"eSports ist für mich kein Sport." Das ist das Zitat, mit dem DFB-Präsident Reinhard Grindel für Wirbel gesorgt hat. Diese Aussage traf er bei einem Talk mit dem Weser-Kurier. Er führte sogar aus, dass die Nutzung von PC, Konsole und Co. eine "eine absolute Verarmung" sei.
Darum hat Grindel Angst vor eSports
Digitaler Umbruch im Sport
Ihm entgegen stehen die Aussagen von Hans Jagnow, Präsident des noch jungen Dachverbandes eSport-Bund Deutschland (ESBD), beim SID: "Der Sport insgesamt steht vor einem Umbruchsprozess im digitalen Zeitalter, der keine Verarmung, sondern schlicht eine tiefgreifende Veränderung darstellt."
Doch warum trifft der DFB-Boss diese Statements? Der eSports ist inzwischen so gewachsen, dass er eine ernstzunehmende Konkurrenz für den klassischen Sport wie Fußball ist. Hallen wie die LANXESS Arena werden jährlich mit eSports-Events ausverkauft. Dann bejubeln 15.000 Fans zehn Gamer auf der Bühne, Fangesänge, Laola-Wellen und Choreografien inbegriffen.
In Deutschland hat die große Koalition eine Anerkennung des eSports in ihren Papieren festgehalten. Für Grindel ein falscher Ansatz, der lieber mehr Geld für die Sportvereine sehen würde: "Ich halte den Weg, den die Koalition beschlossen hat, eSport gemeinnützig zu machen, für falsch."
Der DFB-Präsident ist mit seiner eSports-Abneigung nicht alleine. In der Vergangenheit äußerte sich zum Beispiel Joachim Watzke von Borussia Dortmund relativ deutlich: "Das ist vielleicht modern. Ich finde das komplett scheiße." Dabei muss aber der Kontext erwähnt werden: Der Anlass für die Frage vorweg war das eSports-Engagement vom Erzrivalen Schalke 04.
Volle Hallen und jubelnde Massen
Die Kernzielgruppe des eSports sind junge Menschen zwischen 14 und 29 Jahren. Eine Gruppe, die auch der DFB gerne erreicht. Dazu kommt der Entertainment-Faktor der Spiele. Ralf Reichert, Chef des größten eSports-Veranstalter der Welt ESL, erklärte im SPORT1-Interview auf dem Counter-Strike-Turnier IEM in Katowice: "Es stellt sich immer mehr heraus, dass Counter-Strike die vielleicht beste Sportart zum Zuschauen auf der Welt ist."
Dabei gibt es kompetitive Spiele, die für jede Altersgruppe sind. Die amerikanische Basketballliga NBA hat das Trendthema erkannt und grenzt sich nicht ab, sondern geht eine Kooperation mit der Basketball-Simulation NBA2k ein, wo Team in einer Ableger-Liga unter den Flaggen der NBA-Teams messen. Vielleicht auch, weil man einen Abgang der Zuschauer befürchtete.
Zugang von überall auf der Welt
Der Zugang zu den Übertragungen der Wettkämpfe ist durch das Internet und kostenfreie Streamingplattformen wie Twitch.tv von überall auf Welt offen. Manche eSports-Streams übertrumpfen sogar die Zuschauerzahlen der klassischen Sportevents. Über Deals mit Facebook und Co. rückt das Gamen auch mehr in den Mainstream.
Professionelle Strukturen sind das, was dem eSports häufig noch fehlt. Dachverbände, Nachwuchsakademien und Trainingsprogramme sind noch jung und nicht ausgereift. Ein Punkt, an dem der DFB aushelfen könnte. Viele Bundesligavereine wie Schalke 04, der VfL Wolfsburg oder Bayer Leverkusen sind engagiert. Außerdem hat die Deutsche Fußball Liga seit Jahren mit der Virtuellen Bundesliga ein eigenes Projekt im FIFA-eSports.
Miteinander statt Gegeneinander
Dem DFB-Boss ist klar, welche Gefahr für sein Hoheitsgebiet besteht: "Die größte Konkurrenz für die Frage, ob Kinder und Jugendliche zu uns in die Sportvereine kommen, kommt gar nicht von Handball, Basketball oder andere Sportarten, sondern wirklich vom Befassen mit digitalen Endgeräten."
Doch warum die Konkurrenz? Eine Zusammenarbeit zwischen beiden Welten wird an vielen Stellen, eben auch von großen Sportvereinen, schon vorgelebt. Auch ESBD-Mann Jagnow resümiert nach der Grindel-Aussage: "Eine künstliche Konkurrenzsituation aufzubauen, ist da nur hinderlich."