Toni Söderholm grüßte freundlich auf Finnisch, sprach über das "spezielle" Spiel gegen sein Heimatland - und überraschte dann mit einer kritischen Aussage über den deutschen NHL-Star Leon Draisaitl.
Söderholm erklärt Draisaitl-Kritik
"Er versucht sehr viel auf dem Eis", sagte der Eishockey-Bundestrainer vor dem letzten WM-Vorrundenspiel am Dienstag (Eishockey-WM: Deutschland - Finnland ab 12 Uhr LIVE im TV und STREAM) gegen Finnland: "Er kann auf alle Fälle besser in der Defensive arbeiten. Ich glaube nicht, dass das ein Geheimnis ist."
Im SPORT1-Interview präzisierte der Bundestrainer später, was er damit gemeint hat - und relativierte seine Aussage: "Kritik klingt immer so negativ. Aber wenn du über Entwicklung redest, welche Dinge du verbessern kannst, dann kann das auch einen positiven Klang haben."
Vielmehr habe er eine Verbesserung auf hohem Niveau gemeint. "Ein bisschen etwas fehlt allen Spielern. Ob bei Leon oder anderen Weltstars - wenn die das noch verbessern können, dann sind sie der komplette Eishockeyspieler. Und das will jeder Trainer haben", erklärte der Bundestrainer und verwies darauf, dass auch die Defensivarbeit von NHL-Superstar Patrick Kane kritisiert worden sei.
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Draisaitl mit drei Toren bei WM
Draisaitl, mit 50 Toren und 105 Scorerpunkten für die Edmonton Oilers in dieser Saison in den Kreis der NHL-Superstars aufgestiegen, ist bei der WM in der Slowakei vor allem für die Offensive der deutschen Nationalmannschaft zuständig:
Drei Tore erzielte der 23-Jährige selbst, zwei weitere bereitete er vor - an fünf der 14 Vorrundentreffer war er beteiligt. Sein Geniestreich 27 Sekunden vor Schluss zum 3:2 gegen den WM-Gastgeber sicherte Söderholms Team den Viertelfinaleinzug. (Spielplan und Ergebnisse)
Bei der 1:3-Niederlage am Sonntag gegen die USA hatte Draisaitl zwar das 1:0 durch Frederik Tiffels aufgelegt, aber auch bei den ersten beiden Gegentoren auf dem Eis gestanden. (Alle Infos zur Eishockey-WM)
"Wenn man Leon oder Dominik Kahun nimmt - warum sind die in die NHL gekommen? Weil sie offensiv sehr gute Eishockey-Spieler sind. Wenn du das schon bist, musst du wahrscheinlich deine defensiven Qualitäten verbessern, damit du dich zu einem absoluter Weltklassespieler entwickelst", erklärte Söderholm: "Es geht nicht um Kritik, es geht um Verbesserungsmöglichkeiten. Denn wenn du defensiv gut spielst, nutzt das am Ende nur dir selbst - denn dann bist du schneller wieder in der Offensive."
Schwächen in der Defensive
Für besonders intensive Defensivarbeit ist der gebürtige Kölner auch in der NHL nicht bekannt.
Bei der WM brachte er bereits mehrmals mit riskanten Pässen am eigenen Tor die deutsche Abwehr in Not, beim 3:1 zum Auftakt gegen Aufsteiger Großbritannien verursachte er mit einem Fehlpass das Gegentor. Allerdings steht Draisaitl auch so lange auf dem Eis wie kein anderer deutscher Spieler - 22:43 Minuten gegen die USA.
Vor allem vollen Einsatz will Söderholm von seinem Team sehen. "Das gehört zur deutschen Eishockey-Mentalität: Die Nationalmannschaft wird in Sachen Arbeit und Einsatz nicht vom Gegner ausgestochen. Was ich verbessern muss: Egal wie wir spielen - wir müssen härter arbeiten, als der Gegner. Sonst haben wir keine Chance", stellte der Trainer bei SPORT1 klar.
Söderholm, der zu Jahresbeginn die Nachfolge des Olympia-Silberschmieds Marco Sturm antrat, hat bei der WM mit dem Einzug ins Viertelfinale und der Direkt-Qualifikation für die Winterspiele 2022 in Peking seine Ziele schon vorzeitig erreicht.
Das Spiel gegen sein Heimatland hat keine große Bedeutung mehr für die bevorstehende K.o.-Runde. Die deutsche Mannschaft kann bestenfalls noch Tabellendritter werden, muss aber auf jeden Fall zum Viertelfinale am Donnerstag nach Bratislava umziehen und trifft aller Voraussicht nach entweder auf Rekordweltmeister Russland um Superstar Alexander Owetschkin oder auf Titelverteidiger Schweden.
Für Rang drei braucht das DEB-Team aber Schützenhilfe von Dänemark gegen Kanada (Eishockey-WM: Kanada - Dänemark ab 20.10 Uhr LIVE im TV und STREAM). Ihr letztes Vorrundenspiel bestreitet die Mannschaft von Söderholm selbst am Dienstag gegen Finnland.
Söderholm gegen Landsleute aus Finnland
Für Söderholm ist das erste Duell mit "seinem" Nationalteam, für das er als Spieler 19 WM-Spiele bestritt, "auf alle Fälle speziell". Beim Gegner steht als Betreuer Aki-Petteri Berg an der Bande, mit dem er 2007 zusammen Vizeweltmeister wurde.
Aus der finnischen Heimat bekam er schon viele Nachrichten. "Es haben Leute geschrieben, die sind so nervös, dass sie gar nicht wissen, wann das Spiel ist", berichtete der 41-Jährige schmunzelnd.
Die Presserunde nach dem Training am Montag hatte er mit einem "Huomenta", finnisch für "guten Morgen", begonnen. Dann wünschte er sich die deutsche Hymne nach dem Spiel am Dienstag.
"Die finnische klingt für mich immer gut", sagte er: "Ich habe meine Wurzeln nicht verloren. Aber in dem Fall nehme ich lieber die deutsche. Ich will, dass die Jungs Erfolg haben." Bei den WM-Spielen wird nach der Schlusssirene immer die Hymne des Siegers gespielt.