Es war eines der emotionalsten Bilder der diesjährigen Olympischen Winterspiele in Peking.
Shiffrins Liebesbrief an toten Vater
Mikaela Shiffrin, der Superstar des alpinen Ski-Zirkus schlechthin, sitzt völlig deprimiert im Schnee. Kurz zuvor war die US-Amerikanerin im Slalom ausgeschieden.
Sie, die große Favoritin, macht schon nach wenigen Sekunden einen gravierenden Fehler und muss ihren großen Gold-Traum in Peking begraben.
Die bitteren Tränen vergoss sie aber aus einem anderen Grund: Es ist die Trauer um ihren verstorbenen Vater, der sie nun nicht mehr trösten konnte.
Shiffrins Vater stirbt bei Handwerksarbeiten
Jeff Shiffrin war bei Handwerksarbeiten am Familienhaus in Edwards, Colorado, vom Dach gefallen und erlag Anfang Februar 2020 seinen schweren Kopfverletzungen.
„Ich würde ihn jetzt wirklich gerne anrufen“, bekannte sie mit zittriger Stimme.
Wie sehr ihr ihr Vater Jeff noch immer fehlt, verriet sie in einem sehr bewegenden Beitrag in der Players Tribune.
„Ich machte den Schrank meines Vaters auf und begrub mein Gesicht in dessen Kleidung. Das war das erste, was ich getan habe, als ich nach dem Tod meines Vaters zurück nach Hause kam“, schrieb sie.
Shiffrin: „Ich dachte an ihn und schluchzte“
„Ich drückte mein Gesicht in seine Hemden und atmete tief ein und aus, dachte an ihn und schluchzte.“
Dann erinnerte sie sich, wie es war, als sie als kleines Mädchen zum ersten Mal in den Schnee durfte. „Der erste Tag, an dem Mama und Papa mich endlich in echtem Pulverschnee auf einem richtigen Berg fahren ließen. Ich war vier Jahre alt“, schrieb die heute 27-Jährige weiter.
Monatelang habe sie zuvor in der Einfahrt die richtige Technik geübt. „Bei meiner ersten Abfahrt stürzte ich kopfüber in einen fluffigen Pulverschneehügel und war so klein, dass ich völlig verschwand. Alles, was man sehen konnte, waren zwei kleine Beine, die aus dem Schnee ragten.“
Es war der Anfang einer Leidenschaft, die sie schließlich bis auf den Thron ihrer Sportart brachte. Bei Olympia 2014 in Pyeongchang holte sie zwei Goldmedaillen. Dazu kommen insgesamt sechs WM-Titel und vier Gesamtweltcup-Siege.
Doch was ist das alles wert – ohne die Anwesenheit eines geliebten Menschen?
„Man kann nicht einmal die flüchtigen glücklichen Momente in seinem Leben genießen, weil sie in einer Realität existieren, in der diese Person nicht mehr da ist“, bedauert sie.
Und dann versucht sie noch zu beschreiben, wie er sich anfühlt, der große Schmerz – und wie sehr er sie mitnimmt.
„Es ist, als hätte man eine Verletzung in der Seele. Es gibt keinen Zeitplan. Es gibt keine Rehabilitation. An manchen Tagen wacht man auf und denkt: Was soll das?“