Vor zwei Jahren versetzte Gabriel Clemens ganz Deutschland mit seinem Halbfinal-Einzug bei der WM ins Darts-Fieber - 2024 steht der 41-Jährige gewaltig unter Druck.
"Deswegen war es nicht mein bestes Jahr"
Denn die aktuelle Nummer 27 der Order of Merit muss ab dem 15. Dezember im Ally Pally die große Preisgeld-Summe aus dem Jahr 2022 verteidigen, sonst droht ein Abrutschen in der Weltrangliste.
Im SPORT1-Interview spricht der „German Giant" über den Druck bei der WM, Mentaltraining, Disziplin - und er verrät, warum es zu seiner Hochzeit eine Wurst-Torte mit Maggi-Flaschen gab.
Clemens erklärt seine kuriose Hochzeitstorte
SPORT1: Herr Clemens, im vergangenen Jahr ist viel passiert, sowohl sportlich als auch privat. Sie sind mittlerweile verheiratet, bei Ihrer Hochzeit gab es eine ganz spezielle Torte. Was hatte es damit auf sich?
Clemens: Auf unserer Torte waren zwei Flaschen Maggi obendrauf, eine große Flasche und eine kleine Flasche, die quasi das Brautpaar symbolisiert haben. Und die Torte war aus Lyoner. In Deutschland ist das Fleischwurst, bei uns heißt das Lyoner und daraus hatten wir eine Torte. Bei uns ist alles ein bisschen anders (lächelt).
SPORT1: Wie kam es zu dieser doch ungewöhnlichen Torte?
Clemens: Meine Frau und ich haben uns überlegt: So eine Hochzeitstorte ist immer schwierig, die dann abends noch zu essen, wenn man eh schon viel gegessen und getrunken hat. Deshalb dachten wir uns: So eine Lyoner ist doch eine gute Idee und haben es dann vom Metzger umsetzen lassen.
Darts-WM: „Ich muss meine Chancen einfach nutzen"
SPORT1: Schauen wir sportlich auf ihr Jahr: Wie war es für Sie?
Clemens: Spielerisch war es gar kein so schlechtes Jahr. Eigentlich habe ich vom Average und von den Statistiken gar nicht so schlecht gespielt. Ich habe viele Spiele knapp verloren oder teilweise auch mit der Auslosung ein bisschen Pech gehabt. Dann habe ich oft schon in den ersten Runden gegen Topspieler gespielt. Im Endeffekt ist das jetzt auch keine Ausrede. Ich muss dann einfach meine Chancen, die ich fast in jedem Spiel hatte, dann einfach nutzen. Das habe ich leider nicht immer und deswegen war es nicht mein bestes Jahr.
SPORT1: Sie haben letztes Jahr bei der WM davon gesprochen, dass Sie versuchen, viel an ihrer Mentalität zu arbeiten. Haben sie noch Ihren Mentalcoach?
Clemens: Ja, genau. Das machen wir schon seit Jahren und das ist Teil meiner Arbeit, immer wenn wir gerade Zeit haben. Er ist viel unterwegs, ich natürlich auch. Manchmal ist es alle vier Wochen, manchmal ist es alle zwei Wochen, manchmal jede Woche. Das ist aber wirklich verschieden, wie man gerade Zeit hat.
So läuft die Vorbereitung bei Clemens
SPORT1: Sie haben gerade ihren Arbeitsalltag angesprochen. Wie können wir uns konkret einen Tag in ihrem Leben vorstellen, gerade speziell an einem Turnier-Wochenende?
Clemens: An so einem Turnier-Wochenende passiert nicht viel. Ich stehe morgens auf, gehe duschen und frühstücke dann. Eventuell steht dann ein Medientermin an. Danach ruhe ich noch ein bisschen und bereite mich dann ganz gemütlich vor. Und dann geht es drei, dreieinhalb Stunden vorher in die Halle und dann wird sich warm gespielt und hoffentlich gut performt auf der Bühne.
SPORT1: Und wie sieht ein Tag aus, wenn Sie zu Hause sind, in Ihrem normalen Alltag?
Clemens: Ich stehe relativ früh auf, spätestens um 6:30 Uhr bin ich wach. Dann mache ich mich fertig und fahre ich in der Regel nach Saarbrücken. Da gehe ich am Olympiastützpunkte ein bisschen trainieren und danach geht es dann ins Büro. Das heißt, so zwischen 10:30 und 11 Uhr bin ich dann in meinem Trainingsraum - so bis 16 Uhr oder 16:30 Uhr.
SPORT1: Da steckt dann natürlich unglaublich viel Disziplin dahinter. Das ist bei Ihnen aber nicht nur im Training so, sondern auch bei den Turnieren. Stimmt es, dass Sie in den letzten sieben Jahren alle Players Championship Turniere gespielt haben?
Clemens: Ja, ich habe, glaube ich, alle Turniere gespielt, die spielen konnte. Außer einmal, da habe ich mal eine Quali ausgelassen. Ich muss aber auch sagen, dass ich nicht so oft krank war. Mir ging es zumindest nie so schlecht, dass ich mich dann nicht aufraffen konnte, da hinzufliegen. Das hat bis jetzt immer funktioniert.
SPORT1: Aber gab es da mal auch Tage, an denen Sie dachten: Ich kann einfach nicht? Wo Sie sich dann doch hinschleppen mussten.
Clemens: Ja, die gab es natürlich auch. Aber im Endeffekt ist mein Beruf, wenn ich nicht da bin, verdiene ich kein Geld. Und deswegen ist es halt auch so, dass man sich dann auch mit einer Erkältung oder so dahin bewegt.
Druck bei der Darts-WM? „Der Modus liegt mir"
SPORT1: Würden Sie sich selbst auch als diszipliniert beschreiben?
Clemens: Ja, definitiv, also zumindest, wenn es um die Arbeit geht. Privat bin ich gar nicht so diszipliniert. In meinem privaten Umfeld eher weniger - aber bei der Arbeit schon. Da bin ich auch sehr strukturiert.
SPORT1: Schauen wir auf die WM: Sie haben durch Ihren Erfolg vor zwei Jahren um die 100.000 Pfund zu verteidigen. Macht Ihnen das nicht großen Druck?
Clemens: Gar nicht. Ja klar, man weiß es, man kriegt es ja jetzt auch überall erzählt. Das gehört aber dazu. Ich versuche natürlich, so viel Preisgeld wie möglich zu verteidigen. Wenn es nicht klappt, klappt es halt nicht. Dann geht die Welt auch nicht unter. Man will aber natürlich trotzdem so weit kommen wie möglich. Die WM ist etwas Besonderes. Ich habe gute Erinnerungen an die WM, habe dort auch relativ viele gute Spiele gemacht und der Modus liegt mir. Von daher bin ich sehr positiv.