Von Johannes Gorzel
ShoWTimEs Tricks unter der Lupe
Bei der DreamHack Winter behauptete sich der deutsche StarCraft 2-Spieler Tobias „ShoWTimE“ Sieber als bester Protoss Europas. Auf seinem Weg in die Top 4 begegnete ShoWTimE lediglich Protoss und Zerg, doch in beiden Match-Ups offenbarte er, wie raffiniert seine Openings für Legacy of the Void bereits waren.
Fifty Shades of PvZ
Vor allem gegen Zerg wurde der Deutsche am vergangenen Wochenende oft auf die Probe gestellt. Natürlich befand er sich dabei in zahlreichen verschiedenen Situationen, die man nicht über einen Kamm scheren sollte. Ein gewisser roter Faden ist jedoch für den standardmäßigen Verlauf von PvZs zu erkennen.
Das Match-Up unterscheidet sich bereits im frühen Spielverlauf sehr von dem, was in Heart of the Swarm zu sehen war. Adepts agieren inzwischen in einer Rolle, die man mit den Reapern von Terranern vergleichen könnte: Druck gegen Worker und langsame Linge sowie eine Scouting-Option. Im Gegensatz zu Reapern bleiben diese allerdings auch in den folgenden Spielphasen relevant.
Im Mid-Game sind Adepts inzwischen sogar essenziell. Die neue Einheit verfügt über Extra-Schaden gegen leichte Einheiten wie Zerglinge oder Hydralisken und ist gleichzeitig auch relativ tanky. Umso effizienter sind also Gateway-Pushes im frühen Mid-Game, bei denen die Komposition bestehend aus Stalkern, Adepts, Sentries und Zealots nach Bedarf verändert werden kann. Das ist jedoch davon abhänig, wie die gegnerische Armee gerade aussieht.
Das heißt jedoch nicht, dass man auf eine Robo verzichten sollte. Durch die neue Warp-in-Mechanik in Legacy of the Void wird die Produktionszeit von Einheiten abseits der eigenen Basis drastisch erhöht, wenn man kein Warp Prism dabei hat. Außerdem zeigte ShoWTimE des Öfteren, dass sich zwei bis drei Immortals gut für dem Übergang ins Mid-Game eignen. Unter anderem um sich vor aggressiven Pushes des Zerg zu schützen.
Geht es dann ins späte Mid-Game, in dem der Zerg unter anderem über Lurkern verfügt, so setzt ShoWTimE auf Disrupter. Die neue AOE-Unit aus der Robo ersetzt bei ihm den alten Colossus.
Das neue PvP – ein Augenschmaus
Außerdem zeigte ShoWTimE, wie das PvP zukünftig aussehen wird. Sein Kontrahent PartinG musste den Spielstil des Deutschen im Rahmen ihres Best-of-Fives sogar adaptieren.
Das Early-Game beinhaltet großes Potenzial für Build-Order-Wins. Wir sahen beispielsweise, wie ShoWTimE mehrmals einen Nexus-First auspackte. In einem Fall hat PartinG das jedoch mit Proxy-Gates gekontert und allein durch diese Entscheidung das Spiel gewonnen. Außerdem gilt eine Proxy-Robo für Immortals als starker Konter gegen gierige PvP-Openings. ShoWTimE hatte damit allerdings gegen PartinG und sein exzellentes Micro das Nachsehen.
Im Mid-Game fliegen zwischen zwei Protossen in Legacy of the Void dann die Fetzen. Armeekompositionen aus Stalkern, Immortals und Disruptern regieren das frühe Mid-Game, wobei die Spieler mit der Zeit eine Transition zu Stalkern, Disruptern und Tempests einleiten.
Immortals sind aufgrund ihrer Immobilität nicht gut geeignet, um dem AOE-Schaden der Disrupter zu entgehen. Tempests liefern derweil einen zunächst geringen aber dafür konstanten Poke-Schaden.
ShoWTimE punktete gegen PartinG damit, diese Tempest-Transition früher zu realisieren. Dadurch nagte er konstant an der Armee des Koreaners, ohne dabei eigene Einheiten traden zu müssen. Die einzige Antwort auf Tempests sind in dieser Situation mehr Tempests, weshalb der Produktionsvorsprung des Deutschen so wichtig war.
Es ist denkbar, dass Spieler zukünftig das Kreieren einer Air-Armee ins Auge fassen. Wenn man nur über Void Rays, Tempests und vielleicht sogar Carrier verfügt, dann haben gegnerische Disrupter schließlich keine Bodeneinheiten mehr, gegen die ihr AOE-Schaden nützt. Inwieweit auf höchstem Niveau eine sichere Transition zu dieser Late-Game-Armee gelingen kann, werden ShoWTimE und seine Kontrahenten in den nächsten Monaten erforschen.
Wer ShoWtimEs Künste genauer unter die Lupe nehmen möchte muss gar nicht lange Warten. An diesem Wochenende finden die Finals der ESL-Meisterschaften statt, an denen der Protoss-Spieler natürlich teilnehmen wird.