Weltmeister-Trainer Gordon Herbert hat wenige Tage vor seiner Buch-Veröffentlichung „Die Jungs gaben mir mein Leben zurück“ bemerkenswert offen über psychische Probleme in seiner Zeit als Chefcoach gesprochen.
„Mochte mich als Mensch nicht mehr“
In einem Interview des Stern sagte der Basketball-Bundestrainer: „Wer sich zu seinen Depressionen bekennt, bekommt dies als Schwäche ausgelegt. Ich kann heute freier über dunkle Zeiten in meinem Leben sprechen, als ich es vor dem Titelgewinn gekonnt hätte. Lange dachte ich, ich setze meine Karriere aufs Spiel, wenn ich sage: ‚Ich kann nicht mehr, ich brauche Hilfe.‘“
„War nur noch ein Gefühl in mir: Panik“
Der Trainer durchlebte nach seiner Aussage schwierige Zeiten, insbesondere im Herbst 2010, während seiner Tätigkeit für die Skyliners Frankfurt. Er wollte während eines Trainingslagers einige Worte an sein Team richten.
„Aber plötzlich konnte ich nicht mehr sprechen. Mein Kopf war leer, ich war orientierungslos, komplett verloren in dieser Halle. Da war nur noch ein Gefühl in mir: Panik“, sagte Herbert.
Sein Co-Trainer erkannte glücklicherweise sofort den Ernst der Lage. „Ich bin in Begleitung zurück nach Frankfurt gereist. Dort kam ich in eine psychiatrische Klinik. Die Ärzte diagnostizierten eine akute Depression“, erzählte der 65-jährige Kanadier.
„Alkohol half mir, Tag zu vergessen“
Wie Herbert einräumte, spielte in diesen dunklen Phasen auch der Alkohol eine Rolle. „Der Alkohol half mir, den Tag zu vergessen. Es war nie übermäßig viel, aber auch nicht gesund. Ich mochte mich als Mensch nicht mehr“, sagte der Nationaltrainer.
Er hatte damals Schwierigkeiten, offen mit der Diagnose umzugehen und sei „müde von seinem Leben“ gewesen: „Was ich auch lernen musste während meiner depressiven Episoden, war zu sagen: ‚Ich brauche Hilfe.‘ Ein einfacher Satz, aber so schwer auszusprechen, aus Scham und falschem Stolz.“
„Immer stärker hatte ich das Gefühl, dass ich fertig bin mit dem Basketball. Das Coaching hatte mich viel Kraft gekostet. Ich wollte meine Karriere beenden“, berichtete Herbert rückblickend.
Herbert führt DBB-Team zu WM-Gold
Doch zum Glück erholte er sich davon, übernahm im Sommer 2021 die Leitung des DBB-Teams, und führte Dennis Schröder und seine Mannschaft innerhalb von zwei Jahren zu EM-Bronze und WM-Gold.
Das DBB-Team zählt auch bei den Olympischen Spielen in Paris zu den Mitfavoriten. Wie Herbert vor einem Monat ankündigte, wird er jedoch nach den Olympischen Spielen von seinem Amt als Bundestrainer zurücktreten.