Von Marc Marake
Stößt Crown Faker vom Thron?
Faker gegen Crown ist 2016 das herbeigesehnte Duell gewesen. Am Samstag wiederholt sich das Aufeinandertreffen aus dem Finale des Vorjahres. Diesmal steht es unter einem anderen Stern.
Der Weg zur Legende
Faker wurde von SK Telecom T1 in der Solo-Queue entdeckt und unter Vertrag genommen. Der Mid-Laner zeigte schon bei seinem ersten Turnier, dass er ein Spieler der Extraklasse war. Sein steiles erstes Jahr als Profi wurde direkt mit dem ersten Weltmeistertitel gekrönt.
2014 verpasste Faker mit SK Telecom T1 K überraschend die Worlds. Doch führte das Ausnahmetalent den Siegeszug mit seinem Team in den kommenden beiden Jahren weiter.
Es folgten zahlreiche nationale Trophäen und zwei Weltmeistertitel. Über Jahre hinweg wird Faker als unangefochten bester Spieler der Welt angesehen.
Vom Boden zum Thron
Crowns Karriere hingegen verlief komplett anders. Im Jahr 2014 spielte er im brasilianischen Exil, ohne große Erfolge verbuchen zu können. Ende des Jahres kehrte er in sein Heimatland Südkorea zurück und trat dem Scherbenhaufen Samsung Galaxy als Auswechselspieler bei.
Das Team rettete sich zuvor vor dem Abstieg und würfelte für 2016 ein fast komplett neues Lineup zusammen. Das neue Samsung übertraf jedoch die Erwartungen und qualifizierte sich gegen den haushohen Favoriten von KT Rolster bei den Regional Finals für die Worlds.
Crown entwickelte sich während dieser Zeit zu einem der besten Mid-Laner Südkoreas. Besonders gefürchtet wurde er für seinen Signature-Champion Viktor, mit dem er sogar Faker im Eins-gegen-Eins besiegte.
Im Interview mit Liquidlegends begründet er seine enorme Leistungssteigerung wie folgt: "Müsste ich mich selbst bewerten, was vielleicht arrogant klingt - und vielleicht denke ich so, weil ich daran glaube - aber ich bin der Typ-Spieler, der sein Talent erst spät entwickelt, weil er hart arbeitet. Ich glaube einfach an mich selbst und arbeite weiter hart."
Zwischen Erwartung und Realität
Gepriesen als der mechanisch begabteste Spieler bei den Worlds sollte Crown einer der besten Mid-Laner sein, dicht hinter Faker.
Samsung Galaxy schaffte es mit einem vergleichsweise einfachen Los ins Finale der Worlds 2016, während für viele das Halbfinale SK Telecom T1 gegen die ROX Tigers das vorgezogene Endspiel war. Dementsprechend einseitig wurde das Finale zwischen den beiden südkoreanischen Teams erwartet.
Nach zwei Niederlagen konnte SSG die Serie wieder ausgleichen. Crown zeigte sich über die Spiele jedoch sehr inkonstant, was sich schon über das Jahr in Südkorea andeutete.
Crown war der Mann der Stunde. Der Mid-Laner, der den übermächtigen Faker im Finale der Worlds hätte stürzen sollen - ohne Erfolg.
Im entscheidenden fünften Spiel hatte der Herausforderer nicht den erwarteten Einfluss, während Faker unter Beweis stellte, wieso er der Beste ist. Auf Crowns Signature-Champion Viktor führte er sein Team zum Sieg.
Die einmalige Gelegenheit
Viele Sportler bereuen nach einer Niederlage alles, hinterfragen sich, zerfressen sich selbst mit Selbstzweifel - so auch Crown:
"Nach der WM war ich völlig ausgelaugt. Ich fragte mich immer wieder, wo meine Schwächen liegen."
Crown bekommt die einmalige Möglichkeit, zu exakt diesem Punkt zurückzugehen: mit demselben Team, zum selben Zeitpunkt gegen denselben Konkurrenten.
Wie schon 2016 qualifizierte sich Samsung Galaxy unerwartet für die Worlds. Obwohl Samsung im Finale steht, ließ Crown sein bestechendes Talent nur wenig aufblitzen.
SKT hingegen hatte als Team Probleme, während der abgeklärte Faker erneut der Grund ist, warum der Rekordweltmeister im Finale der Worlds steht.
Ist Fakers Schatten zu groß?
Ein so passionierter und hart arbeitender Spieler wie Crown wird die Gelegenheit beim Schopf packen und dafür sorgen, dass er nach dem Best-of-Five am Samstag nichts bereuen muss - egal ob Sieg oder Niederlage.
Doch es ist das ambitionierte Ziel aller Mid-Laner. Xiaohu von Halbfinalist Royal Never Give Up beschrieb seine Erfahrung gegen Faker im letzten Jahr wie folgt: "Obwohl ich Faker einige Male im Eins-gegen-Eins besiegte, hatte ich trotzdem das Gefühl, dass er einfach viel besser war."
Samsung Galaxy und SK Telecom T1 stehen sich im Finale auf Augenhöhe gegenüber. Im Mid-Lane-Duell blickt Faker jedoch von seinem Thron auf Crown herab.