Stefan aus meiner Sicht jedoch mehr auszeichnet als der Siegeswillen ist das "Siegen können". Das hatte ihn als Stratege und Anführer auf dem Platz immer ausgezeichnet: Zu wissen, wie man Spiele und Titel gewinnt. Gerade von diesem strategischen Geschick wird seine Mannschaft in der Zukunft enorm profitieren.
SPORT1: Sie sagten, Sie hätten nur zusammen geführt, was zusammen gehört. Warum gehören Effenberg und Paderborn zusammen?
Meier: Einerseits haben die Entscheider des SC Paderborn in den letzten Jahren mit vergleichsweise geringen Mitteln eine Mannschaft geformt, die das Vermögen besitzt, hochmodernen Fußball zu spielen. Andererseits gab es mit Stefan Effenberg einen Trainer, dessen Spielidee genau darauf basiert und der es versteht, Spieler an ihr Leistungsmaximum zu führen. Somit war für mich klar: Stefan Effenberg ist der Trainertyp, der den SC Paderborn wieder in die Erfolgsspur zurückbringt.
SPORT1: Erzählen Sie doch mal, wie das ablief. Hat Stefan Effenberg Sie angerufen und gesagt: 'Michael, hilf mir, ich will jetzt Trainer werden'?
Meier: Nein, so war es nicht. Wir haben uns bei einem Spiel unterhalten und da habe ich ihn gefragt, was er eigentlich machen will. Dann haben wir beide versucht, das alles einzuordnen, und für ihn war klar, dass er Trainer werden will. Ich meinte dann zu ihm‚ wenn ich dich auf dem Weg begleiten kann, dann mache ich das gerne. Je mehr Stefan sich eingehend mit der Mannschaft und den einzelnen Spielern beschäftigt hat, desto mehr war er von dem Potential begeistert, welches in Paderborn steckt.
SPORT1: Und er kann dieses Potenzial herauskitzeln?
Meier: Stefan hat als Fußballer nachgewiesen, dass er Führungsqualitäten hat. Dieses Selbstbewusstsein kann er glaubhaft auf eine Mannschaft übertragen. Er ist einer, der jetzt mitten in der Saison anfängt und sagen kann: 'Passt auf, jetzt bringe ich meine Qualitäten als Führungsperson und als Motivator mit ein, um den Karren wieder aus dem Dreck zu ziehen.' Da hat er Erfahrung drin. Da ist es auch nicht so schlimm, dass er noch keine Erfahrung auf dem Trainingsplatz hat.
SPORT1: Auf den ersten Pressekonferenzen war Effenberg gut drauf. Seine Eröffnungs-PK war ein reines Sprüche-Feuerwerk. Will er damit etwas überspielen?
Meier: Das glaube ich nicht. Er neigt nicht dazu. Er ist natürlich schlagfertig, und man muss auch sehen, dass da nicht immer nur angenehme Fragen gestellt werden. Stefan ist durch und durch authentisch. Mir hat seine Vorstellung sehr gut gefallen. Es ist bei ihm eine Fokussierung auf die Trainerarbeit zu erkennen, das konnte man aus seinen Statements raus hören.
SPORT1: Wie groß ist der Druck auf ihn?
Meier: Er steht unter einem unheimlichen Druck. Er muss in Paderborn etwas abliefern und er will allen beweisen, dass er ein guter Trainer sein kann. Er hat einen Ruf zu verlieren. Das ist schon gewaltig. Aber Stefan kennt diese Situation, er hat als Spieler den Druck gesucht und kann solche Drucksituationen gut händeln.
SPORT1: Würden Sie auch einem Lothar Matthäus helfen, Trainer in der Bundesliga oder 2. Liga zu werden? Warum schafft er das einfach nicht?
Meier: Lothar Matthäus gehört für mich zu den größten Fußballkennern in Deutschland. Inwieweit es Lothar allerdings noch einmal aktiv als Trainer auf den Platz zieht, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich persönlich würde mich sehr freuen, wenn wir Lothar eines Tages doch noch einmal als Trainer in Deutschland erleben würden.