Da war es nur noch einer. Von sechs gestarteten deutschen Spielern haben sich bei der Darts-WM fünf schon vor Weihnachten verabschiedet – vergangenes Jahr hatten noch vier Stars aus der Bundesrepublik die dritte Runde erreicht, waren dort jedoch allesamt gegen Engländer ausgeschieden.
Pietreczko rettet die deutsche Ehre
Nun hält also Ricardo Pietreczko die deutsche Fahne im Alexandra Palace hoch. Der 30-Jährige setzte sich am Tag vor Heiligabend in einem packenden Match gegen den niederländischen Youngster Gian van Veen 3:1 durch und steht damit zum zweiten Mal nach seinem Debüt 2024 in der dritten Runde der PDC-Weltmeisterschaft.
„Pikachu“ macht auch keinen Hehl daraus, wo die Reise für ihn enden soll. „Ich trete bei jedem Turnier an, um es zu gewinnen. Mein Ziel ist es, Weltmeister zu werden“, betonte er auf der deutschsprachigen Pressekonferenz nach dem Match, an der nur SPORT1 teilnahm.
Pietreczko Außenseiter in der 3. Runde
Dafür benötigt der Rechtshänder noch fünf Siege. Als nächstes heißt die Aufgabe in der Runde der letzten 32 Scott Williams. Der Engländer rang Rob Cross, Weltmeister von 2018 und Halbfinalist des Vorjahres, mit 3:1 in den Sätzen nieder und spielte dabei nur einen Drei-Darts-Average von 87,90 Punkten.
Pietreczko braucht sich also keinesfalls zu verstecken und dass „Pikachu“ gegen große Namen im Ally Pally mithalten kann, hat der Deutsche bei der vergangenen WM bewiesen. In Runde drei hatte er den späteren Champion Luke Humphries am Rand einer Niederlage, gab allerdings eine 3:1-Satzführung noch aus der Hand.
Bei dieser WM macht er einen ähnlich unbeschwerten Eindruck. Seine Lockerheit demonstrierte „Pikachu“ in der ersten Pause des Zweitrundenspiels, indem er „Sweet Caroline“ mit den Fans sang. „Da lief dieses Lied und ich fand es in dem Moment cool“, meinte er.
„Die schrillen Pfiffe habe ich wahrgenommen“
Einen weiteren Beleg dafür lieferte der Wahl-Niedersachse aus Hannover bei 54 Punkten Rest zum Matchgewinn, als Teile der Fans buhten und pfiffen. „Die schrillen Pfiffe habe ich wahrgenommen, aber am Ende habe ich gezeigt, dass ich trotzdem checken kann und mir das nicht mehr so viel ausmacht wie beispielsweise vor einem Jahr“, unterstrich der 30-Jährige.
Er erläuterte auch den außergewöhnlichen Weg über Triple-18, Doppel-18 und Doppel-16 zum wegweisenden Highfinish im ersten Leg des dritten Satzes – auch ein Zeichen an seinen Gegner: „Die 122 spiele ich tatsächlich oft so, weil ich sowohl das Bull als auch die Doppel-16 gern mag. Ich setze den dritten Dart sehr weit außen an und gehe gar nicht auf die Triple-18.“
Darts-WM: „Pikachu“ bleibt in London
Auch seine Weihnachtsplanung gestaltet Pietreczko anders, als es die meisten europäischen Spieler in der Regel handhaben. „Meine Freundin bereut es immer ein bisschen, wenn sie hierherkommt. Aber sie bleibt mit mir über Weihnachten hier, weil ich das Fliegen nicht so mag. Morgen werden wir wahrscheinlich noch ein bisschen Sightseeing machen“, verriet der gebürtige Berliner im TV-Interview von SPORT1.
Dass er nun die deutsche Ehre gerettet hat, steht für Pietreczko nicht im Vordergrund. „Das ist für mich zweitrangig, weil ich doch eher auf mich schaue. Gerade bei so einem langen Turnier spielen fast alle in unterschiedlichen Sessions und man hat kaum Kontakt“, erklärte er und schob lächelnd hinterher: „Ich finde es cool, dass die deutschen Fans jetzt noch bisschen was zu schauen haben.“