Etwas paralysiert, aber Freude strahlend hat Wunderkind Luke Littler am Sonntagabend die Eric Bristow Trophy in die Höhe gestreckt. Der Gewinn des Grand Slam of Darts war sein erster Major-Titel und ist der nächste Schritt eines Aufstiegs, der bei der anstehenden Weltmeisterschaft (ab dem 15. Dezember live auf SPORT1) seinen vorläufigen Höhepunkt erreichen soll.
Wie soll er zu stoppen sein?
Elf Monate ist es her, dass Littler noch ein Phänomen war, das nur Darts-Kennern ein Begriff war - kaum noch vorstellbar aus heutiger Sicht. Dann reiste der damals 16-Jährige als Junioren-Weltmeister in den Londoner Ally Pally und stellte die Dartswelt auf den Kopf. Er zog ins Finale ein und nur die Nummer eins der Welt, Luke Humphries, konnte ihn stoppen. „The Nuke“ verzauberte seither die Fans und spielte sich in die Elite.
Littler muss sich an neues Leben gewöhnen
„Die Weltmeisterschaft hat mich und meine Familie verändert“, sprach Littler am Sonntag in Wolverhampton das Offensichtliche aus. Sein WM-Märchen war der Startschuss für einen rasanten Aufstieg, den man nicht so häufig sieht.
Binnen kürzester Zeit wurde der Jungstar zum Gesicht des Darts, dessen crossmediale Popularität der ganzen Sportart nochmal einen neuen Schub verpasst hat: „Jetzt sind die Monate vergangen und ich gewöhne mich gerade an alles. Ich werde mich für eine lange Zeit daran gewöhnen müssen.“
Nachdem er das vergangene Jahr in der Order of Merit auf Platz 164 abgeschlossen hatte, sprang der 17-Jährige durch seinen Grand-Slam-Erfolg in der Weltrangliste auf Platz fünf und steht derzeit bei einem Preisgeld von 558.500 Pfund.
In den vergangenen Monaten legte er eine unglaubliche Titelserie hin, denn zwischen Januar und Juli gewann er in jedem Monat einen Pokal - Höhepunkt war dabei der Gewinn der Premier League im Mai. Dort konnte sich Littler im Finale für die WM-Niederlage an Humphries rächen. Vor dem Start der Liga hatte es noch Diskussionen gegeben, ob das PL-Ticket trotz des WM-Märchens zu früh kommen würde, ob die PDC ihr heißestes Eisen der Zukunft nicht verheizen würde.
Littler will in der Order of Merit weiter klettern
Tatsächlich zeigte sich nach der Premier League, dass auch Littler nicht vor Schwächephasen gefeit ist. So schied er jeweils beim World Grand Prix und bei der Europameisterschaft in der ersten Runde aus. Seine Performance beim Grand Slam kam diesbezüglich etwas überraschend und ist gleichzeitig als Ausrufezeichen an die Konkurrenz zu verstehen.
In den kommenden Wochen stehen mit den Players-Championship-Finals (22. - 24. November) und der WM noch zwei Ranking-Events auf dem Plan, wodurch Littler die Chance hat, weiter in der Order of Merit zu klettern. „Es stehen noch zwei weitere Ranglistenturniere an, sodass ich hoffentlich noch ein bisschen höher als fünf kommen kann“, formulierte das Wunderkind seine Ziele.
„Du bist eine Legende“
Zugleich stellte es auch klar: „Natürlich ist meine Major-Bilanz nicht die beste, aber das ist schon okay. Ich wollte nur hierherkommen, weit kommen und ihnen zeigen, dass ich noch da bin.“
Dies gelang dem Engländer ziemlich beeindruckend, denn er gewann zunächst alle drei Gruppenspiele und besiegte seine Gegner im Viertelfinale bzw. Endspiel mit 16:2 und 16:3. Seine Leistungen glichen einer Machtdemonstration. Zudem blieb er in den Duellen gegen Mike De Decker sowie Gary Anderson mental stark und sicherte sich jeweils den Decider. In allen Spielen während des Turniers spielte er einen Average von über 100 Punkten, stellte mit 107 den zweithöchsten Final-Durchschnitt auf und knackte den 180er-Rekord beim Grand Slam (60).
Nach dem Finale versuchte sein Gegner Martin Lukeman lachend zu erklären, weshalb Littler so viel besser war als er: „Er ist ein Witz, er hat so gut gespielt. Er hatte vorher ein Curry gegessen, auf der Bühne Süßigkeiten und einen Booster getrunken... ich nur Wasser.“ Auf X ergänzte er ohne Flapsigkeit: „Sehr gut gespielt, Luke, du bist eine Legende. Es war mir eine Ehre, mit dir die Bühne zu teilen.“
Littler fühlt sich unschlagbar
Littler hat beim Grand Slam bewiesen, dass er sein „Formtief“ überwunden hat und er pünktlich zur heißen Phase des Jahres wieder in Top-Verfassung ist - und auch sein Selbstbewusstsein muss auf die Konkurrenz langsam beängstigend wirken.
Nach dem 16:2 im Viertelfinale betonte er beispielsweise: „Ich fühle mich selbst unschlagbar. Wenn du so gut spielst, hast du natürlich das Gefühl, dass dich niemand aufhalten kann.“
Durch seinen ersten Major-Titel zählt der 17-Jährige direkt zum engeren Favoritenkreis im Vorfeld der WM - zumal in den vergangenen zwei Jahren jeweils der Grand-Slam-Sieger auch Weltmeister wurde.