Er ist der Nachfolger von Luke Littler! Der Deutsche Niko Springer hat sich als Zweiter der Development Tour der PDC für die Darts-WM in London qualifiziert, im vergangenen Jahr setzte sich noch das englische Wunderkind über diesen Weg durch.
Die deutsche Antwort auf Littler
Der Rest ist Geschichte, nun darf der „Meenzer Bub“ als einer von sechs Deutschen die Bühne im Darts-Mekka rocken. Am Donnerstag wird Springer im dritten Match der Abendsession (ab ca. 22.15 Uhr LIVE auf SPORT1) auf den Vorjahres-Halbfinalisten Scott Williams treffen.
Im SPORT1-Interview verrät der 24-Jährige vor seinem WM-Debüt, wie er sich auf den Alexandra Palace vorbereitet hat, was ihm Selbstvertrauen gibt – und welche bekannten Fußballer ihm die Daumen drücken.
SPORT1: Herr Springer, Sie sind einer von zwei diesjährigen Debütanten aus Deutschland. Wie groß ist die Vorfreude auf „das erste Mal Ally Pally“?
Niko Springer: Riesengroß! Lange Zeit konnte ich es nicht so ganz realisieren, aber spätestens mit der Auslosung stieg die Vorfreude immer weiter. Ich kann es nicht abwarten, endlich auf der Bühne zu stehen.
SPORT1: In Runde Eins treffen Sie auf Scott Williams. Der stand vergangenes Jahr im WM-Halbfinale, bringt eine gewisse Präsenz mit. Wie bereiten Sie sich explizit auf ihn vor?
Springer: Ein Vorteil ist, dass ich schon zweimal gegen ihn gespielt habe: Ich konnte einmal gewinnen, und habe einmal verloren. Ich weiß genau, was auf mich zukommt und versuche bei mir zu bleiben und einfach das Ganze ruhig anzugehen.
SPORT1: Sie wirken sehr fokussiert, wie verlief die Vorbereitung auf die WM? Haben Sie da etwas Spezielles ausprobiert?
Springer: Ich will mir gar nicht zu sehr in die Karten schauen lassen. Ich mache nicht viel anders als im Training vor jedem anderen Turnier. Ich versuche, mir selbst nicht zu viel Druck zu machen. Ich bin ein Spieler, der über das Gefühl kommt. Das heißt, Training ist für mich essenziell und ich fühle mich gut vorbereitet und bin gespannt.
SPORT1: Ihr Bruder, Felix Springer, hat einen nahezu identischen Wurfstil und auch genau dasselbe Setup wie sie: gleicher Pfeil, gleiche Flights. Haben Sie auch vor der WM zusammen trainiert?
Springer: Ja, Felix ist ein fester Trainingspartner von mir. Das bietet sich an, wenn wir beide in Sieversheim wohnen und auch beide die gleiche Arbeit haben. Ich versuche, ihm viel mitzugeben. Er ist auf einem guten Weg. Ansonsten habe ich meine festen Trainingspartner, aber keine festen Trainingstage, das variiert immer ein bisschen, bedingt dadurch, dass ich noch Vollzeit arbeiten bin.
Springer: „Ich werde nicht All-In gehen“
SPORT1: Gab es mit der WM-Qualifikation nicht die Überlegung, alles auf die Karte Darts zu setzen?
Springer: All-In werde ich auf keinen Fall gehen, dafür bin ich eher Team Sicherheit. Mir ist es wichtig, etwas in der Hinterhand zu haben. Die Tourcard hat mir natürlich viel Planungssicherheit gegeben. Ich konnte dann viele Gespräche führen, mich auch so ein Stück weit beraten lassen: Ich werde meine Arbeitszeit verringern. Ich werde die nächsten zwei Jahre nutzen, um die ganze Tour zu spielen, um mir das Ganze anzuschauen, die Erfahrungen zu sammeln und mich mit dem Besten der Welt messen zu dürfen.
SPORT1: Bei Ihnen sticht insbesondere das Power-Scoring ins Auge. Ist das Ihr großer Vorteil gegenüber ihren Gegnern, dass Sie im Stande sind, so viele 180er und 140+ Aufnahmen zu werfen?
Springer: Ich denke schon, dass mein Scoring seinen Teil dazu beiträgt. Ich versuche immer, möglichst von Anfang an, den Gegner unter Druck zu setzen. Wenn der erste Dart gut steckt, ist es für mich schon deutlich leichter eine 180 oder auch eine 140 zu werfen als für manch andere. Ich würde aber auch sagen, dass mich das Mentale auszeichnet, ich gebe eigentlich nie auf.
SPORT1: Für den Kopf wird die WM sicher keine leichte Situation. Sollten Sie gegen Scott Williams bestehen, wartet mit Rob Cross ein ehemaliger Weltmeister. Haben Sie schon einmal gegeneinander gespielt?
Springer: Bisher nur einmal auf einer Gala in Mainz, da konnte ich ihn auch besiegen (schmunzelt). Aber ich konzentriere mich erstmal auf mein erstes Spiel, das wird schon schwierig genug. Ich will meinen Blick gar nicht so weit in die Zukunft werfen, sondern jetzt erstmal Scott Williams im Kopf haben. Das hat auch ein bisschen was mit Respekt zu tun, da niemanden auszublenden.
SPORT1: Der Modus bei der WM ist ja ein ganz besonderer: Wir spielen nach Gewinnsätzen. Haben Sie das schon einmal gespielt?
Springer: Im Turnier noch nicht. Aber im Training versuche ich das vermehrt einzubauen. Es ist eine deutlich andere Nummer als im Leg-Modus. Deswegen war es mir schon wichtig, das einzubauen. Aber ich komme ganz gut damit klar.
Vom Spieleabend in den Ally Pally
SPORT1: Lassen Sie uns einen Schritt zurück machen. Erzählen Sie, wie kamen Sie zum Darts?
Springer: Ich komme eigentlich aus dem Fußball, habe zehn Jahre lang gespielt, musste aber wegen einer Verletzung aufhören. Ich war immer sehr sportbegeistert und mir hat dann irgendetwas gefehlt. Ich war jeden Tag auf dem Fußballplatz. Bei einem Spieleabend hatten wir dann so eine billige E-Dart-Scheibe hängen und da habe ich mal mein Glück versucht und gemerkt, das ist gar nicht so einfach, wie es immer aussieht. Da hat mich einfach der Ehrgeiz gepackt und ich habe dann vermehrt trainiert.
SPORT1: Wie ging es dann weiter?
Springer: Mein Nachbar hat mich mitgenommen zu einem offenen Training bei uns im Ort, und da hat ein Teil von meinem Management, der Micha, mich praktisch entdeckt. Ich weiß nicht, was er gesehen hat, denn das Niveau war noch nicht so hoch, aber er hat irgendwas in mir gesehen und mich dann durch ganz Deutschland mitgenommen zu den Turnieren und mich gefördert. Wir sind jetzt fast neun Jahre lang Schritt für Schritt gegangen und jetzt stehe ich vor meinem ersten WM-Spiel.
SPORT1: Ein langer Weg bis hierhin. Wer begleitet Sie zu ihrem ersten Match auf der Ally-Pally-Bühne?
Springer: Meine Eltern sind auf jeden Fall dabei, meine Freundin und mein Bruder kommen auch mit. Gerade bei meinen Eltern, da war es mir sehr wichtig, dass sie dabei sind bei meinem Debüt, weil sie mich die ganzen Jahre immer sehr gut unterstützt haben. Denen war auch immer wichtig: Erst kommt die Schule, dann die Ausbildung und danach die Darts-Karriere.
SPORT1: Nun steht das erste WM-Match an, Sie werden als „Meenzer Bub“ einlaufen. Wie ist der Spitzname überhaupt entstanden?
Springer: Ich bin in Mainz geboren, fühle mich der Stadt zugehörig. Wir haben früher auch in Mainz gewohnt, da war ich zwar noch klein und habe noch nicht so viel mitbekommen, aber ich habe immer diese Verbundenheit gespürt. Als es dann darum ging, einen Spitznamen zu finden, war es mir wichtig, dass der authentisch ist und ich mich damit wohlfühle. „Meenzer Bub“ passt einfach wie die Faust aufs Auge. Ich bin gerne in Mainz, ob es am Rhein ist oder am Dom. Im Stadion bin ich auch ganz gerne, deswegen hat das perfekt gepasst.
Mit diesem Bundesliga-Spieler ist Springer im Austausch
SPORT1: Es gibt einige Fußballprofis, die die Darts-WM auf SPORT1 begeistert verfolgen. Gibt es da bereits Kontakt zu den Mainzer Spielern?
Springer: Ich habe schon mal mit ein paar Mainzern gedartet. Das war ein Geburtstagsgeschenk meines Managements, eine Überraschung. Ich war eigentlich schon auf dem Weg nach Hildesheim zum Turnier, das war der letzte Trainingstag und auf einmal standen fünf Mainz-Profis in meinem Trainingsraum, das war cool. Ich bin auch ab und zu mal im Austausch mit Lasse Rieß, Torwart von Mainz.
SPORT1: Abseits der Arbeit und vom Darts: Was macht Niko Springer, wenn er noch eine Minute Freizeit findet?
Springer: Fußball spielen würde ich gerne, aber das wird zeitlich ein bisschen schwierig. Ich bin liebend gern im Stadion. Also wenn man mich nicht am Wochenende auf einem Turnier sieht, dann eigentlich immer in der Kurve. Ansonsten ist meine große Leidenschaft das Kochen und Backen. Ich habe schon gesagt, irgendwann werde ich mir mal einen Food-Truck holen und das Ganze nochmal nebenbei angehen. Jetzt wartet aber erst einmal die WM!