Sie nannten ihn den „Golden Jet“, den Jet mit den goldenen Haaren.
Eine Ikone mit persönlichen Makeln
Bobby Hull war pfeilschnell, dynamisch und der Schwung in seinen Armen sorgte dafür, dass auch der Puck gegnerischen Abwehrspielern und Goalies in extremem Tempo um die Ohren flog.
Heute vor zwei Jahren starb die kanadische Eishockey-Ikone, einer der besten und meistverehrten Spieler der NHL-Geschichte - die einst auch mit einem spektakulären Wechsel in eine damalige Konkurrenzliga für ein Beben gesorgt hatte.
Zu der persönlichen Vita Hulls gehörten allerdings auch unrühmliche Kapitel.
Bobby Hull: Eine Ikone der NHL
Hull, geboren am 3. Januar 1939 als Sohn eines Vorarbeiters einer Zementfabrik, lief insgesamt in 1063 NHL-Spielen auf, schoss 610 Tore und sammelte 1170 Scorerpunkte.
Der Blondschopf - der als kleiner Junge zu seinem großen Vorbild Gordie Howe aufschaute - war siebenmal bester Torjäger der Liga, gewann dreimal die Art Ross Trophy als bester Scorer und war zweimal MVP.
In besonderer Erinnerung ist Hull bei den Chicago Blackhawks, die er 1961 zum Gewinn des Stanley Cup führte, damals der erste Meistertitel für das Team seit 23 Jahren.
Ein weiterer Meilenstein folgte 1966, als Hull zum ersten Spieler der NHL-Geschichte wurde, der mehr als 50 Tore in einer Saison erzielte. Sein Treffer Nummer 51 wurde von den Fans mit stehenden Ovationen gefeiert - ganze sieben Minuten lang.
Wechsel zur Konkurrenzliga sorgte für ein Beben
Im Jahr 1972 sorgte der damals 33 Jahre alte Hull nochmal für Aufsehen, als er von der NHL zu den Winnipeg Jets in die damals neu gegründete Konkurrenzliga WHA (World Hockey Association) wechselte.
Der spektakuläre Deal kam auf kuriose Weise zustande: Hull erklärte öffentlich, dass er bei einer Zahlung von einer Million Dollar zu einem Wechsel in die WHA bereit wäre. Er meinte das eigentlich nicht ernst, die Summe galt damals als absurd und undenkbar.
Die Aussicht, Superstar Hull abzuwerben und damit größtmögliche Aufmerksamkeit auf die neue Liga zu lenken, bewog allerdings sämtliche WHA-Besitzer, sich für die Finanzierung des damals bahnbrechenden Vertrags zusammenzutun: Hull unterschrieb einen Zehn-Jahres-Deal, der ihm 1,75 Millionen Dollar plus eine Million „Signing Bonus“ einbrachte - im Jahr 1972 eine neue Dimension.
„Hot Line“ wurde zur Legende
Bei den Jets bildete Hull mit den Schweden Anders Hedberg und Ulf Nilsson die legendäre „Hot Line“, gewann in der WHA ebenfalls zwei Meistertitel und zwei MVP-Trophäen.
Hulls Zeit bei der Konkurrenzliga verkompliziert sein Vermächtnis: Mit 1018 Treffern in NHL und WHA ist er ligenübergreifend der drittbeste Torjäger der Geschichte hinter Wayne Gretzky (1072) und Howe (1071), die NHL erkennt die Tore aus der WHA-Zeit nicht an.
Als die WHA 1979 eingestellt wurde und in der NHL aufging, hatte Hull eigentlich schon aufgehört, kam mit damals 40 Jahren aber dann doch noch einmal zurück. Angeblich spielten finanzielle Probleme eine Rolle.
Das späte Comeback führte dazu, dass Hull 1980 bei den Hartford Whalers noch mit dem 51 Jahre alten Idol Gordie Howe gemeinsam auf dem Eis stand - der damals ebenfalls immer noch nicht von seinem Sport lassen konnte.
Schwere Gewaltvorwürfe und ein Hitler-Eklat
Hull beendete seine Karriere im selben Jahr endgültig, nachdem seine Lebensgefährtin bei einem Autounfall schwer verletzt wurde.
Das Privatleben der Legende war nicht immer von ritterlichem Verhalten gekennzeichnet: Der Vater des späteren NHL-Stars Brett Hull hatte drei zerbrochene Ehen hinter sich, in zwei Fällen erhoben seine Partnerinnen Vorwürfe häuslicher Gewalt.
Hulls dritte Frau Deborah zog eine entsprechende Anzeige aus dem Jahr 1986 letztlich zurück, Hulls Verhalten in der ersten Ehe mit Ex-Frau Joanne erscheint allerdings unstrittig: Die gemeinsame Tochter Michelle - ein ehemaliges Eiskunstlauftalent - arbeitet heute als Anwältin und hat sich aufgrund der traumatischen Erlebnisse ihrer Kindheit auf die Arbeit für Frauen spezialisiert, die Opfer von Gewalterfahrungen sind.
1998 gab es Aufsehen anderer Art um Hull: Die russische Zeitung Moscow Times zitierte ihn mit dem Satz: „Hitler hatte ein paar gute Ideen. Er ist nur ein kleines bisschen zu weit gegangen.“ Hull erklärte, falsch wiedergegeben worden zu sein.
Am 30. Januar 2023 starb Bobby Hull im Alter von 84 Jahren. Schon seit seinen Lebzeiten erinnert eine Bronzestatue vor dem United Center in Chicago an seine sportlichen Leistungen.