Gerade einmal vier Monate ist es her, dass die ganze Basketballwelt gebannt auf die Spiele des französischen Erstligisten Metropolitans 92 aus Levallois-Perret im Großraum Paris blickte. Supertalent Victor Wembanyama füllte die Hallen und führte den Klub erstmals in seiner Geschichte in die Finalserie der französischen Meisterschaft.
Absturz nach Wembanyama-Hype
Selbst die NBA übertrug die Spiele gegen Monaco live in der App. So konnten sich auch die US-amerikanischen Basketballfans davon überzeugen, warum jedes NBA-Team auf den Nummer-eins-Spot beim Draft 2023 hoffte, um dieses Supertalent aus Übersee zu verpflichten.
Zwar konnte Wembanyama die klare 0:3-Pleite in der Best-of-Five-Serie nicht verhindern, doch der Franzose überzeugte. Allein bei der am Ende entscheidenden 85:92-Pleite legte der Youngster 22 Punkte, sieben Rebounds und vier Blocks auf. Dazu verwandelte er sechs von elf Wurfversuchen und blieb von der Freiwurflinie perfekt (9/9).
Kompletter Neuanfang nach Wembanyama-Hype
Nach diesem Spiel drei der Serie zog Wembanyama in die NBA zu den San Antonio Spurs und für die Metropolitans 92 begann eine neue Zeitrechnung. Übriggeblieben von dieser Hype-Saison ist jedoch so gut wie nichts. Aus dem Kader sind lediglich Moussa Dicko und Lahaou Konaté auch in dieser Saison im Kader. Erfolgscoach Vincent Collet hat das Team ebenfalls verlassen. Im August wurde Nachfolger Laurent Foirest vorgestellt.
Dieser komplette Neuaufbau spiegelt sich zum Leidwesen der Fans und Verantwortlichen in der Liga wider. Nach sechs Spieltagen stehen die Metropolitans am Tabellenende der Ligue Nationale de Basket (LNB). Sechs Niederlagen setzte es bislang. Mit gerade einmal 427 Punkte stellt das Team eine der schwächsten Offensive, SIG Strasbourg, Cholet, Saint Quentin und Nancy sind aufgrund der niedrigeren Anzahl an Spielen noch schwächer.
„Es ist schwierig von der Euphorie der letzten Saison wieder zur Normalität zurückzufinden“, beschrieb Konaté die Situation bereits nach dem ersten Spieltag. Dennoch gab sich der Kapitän kämpferisch: „Wir haben von ihm (Wembanyama, Anm. d. Red.) profitiert. Aber er ist nicht mehr da. Es liegt an uns, die Seite umzublättern und ein neues Kapitel zu schreiben, auch wenn wir wissen, wie kompliziert es sein wird.“
Da wusste Konaté jedoch noch nicht, wie katastrophal der Neustart - auch aufgrund von Verletzungspech - nach dem Wembanyama-Abgang werden würde.
Metropolitans 92 finanziell vor dem Abgrund
Doch nicht nur sportlich findet sich der Verein in dieser Saison in einer neuen Realität wieder. Auch finanziell mussten die Uhren auf null gestellt werden. Nach einem Budget von über elf Millionen Euro in der Saison 2022/23 muss der Verein in diesem Jahr mit fünf Millionen Euro auskommen - und selbst die waren lange Zeit unsicher.
Zwar gab sich Luc Monnet, Vorstandsvorsitzender des Unternehmens Boulogne-Billancourt Sport Development (BBSD), dem Eigentümer der Metropolitans 92, zwar im Juli optimistisch. „Wir machen weiter, wir werden ein Team mit einem Budget von 5 Millionen Euro und mehr haben“, sagte er in Le Parisien.
Zu diesem Zeitpunkt hatte die Liga dem Verein jedoch bereits eine Frist bis zum 23. Juli gesetzt, um über einen Verbleib in der ersten Liga zu entscheiden. Zwei Millionen Euro fehlten damals noch. Gespräche mit potenziellen Investoren waren gescheitert, nachdem der Eurocup, der zweithöchste europäische Klubwettbewerb nach der Euroleague, eine Aufnahme verweigert hatte.
Schlecht auf Wemby-Hype vorbreitet
Die finanziellen Probleme überraschen insoweit, wenn man bedenkt, welchen Hype Wembanyma im vergangenen Jahr ausgelöst hatte. Doch Pierre-Christophe Baguet, Bürgermeister von Boulogne, dessen Gemeinde Hauptaktionär der SCIC (société coopérative d‘intérêt collectif) und damit Miteigentümer des Klubs ist, bestätigte L‘Équipe, dass man am Ende der Saison zwar „einen Überschuss von 30.000 Euro erzielt“ habe. Das komplette Potenzial Wembanyamas konnte man jedoch nicht ausschöpfen.
„Wir waren schlecht auf den Wemby-Wahnsinn vorbereitet“, sagte Baguet. Unter anderem habe man lediglich 7.000 Trikots verkaufen können, da Puma Schwierigkeiten bei der Herstellung gehabt haben soll. Diese Chance ist nun vertan, denn man sei „ohne unseren Kometen wieder in der Realität angekommen“.
Probleme mit der Halle
Selbst die Spielstätte bereitete Probleme. Für den Marcel Cerdan Sports Palace hatte man zwischenzeitlich keine vertragliche Vereinbarung mehr. Der Bau einer neuen Halle in Boulogne mit Platz für 5.000 Zuschauer wird durch Klagen von Anwohnern ausgebremst. Seit drei Jahren warte man darauf, die Sache vor der dem Verwaltungsgericht vortragen zu können. „Das ist Frankreich“, haderte Baguet.
Im Januar habe er daher in der Sache dem zuständigen Minister geschrieben. „Nun sollte Bewegung in die Sache kommen“, ist die Hoffnung groß. „Bei einem positiven Ergebnis wird dies unsere aktuellen Kontakte zu neuen Investoren erleichtern.“ Zudem kam man letztendlich auch zu einer neuen Vereinbarung mit der aktuellen Sportstätte. „In den nächsten fünf Jahren haben wir vielleicht Zeit, die Sache mit der Sporthalle zu regeln.“
Zuvor gibt es aber noch einen drängenderen Notfall: den Abstiegskampf. Doch auch hier glaubt Baguet an ein gutes Ende: „Du musst an deinen Glücksstern glauben. Die Messe ist noch nicht gelesen.“