Niedergeschlagen und mit gesenkten Köpfen trotteten die Spieler des FC Bayern nach der bitteren 77:89-Niederlage gegen Fenerbahce Istanbul und dem Verpassen der direkten Playoff-Teilnahme in die Kabine des SAP-Garden. Die Fans, die nach dem Heimsieg vor zwei Wochen gegen Partizan noch frenetisch feierten und von den Playoffs träumten, verließen ebenfalls enttäuscht den Garden.
Bayerns historische Chance verzockt?
Vereinzelt gab es noch Applaus. Doch durch die Halle schallte es nur aus dem Gästeblock: „Auf Wiedersehen, auf Wiedersehen!“ Die Enttäuschung war groß bei allen Beteiligten, denn jedem war klar: Die Basketballer des FC Bayern hatten durch die Niederlage endgültig eine historische Chance verpasst.

„Wir haben es nicht geschafft, ihre Intensität zu matchen. Es war, als wenn Jungen gegen Männer gespielt hätten. So wie wir rausgekommen sind, hatten wir es nicht verdient zu gewinnen“, ging ein sichtlich niedergeschlagener Gordon Herbert nach dem Spiel mit seinem Team hart ins Gericht.
Herbert stand die Enttäuschung über das Verpassen der Playoffs ins Gesicht geschrieben. Der Kanadier rang auf der PK immer wieder mit seinen Worten: „Es ist schwer für mich zu erklären, warum es so gelaufen ist. Man kann schlecht in der Offensive spielen, aber es gibt keine Ausrede dafür nicht zu kämpfen und hart zu spielen.“
Angesprochen auf die Kritik seines Trainers, zeigte sich auch Bayern-Star Niels Giffey nach dem Spiel in der Mixed-Zone ratlos: „Es ist schwer da eine Erklärung zu finden. Es ist tough zu akzeptieren. Wir haben eigentlich eine energetische DNA. Wenn wir das nicht abrufen, kann man in der EuroLeague nicht in die Playoffs kommen. Heute haben wir das nicht hinbekommen.“
Begeisternde Saison könnte nicht viel Wert sein
Nach 34 Spielen hat der FC Bayern 19 Siegen und 15 Niederlagen auf dem Konto. Ein Ergebnis, das vor der Saison wohl jeder in München mit Kusshand unterschrieben hätte. Auch ein Platz im Play-in wäre sicher direkt genommen worden, doch nach dieser begeisternden Saison, überwiegt die Enttäuschung über die verpasste Chance. Das bestätigte auch Gordon Herbert auf SPORT1-Nachfrage: „Wir standen 19:13 und hatten eine gute Ausgangssituation und dann haben wir es selbst aus der Hand rutschen lassen. Das ist natürlich sehr bitter.“

Zwei Spieltage vor Schluss konnte man in München sogar noch von Platz vier und einem möglichen Heimrecht im Viertelfinale der Playoffs träumen. Die beiden letzten Spiele wurden durchaus als machbar angesehen. Bei einer zuvor unglaublichen Heimbilanz von 13:3 (Bestwert in der EuroLeague) schien mit einem Heimvorteil in den Playoffs sogar das historisch erste Final Four möglich.
Doch was dann folgte, waren zwei katastrophale Spiele. Gegen Tel Aviv unterlag man trotz einer schier übermenschlichen Gala von Carsen Edwards, weil man im letzten Viertel eine 16 Punkte Führung verspielte. Gegen Fenerbahce wirkte das Team dann komplett ausgelaugt und war, bis auf ein starkes Aufbäumen zu Beginn des vierten Viertels, chancenlos.
„Maccabi ist das Spiel, was für mich noch mehr schmerzt und noch bitterer ist. Du spielst da vor einer toten Kulisse und die haben nichts zu gewinnen. Wir waren vorne und haben das Spiel dann nicht kontrolliert. Das ist das Spiel, was mir am meisten nachhängt, wo man auch über bestimmte Situationen immer noch nachdenkt. Man kann sich nicht darauf verlassen heute hier Fenerbahce zu schlagen. Die einfachere Chance ist uns da abhandengekommen“, haderte Niels Giffey.
Für die Bayern wird es jetzt statt des vierten Ranges wohl nur der neunte oder zehnte Rang. Eine Playoff-Teilnahme ist zwar immer noch möglich, es müssten aber zwei Siege in einem Do-or-die-Spiel her. Einen davon muss der FC Bayern auswärts holen, was bei einer schwachen Auswärtsbilanz (6:11) sehr unwahrscheinlich ist. Es droht, dass die zuvor begeisternde Saison, fast nichts mehr wert ist.
Kostete enger Spielplan die Bayern den Coup? „Gibt bessere“
In den letzten Spielen wirkten die Spieler nach einer langen Saison unglaublich platt. Gegen Maccabi ging den Bayern in der Schlussphase die Kraft aus. Gegen Fenerbahce wirkten die Spieler dann komplett müde. Zu Beginn des Spiels waren alle Dreierversuche zu kurz, ein Indiz für müde Beine. Zudem spielte das Team fahrig in der Verteidigung und leistete sich viele vermeidbare Ballverluste.
„Es gibt auf jeden Fall bessere Terminkalender. Du musst Sonntag in der BBL gegen den Vierten ran, dann am Dienstag in Ulm. Da wird dann auch noch ein ruppiges Spiel zugelassen. Das hat uns nicht wirklich in die Karten gespielt. Wir haben aber auch nicht erwartet, dass uns irgendjemand hilft“, antwortete Niels Giffey leicht ironisch schmunzelnd auf die SPORT1-Nachfrage, ob der enge Zeitplan dem Team zu viel Kraft gekostet hätte.
Auch Coach Herbert schloss dies auf Nachfrage nicht aus: „Das kann keine Ausrede sein. Natürlich hat der enge Spielplan nicht geholfen. Aber wir haben zu Hause gespielt, wo wir immer gut waren. Wir müssen in den Spiegel schauen und die Schuld bei uns suchen.“
Zu wenig Rotation? Giffey hinterfragt Entscheidung der Trainer
Es ist natürlich unglücklich, dass die BBL, anders als in anderen europäische Ligen üblich, ihr Zugpferd in der entscheidenden Phase nicht unterstützt und gleich zwei Spiele zwischen die beiden wichtigen EuroLeague-Spiele ansetzt.
Dennoch muss Gordon Herbert einen Teil der Schuld auch bei sich und seinem Trainer-Team suchen. Die Frage ist: Warum spielten einige Schlüsselspieler (Obst, Edwards, Weiler-Babb) in Ulm,48 Stunden vor dem Showdown gegen Fenerbahce, über 25 Minuten?
Klar, man schonte zumindest ein paar Spieler und die Bayern hätten mit einem Sieg Platz eins in der BBL so gut wie sicher absichern können, oder zumindest bei einer Niederlage unter acht Punkten den direkten Vergleich sichern können. Doch beide Pläne gingen schief: Man unterlag in Ulm mit 109:94 und schonte zudem nicht genug Kräfte.
Von SPORT1 darauf angesprochen, ob es ein Fehler war, nicht noch mehr Spieler zu schonen, reagierte Niels Giffey mit durchaus fragenden Worten in Richtung seiner Trainer: „Ja, das ist dann der Job des Coaching-Staff diese Entscheidung zu treffen. Da fragst du den Falschen, dafür haben wir den ja. Wir haben auch Leute zu Hause gelassen. Trotzdem ist es nicht meine Aufgabe, das zu entscheiden. Ich muss auf dem Feld stehen, meinen Job machen und die Energie aufs Feld bringen. Der Rest liegt nicht in meinen Händen.“
Klar ist: Es wäre definitiv besser gewesen, in Ulm weniger auf das Ergebnis zu schauen und die zweite Garde spielen zu lassen. Gerade, weil Bayern weiter Tabellenführer ist. Noch liegt man einen Sieg vor Ulm. Zudem sollte es eigentlich auch der Anspruch sein, den Titel in der BBL unabhängig vom Tabellenplatz nach der Hauptrunde zu holen.
„Ich sehe weiter unsere Chancen“
Viel Zeit zum Lamentieren bleibt den Bayern jetzt aber nicht. Schon am Sonntag geht es in der BBL in Oldenburg weiter, bevor es dann in der kommenden Woche in der EuroLeague um alles geht.
„Wir haben schon oft gezeigt, dass wir ein anderes Gesicht haben als heute. Es ist zum großen Teil eine mentale Geschichte. Ich sehe weiter unsere Chancen. Wir sind ein gutes Team“, zeigte sich Giffey bei SPORT1 kämpferisch.
Gegen wen die Bayern um die letzten Playoff-Tickets kämpfen müssen, steht noch nicht fest. Am Freitagabend stehen die letzten Spiele der Hauptrunde an. Erst dann ist klar auf welchem Platz die Bayern die Saison beenden und gegen wen sie dafür sorgen können, dass diese bisher begeisternde Saison doch noch deutlich mehr wert ist.