3:7 gegen Peter Wright im Jahr 2020, 4:7 gegen Michael Smith 2023 und eine ebenfalls deutliche 3:7-Pleite gegen Luke Littler 2025. Für Michael van Gerwen setzte es die dritte Niederlage in einem Weltmeisterschafts-Finale in Folge, der jetzt eine negative Bilanz in WM-Endspielen vorzuweisen hat.
Auffälligkeiten bei MvG-Pleite
Sieben WM-Finals konnte der Niederländer bislang erreichen, drei davon (2014, 2017 und 2019) entschied er für sich. Sein allererstes Endspiel hatte van Gerwen 2013 noch mit 4:7 gegen Darts-Legende Phil Taylor verloren - und gestern stand der Niederländer erneut als Verlierer auf der Bühne des Alexandra Palace.
Doppelprobleme werden van Gerwen zum Verhängnis
Was von vielen Darts-Fans und-Experten im Vorfeld als „Das Traumfinale“ auserkoren war, entwickelte sich schnell zu einer Machtdemonstration. Littler, der sich mit 17 Jahren zum bis dahin jüngsten Darts-Weltmeister aller Zeiten krönte und ausgerechnet „MvG“ diesen Rekord wegschnappte, zog schon früh im Spiel weg und ließ van Gerwen staunend zurück.
Nach etwas mehr als einer halben Stunde lag van Gerwen gegen Littler schon 0:4 in Sätzen zurück - auch, weil der Niederländer erhebliche Probleme auf die Doppel aufzeigte. „MvG“ brachte in den ersten vier Sätzen gerade einmal drei seiner 17 Versuche (17,6 %) im Doppelfeld unter, während Littler zwölf seiner 25 Versuche (48 %) verwandelte.
„Wenn du früh die Türen geöffnet bekommst und die Chancen dann nicht nutzen kannst, dann wird es schwer“, gab van Gerwen nach dem Spiel bei Sky UK zu. Was der 35-Jährige damit auch gemeint haben dürfte: Im Average bewegten sich beide Spieler in den ersten vier Sätzen auf einem ausgeglichenen Niveau.
Einem Durchschnitt von 91,35 Punkten van Gerwens im ersten Satz standen lediglich 93,28 Punkte von Littler gegenüber. Auch in Satz drei bot der 17-Jährige (93,52 Punkte) van Gerwen (93,84 Punkte) durchaus die Möglichkeit an, den Satz zu gewinnen. Am Ende waren es die Würfe auf die Doppel, die van Gerwen eine 0:4-Hypothek aufzwangen.
„Ich lag 0:4 zurück, ich bin mir selbst nicht gerecht geworden. Dann musst du versuchen, irgendwie zurückzukommen. Nach dem 0:4 war ich definitiv nicht der schlechtere Spieler von uns beiden“, erklärte der Niederländer - und hatte damit sogar recht.
Aufholjagd kommt zu spät
Sowohl Littler als auch van Gerwen gewannen anschließend je drei Sätze, beide spielten in den letzten sechs Sätzen der Darts-WM einen ähnlichen Drei-Dart-Average (Littler 106,43 Punkte, van Gerwen 105,09 Punkte). Auch die Würfe auf Doppel wurden beim Niederländer besser, doch die Aufholjagd kam zu spät. Am Ende blieb dem 35-Jährigen jedoch nichts anderes übrig, als Littler zu seinem historischen Erfolg zu gratulieren.
„Man muss auch fair sagen: Er hat jede Chance, die er bekommen hat, genutzt. Jedes Mal, wenn er eine gute Chance hatte, hat er mir wehgetan. Alle 17 Jahre wird ein neuer Stern am Himmel geboren und er ist einer davon“, erzählte van Gerwen und erntete dafür großen Applaus von den Fans im Ally Pally.
Schon direkt nach dem Spiel wusste der dreimalige Weltmeister, dass er seinem Tief in der Anfangsphase zum Opfer gefallen war. Van Gerwen wirkte verkrampft, streute untypisch viele Pfeile im Einser- oder Fünfer-Segment ein. Mit einem Average von 97,02 Punkten blieb der Niederländer in den ersten vier Sätzen deutlich unter seinen Möglichkeiten, hinzu kamen die bereits angesprochenen Probleme auf die Doppel.
„Ich hatte viel mit meinem eigenen Spiel zu kämpfen. Am Anfang des Spiels habe ich mich zu sehr hängen lassen, und wenn man das gegen einen Spieler wie Luke macht, dann bist du schnell in Schwierigkeiten“, erklärte „MvG“ nach dem Spiel selbstkritisch.
Kuriose Rechenwege stacheln Littler an
Doch van Gerwen brachte sich selbst auch abseits seiner Doppel-Misere in Schwierigkeiten, stand sich in manchen Momenten selbst im Weg. „MvG“ fiel mit unlogischen und untypischen Rechenwegen auf und stachelte damit auch seinen Kontrahent Littler weiter an.
So startete van Gerwen bei 74 Punkten Rest und noch zwei Darts in der Hand nahezu zweimal hintereinander den Versuch, über die Triple-20 und die Doppel-7 zu checken. Ein ungewöhnlicher Weg, weil die Doppel-7 für viele Dartspieler ein unbeliebtes Feld darstellt. Gewöhnlich wird bei 74 Punkten Rest die Triple-18 anvisiert, um auf der angenehmeren Doppel-10 das Leg zu vollenden.
Ein anderes Beispiel: Im vierten Satz visierte van Gerwen bei 128 Punkten Rest zuerst die Triple-20 an, anstatt den gewöhnlichen Weg über die Triple-18 zu wählen. Denn: Verfehlt ein Dartspieler bei 128 Punkten Rest die Triple-18 und trifft nur die einfache 18, wäre ein Zwei-Dart-Finish bei 110 Punkten Rest noch über die Triple-20 und das Bullseye möglich.
Doch der Niederländer ging das Leg unüblicherweise über die Triple-20 an und verfehlte diese. Ein Zwei-Dart-Finish von 108 Punkten ist im Darts nicht möglich und der 35-Jährige konnte sich nur stellen - obwohl Littler auf einem Finish von 170 Punkten stand. Der 17-Jährige erkannte diese leichte Provokation und nahm den „Big Fish“ auch beinahe aus dem Board, verfehlte nach zwei Würfen in die Triple-20 jedoch nur knapp das Bullseye.
„Michael glaubt an sich selbst. Aber wenn er auf einem Checkout steht und er sieht, dass sein Gegner auf einem hohen Finish steht, dann soll das in meinen Augen bedeuten: ‚Du wirst das nicht rausnehmen.‘ Immer, wenn er das macht, bin ich umso fokussierter auf mein Checkout. Das gibt mir noch mehr Selbstvertrauen“, erklärte Littler nach dem Spiel auf SPORT1-Nachfrage.
Für den 17-jährigen Neu-Weltmeister bedeutet der Erfolg, dass er die neue Nummer zwei der PDC Order of Merit ist. Van Gerwen behauptete trotz der Final-Niederlage seine Position drei in der Weltrangliste. „Ich hatte ein gutes Turnier, habe jeden Moment hier genossen. Wir alle wissen, dass ich ein schwieriges Jahr hinter mir habe (...). Ich muss weitermachen. Ich weiß, dass ich besser spielen kann und muss. Es ist so, wie es ist. Kopf hoch, es geht weiter.“