Am 2. Januar fliegt Ricardo Pietreczko nach Hause, das Erlebnis Darts-WM endete für Pikachu dabei leider schon vor Silvester. Mit einem Average von unter 80 Punkten im Achtelfinale rauszufliegen, war dennoch gewiss nicht der Anspruch.
Das kann Pikachu aus der WM lernen
Was aber bleibt, ist mit Sicherheit die Gewissheit, dass außer Gabriel Clemens noch nie ein Deutscher weiter gekommen ist im Alexandra Palace. Und eben auch: Die Deutschen stoßen immer weiter in die Weltspitze vor. Beachtliche Leistungen bei der WM, gar Turniersiege auf der European Tour, sind keine Zukunftsmusik mehr, sondern können zur Regelmäßigkeit werden. Dafür müssen jedoch die richtigen Lehren gezogen werden.
Lehre 1: Belastungssteuerung
Gerade weil Pietreczko mit seinem WM-Preisgeld von 35.000 Pfund unter die besten 32 Spieler der Order of Merit vorgestoßen ist, dadurch für mehr Major-Turniere, darunter die Weltmeisterschaft, gesetzt sein wird, und auch den World Cup of Darts an der Seite von Martin Schindler als zweitbester Deutscher absolvieren dürfen wird, muss die Belastungssteuerung beachtet werden.
„Ich bin aufgestanden und alle Knochen haben mir wehgetan. Wahrscheinlich klingt das komisch, wenn das ein 30-Jähriger sagt“, klagte Pietreczko nach der krachenden 0:4-Pleite gegen Nathan Aspinall. Zeugt das von mangelnder Ausgeruhtheit? „Ich habe schon am Morgen gemerkt, dass etwas nicht stimmt“, so Pietreczko weiter.
Die Anzahl an Turnieren - und gerade mit gutem Abschneiden auch die Anzahl an Spielen - wird sich im kommenden Jahr noch weiter steigern. Daher sorgt Pikachu schon jetzt für Ablenkung, verbrachte seine Vorweihnachtszeit mit Freundin Lena auf einem Londoner Jahrmarkt. Weiterhin gilt also: in der frei verfügbaren Zeit den Kopf frei bekommen, so gut es geht.
Lehre 2: Spiele nicht zu schnell abschenken
Nur mit einem befreiten Mindset lässt sich auch um Spiele kämpfen. Im Achtelfinale gegen Aspinall war Pietreczko einige Male auf der Bühne zu sehen, wie er sich von Ausrutschern in die Eins oder die Fünf aus dem Rhythmus bringen ließ, seine eigenen Aufnahmen teils belächelte – oder hilfesuchend in Richtung Anhang blickte. Im Einzelfall klar auf die Tagesform zurückzuführen, im Allgemeinen ein Störfaktor in engen Spielen.
Lehre 3: Niemals mit den Fans anlegen!
Zum Störfaktor können auch die Fans werden, sobald sie nicht für einen Spieler jubeln, sondern den Gegner unterstützen, im schlimmsten Falle gar buhen. Pietreczko legte sich beispielsweise beim Grand Slam 2023 mit dem englischen Publikum bei der Partie gegen Beau Greaves an.
Der Deutsche fasste sich immer wieder an die Ohren, als könne er die Buhrufe des englischen Publikums kaum hören – und stachelte die Zuschauer damit selbstredend nur noch mehr an.
Auch beim WM-Achtelfinale gegen Aspinall buhten einige der rund 3500 Zuschauer im Ally Pally bei Pietreczkos Walk-on. „Ich hatte das Gefühl, dass Ricardo nicht mit der Atmosphäre klargekommen ist“, sagte der Engländer anschließend auf der Pressekonferenz.
Logisch, „The Asp“ zählt mit seinem Walk-on-Song „Mr. Brightside“ zu den absoluten Publikumslieblingen – und doch gilt es, jegliche Reibereien mit den Fans zu vermeiden und eher die „Ohhh, wie ist das schön“-Rufe der immer größer werdenden deutschen Community zu genießen und in Ansporn umzuwandeln. „Er muss daraus lernen. Er stand neben sich. Wenn man diese Erfahrungen ein paar Mal macht, kann man besser damit umgehen“, befand Aspinall.
Lehre 4: WM-Planung - Heim fliegen oder in London bleiben?
Ansporn ist die WM genug. „Jetzt komme ich einfach jedes Jahr eine Runde weiter und dann haben wir in vier Jahren einen deutschen Weltmeister“, flachste Pikachu nach seinem Ausscheiden im SPORT1-Studio. Ein mögliches Problem: die Weihnachtsplanung. Die sicherlich nicht ganz ernst gemeinte Lehre spielt auf Pietreczkos Flugangst an, wegen dieser der Anhang auch die christlichen Feiertage in London verbringen „muss“.
„Es ist hart, so lange hier zu bleiben. Auch wegen der harten Betten. Immer nur im Hotel zu sein, ist echt schwierig“, gestand Pietreczko, der augenscheinlich die heimische Wohlfühlatmosphäre vorziehen würde, im SPORT1-Interview. Heißt: heimfahren über Weihnachten, um ausgeruht in den Ally Pally zurückkehren zu können?
Für einen großen WM-Coup in den kommenden Jahren würde Pikachu die Reisestrapazen sicherlich wohlwollend in Kauf nehmen!