Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker spricht sich klar für die Anerkennung des eSports als Sportart aus. Ihr Gastbeitrag im Kicker verdeutlicht, welche Chancen Deutschland gerade liegen lässt und welche Bedingungen es geben müsste, damit wir nicht auch in diesem Bereich der Digitalisierung den Anschluss verpassen.
Hat Deutschland den eSport-Anschluss verpasst?
Hürden überwinden, um Welten zu verbinden
„eSport ist eine Brücke zwischen analoger und digitaler Welt, zwischen den Generationen“, stellt Reker bildlich dar. Welches gesellschaftliche und letztlich auch wirtschaftliche Potenzial in dieser Verbindung steckt, scheint in der deutschen Politik noch nicht eindeutig verstanden worden zu sein. Allen voran hat der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) den Innovationsanker ausgeworfen. Bedeutet: Dem eSport wird weiterhin die Gemeinnützigkeit abgesprochen und damit nicht als offizielle Sportart zugelassen.
Weite Teile der Politik würden laut Reker auf ein traditionelles, ja sogar engstirniges Bild des eSports beharren. Dies wurde nicht zuletzt durch die Auffassung des DOSB verdeutlicht, der eine Unterscheidung in eGaming und eSport vornahm. Lediglich der eSport, also virtuelle Sportarten mit realem Sportbezug, hätte demnach die Chance darauf, zukünftig als Sportart anerkannt zu werden und Anschluss an den organisierten Sport zu finden.
Die Einschätzung des DOSB wird noch abstruser, wenn man sich die Entwicklung im Schach ansieht. Schach ist ein gern genommenes Beispiel, wenn es darum geht, wieso jenes nicht-körperliche Spiel als Sportart anerkannt, ein anderes, nämlich eSport, wiederum nicht. Schach-Wettkämpfe werden zusehends online ausgetragen, besonders in Zeiten der Pandemie, aber auch schon davor. Warum jenes Figurenrücken nun „richtiger“ Sport sein soll und die koordinierte, motorisch anspruchsvolle Bedienung von Maus und Tastatur eben nicht, erschließt sich wohl nur jenen antiquiert Denkenden, die ihren Blick für die Realität verloren haben.
„Die Sportnation Deutschland läuft Gefahr, den nächsten Anschlusszug zu verpassen“, stellt Reker mahnend fest. Und sie hat recht. Nationen wie Südkorea, USA, Brasilien, China oder Frankreich haben den Stellenwert des eSports erkannt und fördern ihn. Dort sind schon großflächig Strukturen aufgebaut worden, die den eSport stärker in gesellschaftliche und wirtschaftliche Beziehungen mit einbeziehen.
eSports noch vor Ende des Jahrzehnts olympisch?
Dabei wäre es so einfach, derlei Grundstrukturen auch für den eSport-Standort Deutschland zu schaffen. Teams wir BIG und SK Gaming oder auch selbstständige, nicht-profit-orientierte Organisationen wie die esports player foundation leben bereits heute, ohne staatliche Unterstützung, vor, wie erfolgreiche Unternehmensmodelle aussehen können.
Für Reker sei klar: Noch vor Ende dieses Jahrzehnts ist eSports olympisch: „Es wäre schade, wenn ein Umdenken erst dann stattfindet, wenn auf offiziellen, internationalen Wettkämpfen erste Medaillen in Nationenwertungen verliehen werden.“