Die Optik des Peter Wright passt auf die schillerndste Darts-Bühne der Welt wie wohl keine zweite. Die Bühnenfigur des Schotten und diese riesige Aufmerksamkeit rund um den Ally Pally, in der sie sich pudelwohl fühlt, das harmoniert. 2020 und 2022 feierte er hier seine beiden WM-Titel, düpierte seine Gegner phasenweise und führte sie mit regelmäßigen Pfeiltausch-Aktionen sinnbildlich durch die Manege.
Rettet der „Ally Pally“ Peter Wright?
Was davon vor seinem ersten Auftritt bei der Darts-WM 2025 (LIVE im TV auf SPORT1, im LIVESTREAM und LIVETICKER) gegen den Niederländer Wesley Plaisier am Dienstag mit dem hart umkämpften Sieg übriggeblieben war? Ein Schatten seiner selbst. Kein einziges Major-Finale im Jahr 2024. Kein Platz mehr unter den besten 16 der Order of Merit. Und erstmals seit über anderthalb Dekaden nicht mehr der beste Schotte. Es kriselt gewaltig im Hause Wright. So könnte ausgerechnet die WM-Bühne des Londoner Alexandra Palace das Jahr bei einem frühen Aus endgültig zum Fiasko werden lassen!
Wright: „Das ist ärgerlich“
„Ich habe meiner Meinung nach nicht wirklich gute Darts gespielt, um ehrlich zu sein. Und die Statistik sagt das auch“, gesteht sich Peter Wright im SPORT1-Interview ein: „Das ist ärgerlich, weil ich glaube, dass ich immer noch mit all den großen Namen mithalten kann. Aber es ist so, dass ich nur hin und wieder auftauche.“
Hin und wieder? Eine wohlwollende Formulierung für einen, der auf dem Darts-Zirkus beinahe alle Titel abgeräumt hat, die es so zu gewinnen gibt. Einzig der Sieg des German Darts Championship auf der European Tour in Hildesheim gab in diesem Jahr Grund zur Hoffnung. Sonst folgte eine Ernüchterung auf die andere, reihenweise flog Wright in den ersten beiden Runden bei Majors raus - teils mit blamablen Averages.
Wie also will er das Schlamassel rechtzeitig vor der Darts-WM überwinden? „Entweder muss man weitermachen oder aufhören und sich zur Ruhe setzen“, bilanziert Wright bei SPORT1. Klingt das bereits nach dem anstehenden Karriereende oder zumindest nach einer zeitlich nicht genauer bezifferten Pause? Es wäre nicht das erste Mal, dass die WM zum Scheidepunkt in der Karriere des 54-Jährigen wird.
Im heimischen Wohnzimmer der umgebauten Scheune wurde einst in Abstimmung mit Ehefrau Joanne entscheiden, dass schon die WM 2014 die letzte sein sollte: zu gering das Preisgeld, zu groß der Aufwand. Doch Wright zog sensationell ins Halbfinale ein – und erspielte über das folgende Jahrzehnt hinweg Preisgelder, die zum Leben reichten. Mehr als das. Und in diesem Jahr?
„Ich trainiere mehr, weil ich in den letzten Jahren nicht wirklich viel am Board stand, und das hat sich gezeigt. Also trainiere ich jetzt wieder. Ich hoffe, dass sich das auszahlt und ich wieder Majors gewinnen kann.“ So simpel lautet also das geplante Erfolgsrezept, es soll also weitergehen. Sein persönlicher Startschuss fiel nun gegen Plaisier - und Wright hielt dem Druck stand.
Wright weiß: Fast jeder könnte ihn derzeit schlagen
Peter Wright jedenfalls ist gewarnt, denn er weiß auch, dass sich das Niveau auf der Tour stetig verbessert hat, bei der WM indes – bis auf wenige Ausnahmen – jeder Spieler ein Niveau zu spielen imstande ist, mit dem er Wright bezwingen kann: „Es erfordert viel. Du musst ein besserer Spieler werden als vorher, weil die Anforderungen so hoch sind.“
Gerade die junge Generation um Luke Humphries und Luke Littler, die Wright beide auch in diesem Jahr zum engeren Favoritenkreis zählt, mache Druck, leiten gar einen „Generationenwechsel“ ein: „Es gibt eine Wachablösung, aber es liegt an dir selbst, oben zu bleiben.“ Oben, ganz oben. Das ist der Ort, den Peter Wright erneut erklimmen will, den WM-Thron: „Natürlich will ich wieder gewinnen, zum dritten Mal. Und ich glaube, dass ich das kann.“
Es scheint wie ein aus der Zeit gefallenes Statement des Peter Wright.
Vor wenigen Jahren noch hätte man gesagt ‚Ja, der kann das gewinnen.' Inzwischen zweifeln einige daran. Doch das Selbstverständnis hat sich über die Jahre hinweg nicht geändert: „Ich gehe raus und spiele Darts für mich, für mein Leben und für meine Fans.“
Und vielleicht kann ja die WM mit der schillernden Bühne im Londoner Alexandra Palace wieder eine Erleuchtung für Wright werden, eine Erlösung, und der Karriere abermals eine irre Wendung geben. Wie schon vor elf Jahren.