Der „Bully Boy“ brach in Tränen aus. Während die Fans im Ally Pally den Engländer frenetisch feierten und lautstark seinen Namen skandierten, konnte dieser seine Emotionen nicht mehr zurückhalten.
Mehr verloren als ein Finale
Michael Smith unterlag in einem packenden Finale der Darts-WM 2022 Peter Wright mit 5:7 - ein Finale, in dem er teils brillant gespielt und mehrere Rekorde aufstellte.
Mit 24 perfekten Aufnahmen im 20-er Segment stellte er den Rekordwert von Wright ein, zudem knackte er mit insgesamt 83 „180ern“ die alte Bestmarke von 71 (aufgestellt von Gary Anderson) - eine neue Dimension.
Nichtsdestotrotz: Nicht nur auf seinen ersten WM-, sondern auch auf seinen ersten Major-Titel muss Smith weiter warten.
Nach so einem Turnier immer noch mit leeren Händen dazustehen: Kein Wunder, dass da bittere Tränen flossen.
Smith verlor bereits 2019 Finale der Darts-WM
Es ist das nächste tragische Kapitel in der unvollendeten Geschichte des Michael Smith, der bereits vor drei Jahren im WM-Finale Michael van Gerwen unterlegen gewesen war.
Zwar feierte der in St. Helens zwischen Manchester und Liverpool geborene Smith bereits 15 Turniersiege auf der PDC-Tour - die wirklich großen Endspiele gingen für den englischen Publikumsliebling aber stets verloren. 0:6 lautet seine traurige Bilanz in Major-Finals.
Dabei sah es für den „Bully Boy“ - mit inzwischen 31 Jahren längst kein Junge mehr - in diesem Jahr so vielversprechend aus. Im Gegensatz zu den vergangenen Jahren wirkte Smith mental stärker denn je und ließ sich auch von Rückschlägen gut sichtbar nicht runterziehen.
Auch optisch veränderte sich der U-21-Weltmeister von 2013 stark, neben einem dichteren Bart präsentierte er einen deutlich fitteren Body, nachdem er während des Lockdowns in England erheblich abgenommen hatte. (NEWS: Alles Wichtige zum Darts)
Nicht nur körperlich schien Smith in der Form seines Lebens: Erst schmiss der „Bully Boy“ im Achtelfinale Mitfavorit Jonny Clayton raus, ehe im Viertelfinale sogar Titelverteidiger Gerwyn Price gegen ihn den Kürzeren zog.
Im Halbfinale fertigte der Engländer mit einer echten Machtdemonstration dann auch noch „The Machine“ James Wade ab.
„Bully Boy“ wollte sich Bullen zulegen
Nur im Finale reichte es für den „Bully Boy“ dann einmal mehr nicht - auch wegen der eigenen Nerven. Mit 5:4-Sätzen und 2:0 Legs lag er bereits vorne, ehe er neun der letzten 10 Legs der Partie verlor.
„Wenn ich die WM gewinne, überzeuge ich meine Frau davon. Ich werde ihn ‚Ferdinand‘ nennen, wie in dem Cartoon. Man kann ja nicht zu meinem Haus kommen und keinen Bullen sehen, oder?“, sagte Smith im Interview mit SPORT1.
Daraus wurde jedoch nichts, das Preisgeld von 500.000 Pfund ging an Peter Wright.
Die Bullen-Motivation war dabei nicht die erste Final-Vision von Smith, aus der nichts geworden ist - schon bei der WM 2019 zerschlug sich das schöne Gedankenspiel, als frisch gebackener Weltmeister seine Hochzeit vier Tage später zu zelebrieren. (Darts: PDC Order of Merit - die aktuelle Weltrangliste)
„Michael ist die Zukunft des Dartssports“
Dem „Bully Boy“ war nun nach dem erneut verlorenen Finale gegen „Snakebite“ der Schmerz deutlich anzusehen, er drehte sich zur Wand um, wollte seine Emotionen verbergen.
Dass in Smith, der 20 Jahre jünger als sein Finalgegner Wright ist, ein künftiger Weltmeister schlummert, steht für die meisten außer Frage. „Michael ist die Zukunft des Dartssports, ich fühle heute Abend mit ihm, weil ich in seiner Lage war“, lobte Wright seinen Konkurrenten nach dem Triumph.
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Allerdings darf Smith, der emotional bisher nicht immer der stabilste Profi war, nicht wieder in ein Loch fallen, nachdem er seinem Darts-Traum so nah war - nur um am Ende wieder mit leeren Händen dazustehen.
Gelingt ihm das dieses Mal besser, werden die Darts-Fans bei der WM womöglich Tränen der Freude sehen und aus dem Unvollendeten wird der Vollkommene.