Marco Sturm suchte nicht nach Ausreden. Nach dem Ende (fast) aller Viertelfinal-Hoffnungen bei der WM interessierten den Eishockey-Bundestrainer die vielen Absagen seiner Olympiahelden überhaupt nicht.
Deutschland bei WM vor dem Aus
"Es ist einfach Quatsch zu sagen, wir haben verloren, weil der eine oder andere nicht dabei war", erklärte der Silberschmied von Pyeongchang nach dem bitteren 1:3 (0:0, 0:1, 1:2) gegen Lettland.
Viertelfinale außer Reichweite
Mit nur zehn verbliebenen Medaillengewinnern ist die deutsche Nationalmannschaft in Dänemark so gut wie gescheitert.
Zwar besteht noch eine minimale Chance auf das Viertelfinale, dazu müssten aber sehr unwahrscheinliche Ergebnisse zusammenkommen: Sollte Deutschland gegen Finnland und Kanada gewinnen, Dänemark gegen Lettland verlieren, Kanada gegen Lettland nach Overtime oder Penaltyschießen gewinnen, hätten Deutschland, Dänemark und Kanada jeweils elf Punkte und es käme zu einem Dreiervergleich. Bei diesem hätte Deutschland die Nase vorne. (Tabellen der Eishockey-WM)
Elf Wochen nach der Sensation in Südkorea sind die Überflieger hart auf dem Boden der Realität aufgeschlagen.
Mit nur fünf Punkten nach fünf Spielen ist die K.o.-Runde für die Auswahl des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) außer Reichweite geraten.
Sturms neuformiertes Team um den NHL-Star Leon Draisaitl spielt in seinen letzten beiden Vorrundenpartien am Sonntag (20.15 Uhr LIVE im TV auf SPORT1 im LIVESTREAM und im LIVETICKER) gegen den zweimaligen Weltmeister Finnland und am Dienstag (16.15 Uhr LIVE im TV auf SPORT1 im LIVESTREAM und im LIVETICKER) gegen Rekord-Olympiasieger Kanada letztlich nur noch um Weltranglistenpunkte.
Der 5:1-Sieg der Finnen gegen Kanada nahm der deutschen Mannschaft am Samstagabend die letzte reelle Hoffnung aufs Viertelfinale.
Sturm: "Es tut weh"
"Es tut weh", sagte Sturm bei SPORT1, "die Jungs haben alles gegeben. Es war mit Abstand unser bestes Spiel, wir haben viele gute Sachen gemacht. Aber wir haben zu viele Chancen liegen gelassen."
Auch Verteidiger Moritz Müller meinte: "Wir haben bis zum Letzten gekämpft." Mit Blick auf die verbleibenden Partien sagte der Kölner: "Wir wollen mit Anstand weiterspielen und uns als Mannschaft weiterentwickeln."
Zum Verhängnis wurde dem Olympiazweiten von Pyeongchang, der 2016 und 2017 unter Sturm jeweils das WM-Viertelfinale erreicht hatte, die schlechte Chancenverwertung.
Das einzige Tor erzielte der Münchner Dominik Kahun (49.). Für die Letten, die zuletzt viermal in Folge bei Weltmeisterschaften gegen die DEB-Auswahl verloren hatten, trafen vor 8997 Zuschauern in der Jyske Bank Boxen Ronalds Kenins (37.), Guntis Galvins (41.) und Andris Dzerins (48.). (SERVICE: WM-Spielplan)
"Die Niederlage ist bitter", klagte Kahun, "ich denke, wir waren die bessere Mannschaft." Mit viel Tempo und Aggressivität war das Sturm-Team ins Spiel gegangen. Harte Checks, konsequentes Forechecking, schnelles und direktes Passspiel setzten die Balten unter Druck.
Auch die Paradereihe mit Draisaitl und den Olympiahelden Kahun und Yasin Ehliz ging mit deutlich mehr Geschwindigkeit zu Werke als in den Spielen zuvor.
Deutschland zu unerfahren
Einziges Manko: Es sprang kein Tor dabei heraus. Die entscheidende Szene war symptomatisch: Erst tauchten US-Collegespieler Marc Michaelis und der Berliner Marcel Noebels zu zweit vor dem lettischen Tor auf.
Der Schläger eines Abwehrspielers verhinderte aber das 1:0 (37.). Quasi im Gegenzug fiel das 0:1. "Wir dürfen nicht alle Mann nach vorne rennen und fangen dann einen Konter", ärgerte sich Moritz Müller. "In manchen Szenen machte sich die Unerfahrenheit bemerkbar", meinte Sturm.
Die Hoffnung auf eine Wende im Schlussdrittel war bereits nach 15 Sekunden zerstört. Torhüter Niklas Treutle, nach starken Leistungen in den vorangegangenen Spielen gegen die USA (0:3) und Südkorea (1:6) zur Nummer eins aufgestiegen, rutschte der Puck unter der Fanghand durch.
Das Spiel im Stenogramm
Lettland - Deutschland 3:1 (0:0, 1:0, 2:1)
Tore: 1:0 Kenins (36:54), 2:0 Galvins (40:15), 3:0 Dzerins (47:54), 3:1 Kahun (48:40)
Zuschauer: 8997
Strafminuten: Lettland 2 - Deutschland 14
Schiedsrichter: Kaukokari (Finnland), Mayer (USA)