In der Phase vor Weihnachten müssen alle 96 Teilnehmer bei der Darts-WM nur ein Match pro Tag absolvieren - außer einem. Wer für sein Zweitrundenspiel den Weltmeister zugelost bekommt, tritt traditionell am Auftakttag zweimal ans Oche. Wird dieser Spieler also benachteiligt oder hat dieser Umstand gar einen positiven Einfluss?
Dieses Thema spaltet die Darts-Stars
Die Meinungen gehen diesbezüglich auseinander. Auch Luke Humphries hält beide Varianten für möglich.
„Es könnte ein Vorteil für ihn sein. Wenn man schon einmal gespielt hat, weiß man, wie es sich anfühlt mit der Bühne, dem Board, den Zuschauern“, erklärte der Engländer, der seinen Auftakt am Sonntagabend erfolgreich mit einem 3:0 gegen Thibault Tricole, den es eben in diesem Jahr mit zwei Matches an einem Tag erwischte, gestaltet hat, bei der Pressekonferenz auf SPORT1-Nachfrage.
„Manchmal zehn Stunden am Veranstaltungsort“
Humphries untermauerte seine These: „Auf der European Tour gibt es auch sehr lange Tage, manchmal ist man zehn Stunden am Veranstaltungsort. Ich habe das oft erlebt und man muss dazu in der Lage sein, über einen langen Zeitraum an einem Tag zu spielen.“
Der Weltmeister von 2024 ging noch konkreter auf den Franzosen ein. „Das ist etwas, wovon Thibault lernen wird. Wenn er ein Bühnenturnier gewinnen möchte, muss er sich daran gewöhnen. Es ist ein hartes Programm.“
Tricole hatte selbst zugegeben, dass er mit der Situation, etwa zwei Stunden nach seinem Erstrunden-Match direkt gegen den Titelverteidiger anzutreten, nicht gut klarkam. „Ich hatte heute zwei Matches an einem Abend. Dadurch hat mir die Energie gefehlt. Es war hart, sich zweimal vorzubereiten“, gab „The French Touch“ niedergeschlagen bei der PK zu Protokoll.
Darts-WM: Humphries glaubt an Tricole
Dies schlug sich auch in seiner Leistung nieder. In der ersten Runde gegen Joe Comito aus Australien quälte sich Tricole, der bei der WM 2024 sein Debüt gegeben hatte, mit einem Drei-Dart-Average von gut 80 Punkten zu einem 3:1-Sieg. Gegen Humphries hielt er zwar im Scoring einigermaßen mit, holte jedoch kein einziges Leg.
„Natürlich ist es auch hart, an einem Tag bei der Weltmeisterschaft zweimal zu spielen. Es kann auch ein Nachteil sein, es kommt auf den Spieler an“, schränkte „Cool Hand Luke“ ein und ergänzte: „Thibault ist ein fantastischer Spieler. Er hat heute Abend nicht sein bestes Niveau gespielt. Aber er wird stärker zurückkommen.“
Huybrechts mit radikaler Ansicht: „Skandalös“
Als Gegenbeispiel zu Tricole nannte Humphries Kevin Doets, der Michael Smith am Eröffnungsabend der vergangenen WM an den Rand einer Niederlage gebracht hatte. „Für Kevin Doets war es vergangenes Jahr offensichtlich ein Vorteil, weil er im ersten Match okay und absolut brillant im zweiten gespielt hat. Ich spiele beispielsweise besser, je länger der Abend wird“, schob der 29-Jährige hinterher.
Äußerst radikal hatte sich zuletzt Kim Huybrechts, der sich mit einem 1:3 gegen Keane Barry am Sonntag direkt in der ersten Runde verabschiedete, zu dem Thema geäußert. Der Belgier hatte es im Podcast Double Top als „skandalös“ und „inakzeptabel” bezeichnet, dass ein Spieler zweimal an einem Abend antreten muss. „Das ist, als würde Club Brügge in der Champions League einen Punkt gegen Manchester City holen und direkt danach gegen Liverpool spielen", verglich „The Hurricane“.
Die Statistik spricht eine deutliche Sprache. Tatsächlich war es für den Weltmeister selten knapp. Lediglich John Part musste sich als einziger mal geschlagen geben.
Zoff-Thema ab 2026 erledigt?
Doch die Diskussion könnte sich ab der WM 2026 ohnehin erübrigt haben. „Wahrscheinlich brauchen wir uns darüber nicht noch einmal Gedanken machen, weil es vielleicht nicht mehr vorkommen wird“, blickte Humphries voraus.
Er spielte damit auf die Ankündigung von Ex-PDC-Boss Barry Hearn an, die Weltmeisterschaft auf 128 Spieler auszuweiten. Dann müssten auch die 32 gesetzten Stars in Runde eins ran. „Damit ist ein solcher Ablauf in Zukunft gar nicht mehr nötig“, schloss Humphries seine Argumentation.
Womöglich war Tricole also der letzte Leidtragende einer umstrittenen Regelung, die es laut Huybrechts „in keiner anderen Sportart gibt.“