Mit Florian Hempel geht bei der kommenden European Championship erneut ein deutscher Newcomer an den Start.
Deutschlands neue Darts-Hoffnung
Als einer von 32 EM-Startern trifft er bei seinem Debüt am Donnerstagabend um 22.30 Uhr (ab 20.15 Uhr LIVE im TV auf SPORT1 und bereits ab 20 Uhr im LIVESTREAM) direkt auf Darts-Superstar Peter Wright, gegen den bereits sein Landsmann Gabriel Clemens vergangenes Jahr seine EM-Premiere gab.
Florian Hempel selbst hat einen kuriosen Werdegang hinter sich: Vom ehemaligen Handballer zum Darts-Profi - und das in nur fünf Jahren. Nun wartet mit der European Championship die ganz große Bühne auf den gebürtigen Dessauer.
Im Interview mit SPORT1 spricht der 31-Jährige über seinen Werdegang, seine Ziele und seine kuriose Berühmtheit in den Niederlanden. (NEWS: Alles Wichtige zum Darts)
SPORT1: Sie besitzen seit dieser Saison die Tourkarte für die PDC. Was hat sich seitdem für Sie geändert?
Florian Hempel: Ich bin jetzt Profi. Ich hatte ein schwieriges erstes halbes Jahr, weswegen ich bis Juni nicht spielen konnte. Das hatte aber persönliche Gründe.
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SPORT1: Die European Championship ist für Sie die erste Teilnahme an einem Major-Event. Wie bereiten Sie sich auf diesen Wettkampf vor?
Hempel: Ich habe keine besondere Vorbereitung für die European Championship. Ich trainiere wie immer. Allerdings weiß ich seit zwei Wochen, dass ich abends spiele. Daher habe ich Trainingseinheiten am Abend eingeführt, damit sich der Biorhythmus darauf einstellen kann. Am Vormittag trainiere ich aber ganz normal weiter.
SPORT1: Mit Peter Wright haben Sie gleich ein echtes Schwergewicht im Darts zugelost bekommen. Überwiegt die Angst, früh auszuscheiden oder die Vorfreude auf ein Duell mit „Snakebite“?
Hempel: Er ist die Nummer zwei der Welt. Da kann es natürlich schnell für mich vorbei sein. Aber es steht die Erfahrung Major Event im Vordergrund. Und ich fahr da auch nicht hin, um Peter Wright von vornherein Glückwünsche zu überbringen. Ich will das Spiel gewinnen. Aber dafür muss dann alles bei mir passen und bei Wright das ein oder andere nicht. Es muss also viel zusammenkommen. Doch falls sich die Tür öffnet, will ich auch durchgehen.
SPORT1: Haben Sie ein Vorbild im Darts? Gehört vielleicht Wright dazu?
Hempel: Ich bin nicht der Typ, der von irgendjemandem Fan ist. Ich bin schon immer meinen eigenen Weg gegangen. Natürlich schaut man sich links und rechts auch mal was ab. Aber ein Fan bin ich nicht. Ich habe Respekt vor den sportlichen Erfolgen und Leistungen der einzelnen Personen. Da gehören Spieler wie Peter Wright, Michael van Gerwen oder Gerwyn Price dazu. Aber auch Spieler von früher wie Phil Taylor oder Raymond van Barneveld.
Van Gerwen ist Favorit auf den Titel
SPORT1: Wen sehen Sie als den großen Favoriten auf den Titel und was dürfen wir von Gabriel Clemens erwarten?
Hempel: MvG ist mal wieder dran. Das sag ich schon das ganze Jahr und irgendwann muss es ja passieren (lacht). Aber grundsätzlich ist es enorm, was für eine Leistungsdichte im Darts herrscht. Da zieht ein Jonny Clayton den Gerwyn Price beim World Grand Prix mit 5:1 im Finale ab – immerhin die Nummer eins der Welt. Daher kann ich da keine wirkliche Prognose abgeben. Gabriel Clemens hat mit Damon Heta auch kein leichtes Los zu Beginn. Der ist in guter Form. Aber wenn Gaga die Runde übersteht – was ich ihm durchaus zutraue – dann sehe ich ihn mindestens im Viertelfinale.
SPORT1: Kurioserweise sind Sie in den Niederlanden schon bekannter als hierzulande. Worauf führen Sie das zurück?
Hempel: Da kommen mehrere Faktoren zusammen. Darts ist in den Niederlanden viel größer als in Deutschland. Dazu habe ich eine geographische Nähe zu den Niederlanden. Daher habe ich viele Turniere im Nachbarland gespielt. Aber nicht nur die Lage hat eine Rolle gespielt. Auch das Angebot und die Qualität der Spieler war für mich von Vorteil. Die Duelle dort haben mich enorm weitergebracht und zu Erfolgen in den Niederlanden geführt. Mit den Erfolgen wurde dann auch mehr über mich in den Niederlanden gesprochen.
SPORT1: In der Super League Darts Germany gelang Ihnen in der Hauptrunde ein 9-Darter. Wie waren die Reaktionen darauf?
Hempel: Es gab Glückwünsche aus allen Richtungen. Ich bin erst der fünfte Spieler in der Geschichte der Superleague Germany, dem das gelungen ist. Da reihe ich mich also bei einigen großen Namen des deutschen Dartssports ein.
SPORT1: Sie haben noch keinen Darts-Spitznamen. Hätten Sie für sich selbst schon einen Favoriten?
Hempel: Es ist eine Tradition im Darts, dass man einen Spitznamen hat. Ich habe mir am Anfang auch oft gedacht, was für mich passen könnte. Aber ich habe noch nicht den Namen gefunden, der für immer zu mir passen würde. Ideen gibt es genug, aber der Passende war eben noch nicht dabei.
Über die Pro Tour zur Weltmeisterschaft
SPORT1: Was sind Ihre weiteren Ziele in dieser Saison bzw. langfristig?
Hempel: Ich will in dieser Saison noch zur Weltmeisterschaft fahren. Das erste halbe Jahr sah es schlecht aus, aber jetzt bin ich nur noch 2.000 Pfund hinter dem letzten Qualifikationsplatz, der Nummer 32. Am liebsten wäre es mir, wenn ich es über die Pro Tour schaffen würde und nicht in den Qualifier müsste. Ich habe in der Pro Tour so viel aufgeholt und habe jetzt noch sieben Turniere Zeit für den letzten Schritt. Da kann ich gelassener rangehen als wenn ich es im Qualifier regeln müsste. Dort findet alles an einem Tag statt und es ist eine Alles-oder-Nichts-Situation. Den Druck würde ich mir gern ersparen.
SPORT1: Sie haben in Ihrer Jugend auch erfolgreich Handball gespielt. Was hat Sie zum Wechsel an die Dartsscheibe bewogen?
Hempel: Ich habe 2016 mit dem Handball aufgehört und danach wollte ich erstmal ein halbes Jahr etwas anderes machen. In zehn Jahren Profisport hatte ich viel verpasst und wollte das nachholen. Danach bin ich nach Köln in eine WG gezogen, wo eine Dartsscheibe hing. Zuerst hatten wir nur spaßeshalber gespielt, aber ich bin da so ein kleiner Ehrgeizling. Dann kam eins zum anderen.
SPORT1: Wo sehen Sie die Unterschiede zwischen Darts und Handball?
Hempel: Darts ist zu 100 Prozent ein anderer Sport. Im Handball hat man das Adrenalin, das einen pusht. Im Darts muss man seine Gefühle im Griff haben und ruhigbleiben. Zwar können positive Gefühle gut sein, aber nicht für mich. In dem Punkt musste ich am meisten lernen und habe hart gekämpft.