Silber bei der Basketball-WM 2023, Bronze bei Olympia 2024, dazu der Rekord für die meisten Offensive-Rebounds (16) in einem Spiel in der EuroLeague - Nikola Milutinov, Center von Olympiakos Piräus, ist einer der größten Stars des europäischen Basketballs.
Bayern? „Wirklich schwer zu bespielen“
Der 2,13-große Serbe, der 2015 an 26. Stelle von den San Antonio Spurs in der NBA gedraftet wurde, hat in seiner Karriere schon viel erlebt. Milutinov gewann Meistertitel in seiner Heimat Serbien, in Russland und in Griechenland, zudem führte er Europas beste Liga zweimal als bester Rebounder an. Seine Karriere-Highlights erlebte der 29-Jährige aber wohl in den beiden vergangenen Sommern mit der serbischen Nationalmannschaft und kämpfte in den wichtigsten Spielen seines Lebens gleich zweimal mit der deutschen Nationalmannschaft um die größten Titel im Basketball.
Nach der Niederlage seines Teams beim FC Bayern Basketball traf SPORT1 Milutinov zum exklusiven Interview und sprach mit dem Serben über die beiden Duelle zwischen Deutschland und Serbien bei der Weltmeisterschaft und bei den Olympischen Spielen. Er verriet dabei, warum er das DBB-Team als verdienten Weltmeister sieht, wie er mit Serbien bei Olympia Momente fürs Leben erlebte und was NBA-Superstar Nikola Jokic neben seiner sportlichen Fähigkeiten besonders auszeichnet.
SPORT1: Herr Milutinov, ihr Team hat knapp gegen den FC Bayern verloren. Wie schätzen sie das Bayern-Team in dieser Saison ein?
Milutinov: Sie sind ein sehr gutes Team und spielen gerade fantastisch. Sie kämpfen hart und haben viele verschiedene Waffen, die jederzeit Punkte erzielen können. Wenn sie ihren Rhythmus finden, wird es extrem schwer, sie zu verteidigen. Wenn Bayern aufdreht, ist es kaum möglich, sie zu stoppen. Das war für uns natürlich schlecht, dass sie diese Qualität auch gegen uns gezeigt haben. Sie sind in diesem Jahr wirklich sehr schwer zu bespielen und deshalb auch so gut.
SPORT1: In den vergangenen beiden Sommern haben sie mit dem serbischen Nationalteam in vielen wichtigen Spielen gegen Deutschland gespielt. Wie haben sie diese Spiele gesehen?
Milutinov: Es war wirklich sehr hart. Deutschland hat sich im Basketball in den vergangenen Jahren wirklich stark entwickelt. Sie haben sowohl bei der WM als auch bei den Olympischen Spielen fantastisch gespielt. Ich persönlich finde es super, dass jetzt noch ein weiteres europäisches Land in die Weltspitze vorgedrungen ist.
Milutinov: Deutschland verdient Weltmeister
SPORT1: Gerade das WM-Finale hat hier in Deutschland natürlich eine große Bedeutung. Wie denken sie an das Spiel zurück?
Milutinov: Es war bitter, so knapp zu verlieren. Trotzdem habe ich auch positive Erinnerungen an das Turnier. Niemand hatte erwartet, dass wir überhaupt ins Finale kommen können. Deswegen war es schon auch ein Erfolg, der das ganze Land begeistert hat. Im Finale waren wir dann leider aber mental nicht bereit genug. Deutschland war da einfach abgezockter. Wir haben hart gekämpft und hatten sogar kurz vor Schluss noch die Chance, das Spiel mit einem Dreier auszugleichen. Leider ging er vorbei und wir haben verloren. Trotz der bitteren Niederlage war es rückblickend aber ein großer Erfolg für uns. Und man muss auch feststellen, dass Deutschland es echt verdient hatte, die WM zu gewinnen.
SPORT1: Im vergangenen Sommer sind sie bei Olympia im Spiel um die Bronze-Medaille dann wieder auf Deutschland getroffen. War das verlorene WM-Finale aus dem Vorjahr eine extra Motivation für das Team?
Milutinov: Wir wollten unbedingt eine Medaille gewinnen, auch um unser Ziel zu erreichen, bei beiden großen Turnieren eben diese Medaille zu holen. Echte Revanche-Gedanken hatte ich nicht. Man muss auch sagen, dass beide Teams eigentlich auch die Möglichkeit hatten, noch weiter zu kommen und erneut erst im Finale aufeinandertreffen hätten können. Beide hatten es eigentlich verdient, um Gold zu spielen. Für uns war es trotzdem ein fantastischer Sommer. Auch Bronze war ein toller Erfolg für Serbien.
Jokic? „Hat einen unglaublichen Charakter“
SPORT1: Bei Olympia haben sie sich die Center-Position mit NBA-Superstar Nikola Jokic geteilt. Wie ist es, mit ihm zusammenzuspielen und den ganzen Sommer zu verbringen?
Milutinov: Es war jetzt bestimmt der dritte oder vierte Sommer, den wir zusammen verbracht haben. Es ist immer fantastisch, wenn er dabei ist, gerade weil er einen so unglaublichen Charakter hat. Über seine basketballerischen Fähigkeiten muss man, glaube ich, nicht viel sagen, aber darüber hinaus ist er einfach ein toller Mensch. Wenn er dabei ist, stehen wir natürlich gleich viel mehr unter Druck, weil dann das ganze Land von uns erwartet, dass wir ins Finale kommen. Aber gerade dann ist es trotzdem super, Nikola im Team zu haben, weil er trotz des Drucks immer unglaublich ruhig ist. Zudem hat er diese unglaublichen Fähigkeiten, die es uns fast schon einfach machen, unsere Familien und ganz Serbien mit unseren Erfolgen glücklich zu machen.
SPORT1: Sie sprachen gerade schon über Jokic. Was zeichnet ihn speziell aus?
Milutinov: Bei Nikola ist es einfach unglaublich, dass er auf dem Feld wirklich alles sieht. Er nimmt jede Kleinigkeit wahr. So schafft er es wirklich, jeden Spieler besser zu machen, sowohl im Spiel, als auch im Training, wo er viel mit uns spricht. Wenn es dann darauf ankommt, übernimmt er für uns die Verantwortung und trifft dann meist die richtigen Entscheidungen. Wenn wir mit ihm zusammenspielen, sind wir alle deutlich ruhiger, weil wir wissen, dass er da ist und uns in den entscheidenden Momenten tragen wird. So holt er aus jedem von uns das Beste raus.
SPORT1: Man konnte sehen, wie stolz das gesamte Team nach der Bronze-Medaille war. Ihr habt richtig ausgelassen gefeiert. Es wirkte sogar so, als wenn ihr Mitspieler Nikola Jokic mehr gefeiert hätte als nach seinem NBA-Titel. Wie erinnern sie sich an diese Momente zurück?
Milutinov: Wir hatten da wirklich tolle Momente, die uns als Team immer verbinden werden. Nach dem Bronzemedaillen-Spiel wussten wir, dass wir noch einige Stunden bis zur Siegerehrung haben. Die haben wir dann schon zum Feiern genutzt. Gerade dieser Zusammenhalt im Team hat uns so stark gemacht. Aber es war einfach ein fantastischer Tag. Es war super, alle so glücklich zu sehen, sowohl meine Mitspieler als auch unsere Familien. Auch die Feier im Bus oder bevor wir dann aufs Podest gehen durften, waren toll. Das sind Erinnerungen, die für mein ganzes Leben bleiben werden. Die Zeit zwischen Spiel und Siegerehrung war vielleicht sogar noch besonderer als der Moment, in dem wir die Medaille bekommen haben.