Mit der neuen Konsolengeneration wachsen auch die Erwartungen an jährlich wiederkehrende Titel. Grafische Sprünge, Ray-Tracing und verbesserte Ladezeiten gehören zur jeder Standard-Wunschliste. Bereits im vergangenen Jahr bedeutete dies für die Sportsimulationen kostenlose Upgrade-Möglichkeiten oder im Falle von NBA 2K21 gar ein zusätzliches Vollpreisspiel.
F1 2021 in der Review
Die Ergebnisse blieben aber überschaubar. Hochskalierte Auflösungen und dezent bessere Lichteffekte sorgten nicht für den großen WOW-Effekt. Und genau diesen darf man bei F1 2021 auch nicht erwarten.
F1 2021 Next Gen?
Die Übernahme des Entwicklers Codemasters durch Electronic Arts bedeutete zunächst verbesserte finanzielle Mittel, doch mehr Zeit bekamen die Mitarbeiter nicht, das Spiel musste schließlich zu einem gewissen Zeitpunkt erscheinen. Rein grafisch wird schnell klar, dass F1 2021 nicht für die Next-Gen-Konsolen entwickelt wurde. Zu platt sind die Texturen neben der Strecke, zu rückständig die Animationen der Menschen und deutlich zu unausgereift ist die HDR-Option, die auf der Playstation 5 vor allem für gleißendes Licht auf spanischem Asphalt sorgte, an den Farben aber kaum etwas änderte.
Auch zu erwartende Lichteffekte an den Autos, Spiegelungen, die Darstellung von heißem Asphalt oder eine stimmungsvolle Atmosphäre bei Nacht werden schmerzlich vermisst. Es existiert schlichtweg keine Ray-Tracing-Option. Hinzu kommen eindimensionale und extrem repetitive Podiumssequenzen, Fahrer, die stets nur in voller Montur zu sehen sind und eine seltsame optische Darstellung des Schadensmodells. Erfreulich: die Ladezeiten sind auf der PS5 spürbar kürzer als im Vorgänger auf der PS4.
Die getestete Version ist auf dem Stand des 14.07., ob es zum Release der Standard Edition am Freitag, den 16.07. noch einen alles über den Haufen werfenden Patch geben wird, ist zumindest zu bezweifeln. Immerhin dürfen Deluxe-Käufer bereits spielen.
Wie fährt sich F1 2021?
Die KI ist unabhängig vom Schwierigkeitsgrad besser, allerdings auch deutlich aggressiver geworden. Zu frühes oder "ungewöhnliches" Bremsen quittieren die digitalen Gegner mit Auffahrunfällen. Das ist zu Beginn etwas nervig, lehrt dem Spieler aber recht schnell, wo der ideale Bremspunkt ist. Merklich klüger ist die KI auch beim Überrunden, wo sie aktiv Platz macht.
An der Steuerung hat sich im Vergleich zu F1 2020 gar nichts verändert. Lediglich die HUD wurde etwas angepasst und die Schadensanzeige erweitert. Enthusiasten der Vorjahre dürfte auffallen, dass keine Benzinmischungen mehr einstellbar sind, was aber an den offiziellen Regularien festzumachen ist.
Spielerisch bleibt also wenig anzumerken. Das erweiterte Schadensmodell bietet mehr Tiefe, weil es mehr Bauteile separat erfasst. Gefühlt rutschen die Autos einen Tick stärker bei entsprechenden Fehlern, speziell wenn die Begrenzungen überfahren werden. Ansonsten liegt hier eine astreine Kopie des Vorgängers vor.
Im Item Shop können wieder kosmetische Gegenstände gegen "Pitcoins" erworben werden. Diese erhält der Spieler entweder für Echtgeld oder erspielt sie sich. Dabei setzt der Shop auf ein ähnliches System wie Rocket League oder Fall Guys. Gewisse Items sind täglich oder wöchentlich verfügbar und verschwinden dann wieder - zumindest für einen gewissen Zyklus.
Braking Point
Der Storymodus wurde im Vorfeld als große Neuerung angekündigt und erfüllt in weiten Teilen die Erwartungen. Ähnlich wie die Alex Hunter Geschichte in FIFA erzählt Braking Point den Weg von unten nach oben. Mit knapp sechs Stunden Spielzeit fällt die Erfahrung allerdings etwas kurz aus, bedenkt man, dass zwei Seasons und ein kleiner Abschnitt in der Formel 2 absolviert werden. Dass die Ziele der Story eher unrealistisch ausfallen lässt sich im Sinne des Drehbuchs verschmerzen, hätte aber besser gelöst werden können.
Es findet dabei ein stetiger Wechsel zwischen Sequenzen mit Inhalt und den klassischen Rennen statt. Mal sind diese auf 25% ihrer realen Länge oder bei nur fünf bis acht Runden. Ein System dahinter ist nicht zu erkennen. Übrigens auch bei der Schwierigkeit nicht. Die drei Stufen "einfach", "herausfordernd" und "schwer" suggerieren zwar deutliche Abstufungen, allerdings ist "herausfordernd" auf KI-Stärke 80 noch viel zu leicht, während "schwer" einem Dark Souls Ableger gleichkommt.
Ärgerlich muten auch einige Fehler in den Cutscenes an. Wird erzählt, dass "Lance Stroll raus" sei, aber das Auto von Sebastian Vettel zu sehen ist, wirkt das ebenso fahrlässig wie Interviews bei Tageslicht die nach dem Nacht(!)-Rennen in Bahrain stattfinden.
Auch in F1 2021' Braking Point tauchen grafische Schwächen auf. Während die Cutscenes auf der Strecke einen Hauch von Next Gen verspüren lassen, sehen die Sequenzen abseits der Kurse teilweise nicht mal PS4-würdig aus.
Abschließend ist es schade, dass keinerlei Entscheidungsmöglichkeiten bestehen. Zwar können die Interviews nach eigenem Geschmack beantwortet werden, jedoch wirkt sich dies nur auf Emails aus, die wenig Relevanz besitzen. Trotzdem ist die Geschichte etwas überdramatisiert, sorgt so aber für einen gewissen Nervenkitzel.
Übrigens hat die reale Coronavirus-Pandemie keinerlei Einfluss auf die Rahmenbedingungen in Braking Point. Sie existiert einfach nicht.
Fazit
Insgesamt ist F1 2021 das solide Rennspiel, das der Vorgänger auch schon wahr. Jedoch fühlt sich der erneute Vollpreis ähnlich falsch an, wie bei so manch anderer Sportsimulation. Der Ableger gleicht F1 2020 bis auf wenige Details extrem und bringt eigentlich keine Innovationen mit sich. Dass zudem die grafische Aufbereitung - zum Zeitpunkt des Tests - der Next-Gen-Version quasi nicht vorhanden ist, lässt sich nur durch das kostenlose Upgrade für Last-Gen-Käufer verschmerzen.
Im Multiplayer hat sich wenig verändert. Eine Menge Frust bringen vor allem andere Spieler mit sich, die ihren Ärger durch aggressiv provozierte Unfälle entladen und sich damit zwar disqualifizieren, doch wenn das eigene Auto genug Schaden nimmt, ist man ebenfalls raus. Warum es hier keine Möglichkeit gibt, nach einem bestraften absichtlichen Unfall zumindest mit etwas Verzug wieder einzusteigen, erschließt sich nicht.
Lichtblicke sind die guten Ansätze der Story, das überarbeitete Schadensmodell und die Cutscenes auf der Strecke - und die alles überstrahlende HDR-Option.