Niko Springer hatte sich unglaublich schnell wieder gesammelt. Leicht enttäuscht, aber stolz und gefasst stellte sich der deutsche WM-Debütant (Die Darts-WM täglich LIVE auf SPORT1) den Fragen der Journalisten, obwohl er nur wenige Minuten vorher einen packenden Krimi im Ally Pally gegen Scott Williams, Halbfinalist des Vorjahres, mit 1:3 verloren hatte.
Selbst England staunt
„Mir war wichtig, dass ich einfach gut spiele und mich gut verkaufe. Damit kann ich dann am Ende auch gut leben“, resümierte der „Meenzer Bub“ bei SPORT1.
Der 24-Jährige hat sich bei seinem ersten Auftritt auf der größten Darts-Bühne der Welt sogar mehr als gut verkauft. Mit 98,92 Punkten warf er einen der besten Drei-Dart-Averages der bisherigen Weltmeisterschaft. Sieben 180er gelangen ihm, bittere Bouncer verhinderten ein paar mehr. Nur die Doppelquote von 23,33 Prozent war ausbaufähig, was er auch selbst konstatierte.
„Ich höre hier ganz oft, ich sei das größte deutsche Talent“
Und dennoch unterhielt Springer nicht nur das deutsche Publikum vor den Fernsehern, auch die Journalisten staunten über den Emporkömmling. „Ich höre hier ganz oft, ich sei das größte deutsche Talent. Natürlich ist das schön zu hören und eine Bestätigung. Ich weiß das sehr zu schätzen“, betonte der Youngster auf der Pressekonferenz auf die Vorschusslorbeeren aus England angesprochen.
Und auch der Sieger hatte warme Worte für ihn übrig. „Seine Fähigkeiten sind unglaublich. Schon im Practice Room hat er 180er in Serie geworfen. Wow! Er wird seinen Weg gehen“, prophezeite Williams bei der PK.
Dieser Weg führt Springer im kommenden Jahr auf den Profi-Circuit der PDC. Durch ein phänomenales Jahr auf der Development Tour, der Nachwuchsserie der Professional Darts Corporation, sicherte sich der Mainzer für zwei Jahre eine Tourkarte.
Springer will auf Pro Tour angreifen
„Ich habe vor, die ganze Tour zu spielen. Ich werde meine Arbeitszeit reduzieren. Mir war immer wichtig: Schule, Ausbildung und dann ist immer noch Zeit für Darts“, erklärte er bei der PK auf Nachfrage von SPORT1. Seine Lehre zum Justizfachwirt ist seit Oktober 2023 abgeschlossen. Nach einem Jahr Einarbeitungszeit will sich Springer, der sich bewusst und überlegt Schritt für Schritt zum Darts-Vollprofi entwickelt, seine Karriere mit den drei Pfeilen nun intensiver vorantreiben.
Seine Anlagen, sein Mindset und vor allem seine Leistungen bei sämtlichen Serien und Turnieren, die er bislang mitgespielt hat, deuten darauf hin, dass ihm eine große Zukunft winkt.
Auch, weil er sich durch fast nichts aus der Ruhe bringen lässt. Williams ließ sich etwa in der Anfangsphase des Matches aufreizend viel Zeit und kommunizierte mit den Fans. „Es hat mich nicht beeinflusst, aber ich habe es mitbekommen. Gerade in den ersten zwei Legs fand ich es extrem“, erklärte Springer auf SPORT1-Nachfrage zum Verhalten des Engländers und ergänzte: „Aber ich habe aus den letzten Jahren dazugelernt und mir gedacht: ‚Bleib bei dir selber, lass dich nicht auf Spielchen ein!‘ Ich wusste aus dem Vorfeld, dass er auf der Bühne eher extrovertiert ist, auch mit seiner No-Look-180. Ich habe mich darauf eingestellt, deswegen hat es mich nicht gestört.“
Ally Pally? „Ich war erstmal ein bisschen geschockt“
Auch mit der speziellen Atmosphäre im Ally Pally ist der Deutsche gut klargekommen, da er einen Tag vor seinem Debüt bereits in der West Hall des Palastes im Norden Londons reinschnupperte. „Wir waren fast die ganze Zeit backstage. Wir sind praktisch zum Neun-Darter (von Christian Kist; Anm. d. Red.) rausgekommen und dann habe ich die volle Lautstärke der Halle aufgreifen können. Ich war erstmal ein bisschen geschockt“, gab Springer zu.
Um zur WM zurückzukehren, muss sich Springer ab Februar bei den Profis beweisen. Doch die deutsche Zukunftshoffnung wirkte zuversichtlich, dass es nicht bei dem einen Mal Ally Pally bleiben wird.
„Vielleicht sieht man mich hier in naher Zukunft nochmal“, hielt Springer mit einem Lächeln fest.