Seit Peter Wright den Ruf der ewigen Nummer zwei durch seinen ersten Weltmeister-Titel 2020 losgeworden ist, gehört er zu den besten Spielern der Darts-Geschichte.
Wright: „Ich fand es grauenhaft“
Anfang März eroberte der Schotte - vor allem dank seines zweiten Triumphs im Alexandra Palace - auch noch die Spitzenposition der Weltrangliste. Damit erfüllte sich „Snakebite“ seinen größten Traum.
Doch der 52-Jährige hat noch lange nicht genug. Im SPORT1-Interview erklärt Wright, welche ambitionierten Ziele er in seiner Karriere noch verfolgt. Außerdem spricht er über revolutionäre Ideen für die PDC-Tour und er verrät, wie froh er über die Rückkehr der Fans ist und wer der lustigste Spieler auf dem Circuit ist.
SPORT1: Herr Wright, wie zufrieden sind Sie bisher mit dem Verlauf Ihres Darts-Jahres?
Peter Wright: Es war ein Auf und Ab. Die Weltmeisterschaft gewonnen zu haben war exzellent. Dann hatte ich einige gute Auftritte in der Premier League, aber auch einige schlechte. Ein Floor-Turnier konnte ich auch gewinnen, das war gut. Aber es geht darum, die großen Events zu gewinnen. Das ist wirklich schwierig, weil es da draußen so viele fantastische Spieler gibt.
Premier League hat Priorität für Wright
SPORT1: Wenn wir auf das restliche Jahr blicken: Legen Sie den Fokus auf bestimmte Turniere? Welche Ziele haben Sie sich gesetzt?
Wright: Anfang des Jahres habe ich gesagt, dass ich den Fokus auf die Premier League richten möchte. Ich bin noch unter den Top Vier, dort am Ende zu stehen ist unser aller Ziel. Dann werde ich versuchen, sie zum ersten Mal zu gewinnen. Danach werde ich mich darauf konzentrieren, mit „Big John“ Henderson den Titel beim World Cup zu verteidigen. Anschließend geht es darum, auch den Matchplay-Triumph zu wiederholen. Es wird stressig. (lacht) (DATEN: Tabelle der Darts Premier League)
SPORT1: Also schauen Sie von Major zu Major?
Wright: Genau.
SPORT1: Seit geraumer Zeit sind die Fans in jeder Halle zurück. Wie fühlt es sich an, wieder in vollen Arenen zu spielen?
Wright: Während des Lockdowns war es schrecklich. Wo wir gespielt haben, herrschte teilweise Todesstille. Es gab nur den Fake-Lärm, den sie im Hintergrund abgespielt haben. Ich kann nicht für die anderen Spieler sprechen, aber ich persönlich fand es grauenhaft. Es war, als würde man für sich allein in einem Zimmer spielen. Aber jetzt gibt es wieder das Kribbeln, die Nervosität, weil man auch für die Menge spielt. Sie kommen, um dich zu sehen. Es verleiht dir einen gewissen Druck, gibt dir aber auch den nötigen Fokus.
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Fan-Problem im Darts? „Es ist eine Frage des Respekts“
SPORT1: Es gibt dabei allerdings auch einen negativen Aspekt. In den vergangenen Monaten gab es gehäuft Vorfälle, dass Zuschauer Lärm gemacht oder gebuht haben und so Spieler gestört wurden. Gibt es etwas, dass die PDC oder die Spieler tun können, um dieses Problem zu beheben?
Wright: Ich denke, wir können da nichts machen. Es sind nur ein paar dumme Leute, die das machen. Ich weiß nicht, warum sie das machen. Aber wir wünschen uns, dass sie das nicht machen würden. Es ist nicht schön für die Darts-Spieler, die auf der Bühne stehen und versuchen, sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Wir gehen ja auch nicht bei ihrem Job hin und versuchen, sie rauszubringen. Es ist eine Frage des Respekts.
SPORT1: Michael van Gerwen hat in einem Interview vorgeschlagen, ein Turnier einzuführen, bei dem die Legs bei 1001 Punkten starten. Wäre das für Sie interessant, so ein Turnier zu spielen?
Wright: Ja, warum nicht. Es wäre mal etwas anderes. Ich weiß schon, warum er das mag. (lacht) Weil er so ein guter Power-Scorer ist. Bei längeren Legs könnte er sich einen Vorsprung erarbeiten.
Wright mit irrer Turnier-Idee
SPORT1: Haben Sie Ideen für neue Turnierformate oder sind Sie zufrieden, wie die Events aktuell gestaltet sind?
Wright: Ich weiß nicht. Vielleicht sollten sie ein Turnier ins Leben rufen, bei dem jeder Mensch auf der Welt für ein Pfund Startgebühr teilnehmen könnte. Der Gewinner bekommt alles. Jeder spielt nur ein Leg und das ist es. Man spielt nur ein Leg für das gesamte Turnier. (lacht)
SPORT1: In der Premier League ist gut die Hälfte der Saison gespielt. Wie finden Sie das neue Format?
Wright: Ich denke, es ist eine gute Idee. Es funktioniert. Für die Fans besteht die Möglichkeit, ihre Spieler drei Mal an einem Abend zu sehen. Wenn man es schafft, Spiele zu gewinnen, bekommt man mehr Übung auf dieser Bühne. Die Distanz ist auch weder zu kurz noch zu lang. Und es gibt kein Unentschieden mehr. Für viele Fans war es immer so: Uh, ein Unentschieden! Jetzt gibt es immer einen Sieger. Und zusätzlich erhält der Gewinner des Abends einen Bonus (10.000 Pfund, Anm. d. Red.). Das ist ein schöner Anreiz. (NEWS: Alles Wichtige zum Darts)
Wright weiß deutsche Fans auf seiner Seite
SPORT1: Die Playoffs der Premier League werden dieses Jahr im Juni in Berlin vor einer riesigen Kulisse stattfinden. Ist das eine Extra-Motivation für Sie?
Wright: Das ist ein weiterer Grund für mich, das Finale zu erreichen! Ich liebe es, vor ausländischem Publikum zu spielen. Das wäre der Fall, wenn ich die Playoffs erreiche – was ich werde. Ich denke, dass dann mehr Leute auf meiner Seite wären als für die anderen drei Jungs.
SPORT1: Sie genießen es also, Turniere in Deutschland zu spielen?
Wright: Ja, natürlich.
SPORT1: Professionelle Darts-Spieler haben nur wenig Freizeit im Jahr. Gibt es zu viele Turniere, ist das Programm zu hart?
Wright: Wenn es weniger gäbe, könnte man sich beschweren, dass es nicht genug Turniere sind. Es ist gut, dass wir all diese Sponsoren haben und was noch so involviert ist. Möglicherweise ist es für die Youngster, die sich etablieren wollen, gut, denn sie können einen guten Lebensstatus erspielen, wenn es so viele Turniere gibt. Für sie ist es großartig, aber für die ältere Generation ist es schwieriger. Bei mir geht es rauf und runter, deswegen nehme ich mir dieses Jahr auch ein paar Pausen, um für die richtigen Turniere erholt zu sein.
Wright wünscht sich Turnier mit Dreierteams
SPORT1: Würden Sie gerne mehr Team-Turniere wie den World Cup of Darts spielen?
Wright: Für den Druck ist glaube ich eins genug. Aber sie könnten ein Turnier für Dreierteams einführen. Ein Triple-Match als Decider, davor drei Einzel und zwei Doppel-Matches. Das könnte interessant sein.
SPORT1: Wie viele Stunden trainieren Sie jede Woche?
Van Gerwen: Das ist schwierig zu sagen, wenn man unterwegs ist. Drei bis vier Stunden vor jedem Match fährt man zum Veranstaltungsort. Davor übt man noch im Zimmer oder im Trainingsbereich. Ansonsten kommt es immer drauf an. Wenn ich vier, fünf Stunden von einem Turnier nach Hause reise, packe ich mein Gepäck aus und nehme noch meine Pfeile in die Hand. Aber manchmal mag man danach einfach nicht mehr trainieren, vor allem wenn man noch Wäsche waschen muss.
SPORT1: Fallon Sherrock darf bei jedem Event der World Series an den Start gehen. Hat sie diese Einladungen verdient? Finden Sie es gut, dass eine Frau die ganze Serie mitbestreitet?
Wright: Es ist großartig für Frauen-Darts und für die Zuschauer. Wir bringen mit den Top-Spielern das Darts in die ganze Welt, also warum nicht auch mit Frauen. Sie hat im TV fantastische Leistungen gebracht, deshalb wurde sie ausgewählt. Sie hat mich beim Grand Slam bis zum Äußersten gefordert. Davor hatte sie bereits Gabriel Clemens besiegt und dabei 170 Punkte gecheckt. Bei der Weltmeisterschaft hat sie Ted (Evetts, Anm. d. Red.) und Mensur (Suljovic) geschlagen und toll aufgespielt. Insbesondere vor Fernsehkameras zeigt sie, was sie drauf hat. Beim Nordic Masters auf der World Series stand sie bereits im Finale.
„Die Ladies lernen noch“
SPORT1: Glauben Sie, dass es in den kommenden Jahren mehr Frauen schaffen werden, sich eine Tourkarte zu holen?
Wright: Es wird sehr schwierig, weil es dafür Konstanz braucht. Darauf kommt es an. Die Ladies lernen noch, aber sie werden besser und besser. Man sieht das an Beau Greaves, Fallon Sherrock und allen anderen Spielerinnen. Der Standard wird immer höher. Sie befinden sich auf dem richtigen Weg.
SPORT1: Könnten Sie sich daran gewöhnen, die Nummer eins der Welt zu sein?
Wright: Ich gewöhne mich daran. (grinst) Ich muss es nur schaffen, dass ich mich ein wenig von Gezzy (Gerwyn Price, Anm. d. Red.) absetze. Und Michael (van Gerwen), wenn er einen Lauf startet, um wieder zurückzukommen. (PDC Order of Merit: Aktuelle Weltrangliste im Darts)
SPORT1: Welche Ziele haben Sie für den Rest Ihrer Karriere?
Wright: In meiner restlichen Karriere will ich die WM noch dreimal gewinnen, dann hätte ich insgesamt fünf Titel. Noch einmal das Matchplay zu gewinnen wäre schön. Und auch den World Cup fünf Mal zu gewinnen, das wäre super, bevor ich zurücktrete. Die Daumen sind gedrückt. (lacht)
Nervigster Spieler? Wright scherzt über Price
SPORT1: Wer ist der lustigste Spieler auf der Tour?
Wright: Ich weiß nicht… Menschen sind lustig auf ihre Art, es kommt auf den Humor an. Wenn ich wen nennen müsste, dann Dave Chisnall.
SPORT1: Und wer ist der nervigste Spieler?
Wright: Ich würde gerne jemanden nennen, aber das behalte ich für mich. Ich entscheide mich also für Gerwyn Price, weil er fit ist und immer noch Darts spielen kann. (lacht)