Das Finale der Super League wird Kai Gotthardt wohl nie vergessen: Beim Jubeln über die Qualifikation für die Darts-WM zog er sich eine blutige Nase zu.
Deutscher Debütant lässt tief blicken
Doch seine unfassbar große Freude konnte auch dieser Zwischenfall nicht trüben. Die erstmalige Qualifikation könnte für Gotthardt auch den endgültigen Durchbruch für seine Darts-Karriere bedeuten. Gerade am Oche des legendären Alexandra Palace ging für viele Spieler ihr Stern erst so richtig auf.
Im SPORT1-Interview gibt der 29-Jährige Einblicke in die Ziele für sein Ally-Pally-Debüt und verrät, wie er es so weit geschafft hat, obwohl der Weg nicht immer einfach war.
„Noch nicht so richtig“ realisiert
SPORT1: Herr Gotthardt, Sie sind bei der PDC-Darts-WM 2025 dabei. Haben Sie schon realisiert, dass sie es zur WM geschafft haben?
Kai Gotthardt: Realisiert habe ich es noch gar nicht so wirklich. Ich glaube, das kommt dann erst, wenn ich mich auf den Weg nach London mache. Es ist im ersten Moment aber ein unglaubliches Gefühl gewesen, als der Matchdart drin war und es ist natürlich ein Traum in Erfüllung gegangen.
SPORT1: Wie können wir uns die sportliche Vorbereitung auf die WM bei Ihnen vorstellen?
Gotthardt: Ich trainiere meine zwei bis vier Stunden am Tag und nehme an Turnieren wie der Modus Super Series teil.
„Ich glaube an mich“
SPORT1: Sie treffen in der ersten Runde auf Alan Soutar. Haben Sie schonmal gegen ihn gespielt? Was erwarten Sie von der Partie?
Gotthardt: Gegen ihn gespielt habe ich noch nicht. Er ist natürlich ein starker Spieler, vor allem ein guter WM-Spieler und hat immer gute Leistungen im Ally Pally abgerufen. Ich glaube, die letzten Monate war er nicht ganz so gut unterwegs. Aber er hat Mitte des Jahres auch ein Players-Championship-Turnier gewonnen. Das wird ein schweres Spiel in der ersten Runde. Aber ich glaube an mich und gucke auf mein Spiel.
SPORT1: Sie haben ihre Leistung in den letzten Jahren extrem gesteigert, haben zudem auch im E-Dart die Europameisterschaft gewonnen. Was ist aus Ihrer Sicht der Hauptgrund für die Erfolge?
Gotthardt: Vor allem meine Sponsoren und mein Management. Dadurch konnte ich die Challenge-Tour und auch die Pro-Tour spielen und da viele Erfahrungen sammeln. Das spielt natürlich eine große Rolle.
Gotthardt blickt zu Price hinauf
SPORT1: Gibt es PDC-Spieler, zu denen Sie besonders hinaufschauen?
Gotthardt: Da würde ich Gerwyn Price nennen. Der ist etwas emotionaler – so wie ich. Deswegen gefällt er mir besonders gut.
SPORT1: Sie haben es geschafft während der Super League Ihre Emotionen zu zügeln und ruhig zu bleiben. Erst nach ihrem Triumph brach es aus Ihnen heraus. Gehört das inzwischen auch zu Ihrem Spiel dazu?
Gotthardt: Ja, das gehört mittlerweile auf jeden Fall dazu. Das hat mich auch mental viel stärker gemacht. Deswegen habe ich auch die Drucksituationen in der Super League in jedem Decider gut überstanden.
SPORT1: Haben Sie schon Pläne für 2025? Oder liegt die volle Konzentration nur auf der WM?
Gotthardt: Nein, der Fokus liegt erstmal auf der Q-School. Das ist für mich ganz klar, man will die Tour Card haben. Ohne die kommt man nicht wirklich voran. Wenn man die Tour Card verliert, muss man wieder in die Challenge-Tour, deshalb arbeite ich auf die Tour Card hin.
Gotthardt setzt auf Mentaltrainer
SPORT1: Sie haben alle vier K.o.-Matches in der Super League im Decider für sich entschieden. Haben Sie ein besonderes Rezept, wie man gerade in solchen Drucksituationen seine beste Leistung abruft?
Gotthardt: Ich hatte einfach die besseren Nerven in dem Moment und bin ruhig geblieben, was ich in den Jahren zuvor oftmals nicht war. Ich glaube, das war der Schlüssel zum Erfolg.
SPORT1: Haben Sie mit jemandem zusammengearbeitet oder selbst gemerkt, ich muss mich da zurückhalten und ruhiger werden?
Gotthardt: Ich habe einen Mentalcoach, Richard Weese, der hat mir viel weitergeholfen. Aber es geht natürlich auch viel von einem selbst aus und das ist erst mal das A und O.
SPORT1: Sind Mentaltrainer die Zukunft des Darts?
Gotthardt: Es wird sich auf jeden Fall häufen, dass die Spieler Mentaltrainer haben oder den Rückhalt bei Freunden suchen. Man steht immer mehr unter Druck und es wird in Zukunft bestimmt nicht einfacher.
„Hat mich ein bisschen gebrochen“
SPORT1: Wie würden Sie Ihre eigene Entwicklung beschreiben?
Gotthardt: Vor drei Jahren habe ich die Tour Card knapp im letzten Spiel verpasst. Das hat mich ein bisschen gebrochen. Da habe ich auch ein Jahr Pause gemacht und mich vom Steeldarts zurückgezogen. Das war ein Knackpunkt.
SPORT1: Was erwarten Sie von der Atmosphäre im Ally Pally und dem Erlebnis Darts-WM?
Gotthardt: Man kennt es natürlich aus dem Fernsehen, da ist immer die Hölle los. Die Fans sind gut drauf und ich freue mich einfach darauf. Ich mache mir da überhaupt keinen Kopf darüber.
SPORT1: Ist da auch ein gewisser Respekt? Oder wie bereiten Sie sich auf die Atmosphäre vor?
Gotthardt: Ich kann da natürlich nur von meiner Seite sprechen. Für mich ist es Freude, die überwiegt. Ich freue mich auf die Stimmung.
SPORT1: Die vergangenen zehn bis 15 Jahre waren nicht nur von Erfolg gekrönt, da waren auch einige herbe Niederlagen dabei. Was ist Ihre Motivation, immer weiterzumachen und nie aufzugeben?
Gotthardt: Vor allem der Glaube an mich selbst und natürlich auch die Leute, die hinter mir stehen und mir immer gut zugeredet haben. Aber der Glaube an mich selbst, das war es, weil ich immer gewusst habe, dass da irgendwas ist. Es musste nur der Punkt kommen, wo es Klick macht.