Weltmeister, Nummer-1 der Weltrangliste, mehrere weitere Turniersiege: Das Darts-Jahr 2024 hätte für Luke Humphries kaum besser laufen können.
„Will zu den Besten aller Zeiten gehören“
„Cool Hand Luke“ gehört längst zu den absoluten Darts-Superstars und dominiert regelmäßig. Trotzdem scheint sein Finalgegner von 2024, Luke Littler, noch mehr im Fokus zu stehen.
Wie er selbst den Hype um „The Nuke“ erlebt, welche Ziele er für die Zukunft hat und warum er zuversichtlich ist, seinen Titel bei der Darts-WM zu verteidigen, erklärt der amtierende Weltmeister im SPORT1-Interview.
SPORT1: Herr Humphries, sie spielen das ganze Jahr über Darts. Wie hart ist das? Wie viel Disziplin brauchen Sie dafür?
Luke Humphries: Ja, ich denke, es ist hart. Und ich verstehe jetzt, woher Michael (Anm.: Michael Smith) letztes Jahr kam. Wenn man Weltmeister ist, erwartet danach wirklich jeder von dir, dass du alle Turniere gewinnst. Das macht es sehr, sehr schwer. Zu Beginn des Jahres habe ich versucht, mir bewusst zu machen, was ich schon alles erreicht habe. Da habe ich mir gesagt: Ich bin Weltmeister. Das muss ich jetzt auch wirklich genießen, gerade weil es wohl nicht für immer so sein wird. Deshalb muss man den Moment einfach viel mehr genießen. Danach habe ich mich viel besser gefühlt und es kam auch der Spaß wieder zurück. Wenn man in unserem Sport Spaß am Spielen hat, ist man unglaublich gefährlich. Ich glaube, es war gut, dass ich meine Lehren daraus gezogen habe, was mit Michael im letzten Jahr passiert ist und mir gesagt habe: Ich werde bestimmt nicht alle Turniere gewinnen, auch wenn ich es dann doch fast geschafft habe, und so wurde ich einfach entspannter. Ich glaube, das war der Schlüssel, warum es trotzdem so gut lief. Wenn man Weltmeister ist, muss man sich danach einfach entspannen und darf sich nicht von seinen Emotionen leiten lassen. Wenn man sich zu sehr anstrengt und verkrampft, kann das passieren, was Michael passiert ist. Dann hat man zu kämpfen.
Humphries: „Möchte zu den Besten aller Zeiten zählen“
SPORT1: Der Weltmeister-Titel aus dem vergangenen Jahr ist etwas, dass Ihnen niemand mehr nehmen kann. Wenn Sie nun darüber sprechen, wie gut dieses Jahr gelaufen ist: Arbeiten Sie aktuell daran eine Legende zu werden?
Humphries: In gewisser Weise ja. Ich meine, natürlich möchte ich zu den Besten aller Zeiten zählen, wenn ich irgendwann in 15 oder 20 Jahren aufhöre. Das ist natürlich eines meiner Ziele. Ich habe schon alles erreicht, was ich erreichen wollte. Das war, Weltmeister zu werden, das World-Matchplay zu gewinnen und den World-Cup zu holen. Das sind glaube ich die prestigeträchtigsten Titel, die man im Darts gewinnen kann. Natürlich möchte ich immer noch die Premier League, die European Championship oder die UK-Open gewinnen. Wenn ich meine Karriere aber nicht mit diesen Erfolgen beende, wäre das kein Weltuntergang für mich. Die drei Erfolge, die ich habe, bedeuten mir die Welt. Jetzt zählt es für mich noch so viel, wie möglich zu gewinnen. Natürlich werde ich versuchen wieder Weltmeister zu werden oder vielleicht auch mal mehrmals hintereinander Weltmeister zu werden. Sollte mir das gelingen, werde ich ganz sicher zu den Größten aller Zeiten gehören. Das ist da Ziel für mich. Wenn ich mich zur Ruhe setze, will ich einer der Besten aller Zeiten sein.
SPORT1: Back-to-Back-Weltmeister können Sie schon bei dieser WM werden. Sind Sie zuversichtlich, dass Ihnen das gelingen kann?
Humphries: Ich bin sehr zuversichtlich. Ich denke, der Schlüssel ist, dass ich es schon einmal geschafft habe. Dann weißt du, du kannst es wieder tun. Und das ist eine Schlüsselsache im Dartssport. Also ja, ich bin sehr zuversichtlich, dass ich es schaffen kann. Aber einen Weltmeistertitel zu gewinnen ist eines der schwierigsten Dinge, die es gibt. Man muss perfekt sein. Man muss Glück haben und alles muss richtig laufen. Und das hat bei mir letztes Jahr funktioniert. Ich hatte im richtigen Moment Glück, aber ich habe auch großartige Darts gespielt, gerade zum Ende des Turniers. Wenn ich das nochmal genauso hinbekomme, habe ich gute Chancen, aber schauen wir mal.
Humphries ehrlich: Hype um Littler auch gut für mich
SPORT1: Spätestens nach ihrem WM-Titel haben viele Leute gesagt, dass es jetzt endgültig zu einem Generationen-Wechsel im Darts kommt. Würden Sie da zustimmen?
Humphries: Ich denke, dass dieser Wechsel auch ohne meinen Sieg gekommen wäre und beispielsweise nur ins Finale gekommen wäre. Ich glaube, es gibt eine neue Generation an Top-Spielern. Wenn man sich die Top 32 der Welt im Vergleich zu der vor zehn Jahren anschaut, dann sieht man dort viele unter 30-Jährige. Und ich denke, das ist einfach ein Verdienst der PDC. Sie haben mit der Development-Tour und der Challenger-Tour viel bewegt. Das erlaubt den jüngeren Spielern sich öfter zu messen und auch an den Herausforderungen zu wachsen. Sie können sich so auch an die großen Bühnen in einem jungen Alter gewöhnen. Also ja, ich denke, es gibt einen Generationswechsel im Sport, der auch ein Wechsel zum Besseren ist. Ich denke, dass es jüngere Spieler anzieht, hierherzukommen und zu spielen. Als ich anfing, ernsthaft zu spielen, war ich etwa 18 Jahre alt. Heute gibt es Kinder, die mit elf oder zwölf Jahren ernsthaft spielen. Es gibt also jetzt eine andere Art von Generationsunterschied. Und in den nächsten zehn Jahren wird der Sport wahrscheinlich voll mit unter 25-Jährigen sein. Ich denke, das ist eine gute Sache.
SPORT1: Neben Ihnen hat in diesem Jahr auch Luke Littler brilliert. Es war also in gewisser Weise das Jahr der Lukes. Gab es Momente, in denen Sie sich gewünscht hätten, dass der Hype rund um Littler ein Jahr vor oder nach ihrem großen Triumph hätte passieren können?
Humphries: Ehrlich gesagt bin ich froh, dass ich im Finale gegen ihn gespielt habe. Ich denke nicht, dass es so viel Trubel rund um meine Person gegeben hätte, wenn er nicht da gewesen wäre. Hätte ich gegen einen anderen Spieler gespielt, hätten das Finale vielleicht nur 1,5 Millionen Zuschauer angeschaut. Aber weil ich gegen Luke gespielt habe, haben 4,8 Millionen Menschen dieses Finale gesehen. Es wissen also viel mehr Leute, wer ich bin. Dadurch habe ich bestimmt auch mehr Fans bekommen. Die Leute fangen an, dich für das zu mögen, was du bist, für die Art, wie du spielst. Also ja, ich denke, es war eine gute Sache, um ehrlich zu sein. Es ist auch gut für den Sport. Rund um Luke gibt es einen riesigen Hype und auch um mich gibt es einen kleinen Hype. Ich habe viele neue Fans, die mich gerne spielen sehen und mich unterstützen. Es baut den Hype auf, aber ich habe auch ein bisschen Hoffnung, denn ich habe jetzt viele Fans und viele Leute, die mich unterstützen, und viele Leute, die mich spielen gesehen haben. Das ist gut. Es ist gut für den Sport. Wir haben jetzt zwei wirklich gute Spieler, die sich auf hohem Niveau messen. Das ist fantastisch für den Sport und ich denke, er wird in Zukunft noch deutlich mehr wachsen. Ich denke, das wird noch weiterwachsen. Alle anderen Spieler hinter uns werden jetzt auch versuchen uns zu jagen.