Bereits in Madden 21 wurde der Sprung auf die neue Konsolengeneration vollzogen, enttäuschte dort allerdings. Während die Last Gen Version grafisch ein massives Downgrade zum Vorgänger war, hob die Variante auf PS5 und Xbox Series X das Niveau nicht wesentlich an. Insbesondere die Umgebung der Stadien war karg und mit Texturen aus dem letzten Jahrzehnt versehen.
Madden 22 Review - Endlich Next Gen?
Madden 22 wagt großen Sprung
Der aktuelle Ableger scheint auf den ersten Blick sehr viel richtig und vor allem besser zu machen. Das Spiel fühlt sich insgesamt sehr viel griffiger an und profitiert nun auch von gut gesetzten Trigger-Effekten beim DualSense Controller. Stets scheint die Kontrolle über das Geschehen beim Spieler zu liegen, nur wenig Einfluss der KI ist offensichtlich. Allerdings gibt es Abstriche bei der Defense. Diese hinterlässt den American-Football-Enthusiasten hinter dem Bildschirm oftmals hilflos.
Insbesondere Pässe durch die Mitte sind kaum zu verteidigen und wirken aktuell wie ein legitimer Nachfolger zum vor einigen Jahren stark overpowerten “Four Verticals” Spielzug. Die aus Madden 21 bekannten Probleme mit Audio-Hinweisen vor der Ausführung sind nach wie vor vorhanden.
Hinzu kommen eine Reihe neuer Spielzüge und ein frisches Momentum System. EA Sports, Momentum.. Moment mal? Richtig gelesen. Vereinfacht gesagt handelt es sich um einen Energiebalken, der durch Heimvorteil und andere Einflüsse gefüllt wird. Schwere Catches gelingen öfter, Laufspielzüge bringen hier und da ein paar Yards mehr oder der totale Durchbruch klappt. Auf der benachteiligten Seite funktioniert dann generell eher weniger. Hauptaugenmerk sind Dinge wie endlose Ausdauer oder verbesserte Block-Fähigkeiten. Also genau das, was Spieler von EA Sports-Titeln seit Jahren vermuten und monieren, nun allerdings transparent.
Unerklärlich bleibt, wann das Pendel wirklich schwingt. In einem Match während des Tests gelang kurz vor der Unterbrechung ein Touchdown zum 14:13, das auf der Gegenseite aufgebaute Momentum blieb aber dennoch erhalten und machte es im weiteren Verlauf unmöglich, daran wirklich anzuknüpfen.
Insgesamt ist die Next-Gen-exklusive Home Field Advantage auf mehreren Ebenen bahnbrechend. Gewisse Stadien sorgen durch Lautstärke für schwer zu lesende Spielzüge, andere liegen deutlich höher über dem Meeresspiegel und machen dadurch Gästeteams durch für sie ungewohnte Luftverhältnisse zu schaffen.
Ein Feature, das im Sinne der Simulation richtig gut ins Bild passt, aber im eSports-Bereich eigentlich keine Rolle spielen darf.
Madden 22 endlich Next Gen
Grafisch ist der ersehnte Sprung endlich erfolgt. Insbesondere auf dem Feld ist eine deutliche Verbesserung zu spüren, in den Wiederholungen und an den Rändern des Rasens kommt es allerdings hin und wieder zu Clipping Fehlern. Auch das Umfeld wurde verbessert und zeigt unter anderem jetzt Fans, die sich von ihren Sitzen wegbewegen anstatt nur generisch gespiegelte Jubel-Animationen abzuspulen.
Regentropfen auf Uniformen und Helmen bringen ein kleines optisches Extra und sorgen so für mehr Tiefe. Bei NBA 2K setzen die Entwickler seit Jahren auf glänzenden Schweiß, Rennspiele wie Need For Speed versuchen durch nasse Straßen für schönere Szenerien zu sorgen. Kurzum - Wasser scheint der Schlüssel zu sein.
Ein weiteres exklusives Feature für PS5 und Xbox Series X ist die “Star Driven AI”. Dadurch agieren Spieler und ganze Teams deutlich mehr wie ihre realen Vorbilder und bringen gerade in Offline-Karrieren oder schnellen Matches etwas mehr Variabilität in das Game.
Franchise Neuerungen
Der sehr beliebte Franchise Modus - der in angepasster Form seit Jahren für FIFA regelrecht gefordert wird - erhält endlich wieder einige Neuerungen. Dazu zählt auch der Gameplan, der vor jeder Partie festgelegt werden kann. Wie offensiv möchte ich agieren? Welche Anpassungen sind für den kommenden Gegner notwendig? Dieses Feature ist aber auch in anderen Modi verfügbar.
Für die Entwicklung der Spieler und des Staffs wurden neue Optionen eingeführt, die mit dem Gameplan direkt verknüpft sind. Werden vor einem Spiel offensive Ziele ausgegeben, wirkt sich das je nach Erfolg oder Misserfolg direkt auf die Fähigkeiten der Offense Line und deren Coaches aus, wo im Anschluss eine Art von Skillpoints reinvestiert werden können.
Fazit
Unter dem Strich bringt Madden NFL 22 exakt das, was zu erwarten war. Einen grafischen Sprung, exklusive Features für die neue Konsolengeneration und einige Neuerungen in allen Bereichen ohne das Game von Grund auf neu zu erfinden.
Besitzer der PS4-Version klagen seit dem Launch vermehrt über Abstürze, die PC-Version kommt auf Steam mit nur 29% positiven Bewertungen nicht gut weg. Auch dort wurde auf eine “Next-Gen”-Option verzichtet, wie es ebenfalls bei FIFA 22 geplant ist.
Das insgesamt flüssigere Gameplay und die kleinen aber feinen Ergänzungen rund um das neue Momentum-System und die Home Field Advantage dürften Fans der Reihe, die eine der neuen Konsolen besitzen, durchaus hinter dem Sofa hervorlocken. Für Neueinsteiger und Last-Gen- oder PC-Nutzer bleibt es ein jährliches Trikot- und Kaderupdate, was einen Vollpreis kaum rechtfertigt.