Mit Marco Sturm ist der Erfolg ins deutsche Eishockey zurückgekehrt.
Sturm: "Sind noch keine Topnation"
Seit seinem Amtsantritt als Bundestrainer im Juli 2015 erreichte das DEB-Team zwei Mal ein WM-Viertelfinale. Die Krönung unter der Leitung des langjährigen NHL-Spielers war der völlig unerwartete Gewinn der Silbermedaille bei den Olympischen Spielen 2018 in Südkorea.
Vor Beginn der diesjährigen Weltmeisterschaft in Dänemark (4. bis 20. Mai LIVE im TV auf SPORT1) sprach SPORT1 in Berlin mit dem 39-Jährigen über die unbeschreiblichen Erlebnisse in Pyeongchang, das bevorstehende Großereignis und auch über seine Zukunft.
Zu dem Interview hatte SPORT1 eine Überraschung für den Bundestrainer parat. Eine einen Meter lange und 1,5 Meter breite Fotowand aus unzähligen Einzelfotos von den Olympischen Spielen. Der Clou: Bei genauerer Betrachtung aus etwas Entfernung zeichnet sich darin Sturms Kopf ab.
SPORT1 (Sturm steht vor Bilderwand): Welches Bild sticht Ihnen als erstes ins Auge? Mit welchem verbinden Sie etwas Besonders?
Marco Sturm: Ganz klar das Bild mit Lindsey Vonn. Da begann die Reise. Witzigerweise saß sie bei der Anreise im Flugzeug neben Yannic Seidenberg. Und wenn man die ganzen Bilder hier sieht, merkt man, dass es ein guter Start war. Und sie war ja nicht nur am Anfang, sondern auch am Schluss im Deutschen Haus dabei. (Alle Infos zur Eishockey-WM)
SPORT1: Können Sie die einzelnen Jubelbilder zeitlich zuordnen?
Sturm: Ja, teilweise sogar ziemlich schnell. Es waren Momente, die will und wird man so schnell nicht vergessen. Und das Schöne - das sieht man fast an jedem Bild: Da merkt man den Zusammenhalt dieser Mannschaft. Angefangen in Füssen in der Vorbereitung bis nach Pyeongchang. Da sieht man deutlich, wie eng die Truppe war. Deswegen dann auch der Erfolg.
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SPORT1: Was war ihr persönlicher Lieblingsmoment bei Olympia?
Sturm: Schwierig. Es gibt so viele: Von jedem Tag, von jedem Spiel und Training. Irgendwie war jeder Tag ein Highlight. Aber wenn ich einen raussuchen müsste, würde ich schon sagen, dass das Spiel gegen Kanada einfach sensationell war. Das ganze Spiel, der Tag, die Vorbereitung, die Freude, eine Medaille zu erreichen. Perfekte 40 Minuten. Die Schlussphase. Dann auch der Jubel nach dem Spiel, in der Kabine und dann im Bus. Es ging ja danach auch noch ein bisschen weiter. Das waren schon meine Highlights von Pyeongchang.
SPORT1: Wie viel Marco Sturm steckt hinter diesem Erfolg?
Sturm: Das war der Verdienst der kompletten Mannschaft. Da gehört natürlich ein Trainer dazu – ein gut funktionierender Cheftrainer. Ein gut funktionierendes Team herum. Ich gebe die Vorgaben, ich schaue darauf, dass die deutsche Maschine läuft. Wir sind gemeinsam ins Rollen gekommen. Man denkt, es war Glück, dass wir soweit gekommen sind. Es war aber total verdient, dass wir am Ende mit einer Medaille nach Hause gefahren sind.
SPORT1: Olympia-Silber war der größte Erfolg des deutschen Eishockeys. Dadurch sind aber auch die Erwartungen gestiegen. Wie gehen sie mit diesem Erwartungsdruck um?
Sturm: Man muss vorsichtig sein und eben wissen, dass wir immer noch nicht eine Topnation sind. Wir sind zurecht Weltranglistensiebter. Das heißt, es sind einige wirkliche Topnationen vor uns - und die zu schlagen ist nicht einfach. In Südkorea hat es geklappt. Das heißt aber nicht, dass wir bei der WM jetzt auch jeden schlagen. Deswegen wird es für uns jetzt auch nicht einfacher. Im Gegenteil, es wird schwieriger, weil eben die Erwartungen für jeden ein bisschen größer sind, auch von unserer Seite.
SPORT1: Jetzt gibt es auch noch den Umbruch im Team. Marcel Goc, Christian Ehrhoff und Patrick Reimer haben ihre Karriere im DEB-Team beendet. Dafür sind in Dänemark einige Spieler aus der NHL dabei. Ist es schwierig, jetzt wieder anzufangen und das Team umzustellen?
Sturm: Wir und auch die Spieler wussten, dass nicht die komplette Olympiamannschaft bei der WM wieder dabei ist. Wir sind froh darüber, dass der ein oder andere NHL-Spieler, wie Leon Draitsaitl, Dennis Seidenberg und Korbinian Holzer, uns unterstützt. Man hat bei der Olympia-Qualifikation gesehen, wie wichtig sie für unsere Mannschaft sind. Spieler wie Ehrhoff, Goc und Reimer sind schwer zu ersetzen. Trotzdem haben wir immer noch Potenzial in der Mannschaft und auch Führungsspieler, die diese Rollen in der Zukunft übernehmen können.
SPORT1: Womöglich haben die Spieler die Silbermedaille als den größtmöglichen Erfolg angesehen, als absolutes Karriere-Highlight. Können Sie noch mehr erreichen oder sind Sie am Zenit angekommen?
Sturm: Ob man das toppen kann weiß ich nicht. Aber man ist hungrig auf mehr. Sie sind jetzt auch in einem Eishockeyalter angekommen, in dem sie sagen müssen "Mein Körper macht das nicht mehr mit. Im Verein und auch international zu spielen". Bei mir persönlich ist das eine andere Situation. Ich bin noch ein junger und frischer Trainer, der nach Erfolg sucht. Für mich beginnt die Karriere gerade erst. Dass es so schnell mit einem so großen Titel geklappt hat, ist umso schöner. Aber ich bin heiß auf mehr und ich denke, die Mannschaft wird das ähnlich sehen.
SPORT1: Man liest immer wieder über Marco Sturm als kommenden NHL-Trainer. Wollen sie irgendwann zurück nach Amerika?
Sturm: Ich bin noch ein junger Trainer und werde noch viel dazulernen. Die Frage kam immer wieder: "Was ist mein Ziel"? Ich glaube, als Trainer und als Spieler hat man den Traum, in Nordamerika zu arbeiten. Meine ehrliche Antwort: Wenn sich irgendwann die Möglichkeit für mich ergibt in Nordamerika tätig zu sein, dann werde ich es versuchen. Das ist mein Ziel.
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