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Irrer Slackline-Rekord in 2500 Metern: "Die krasseste Challenge"

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Irrer Slackline-Rekord in 2500 Metern: "Die krasseste Challenge"

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Was für ein verrückter Weltrekord

Die Extremsportler Lukas Irmler und Friedrich Paul „Friedi“ Kühne haben einen neuen Weltrekord aufgestellt. In 2500 Meter über den Grund bewältigen sie zwischen zwei Ballons die höchste Slackline der Welt. Im SPORT1-Interview spricht Slackline-Profi Irmler über die waghalsige Aktion, die fast gescheitert wäre.
Mit einem spektakulären und sprichwörtlichen Drahtseilakt haben die zwei Bayern Friedi Kühne und Lukas Irmler einen Weltrekord nach Deutschland geholt.
Die Extremsportler Lukas Irmler und Friedrich Paul „Friedi“ Kühne haben einen neuen Weltrekord aufgestellt. In 2500 Meter über den Grund bewältigen sie zwischen zwei Ballons die höchste Slackline der Welt. Im SPORT1-Interview spricht Slackline-Profi Irmler über die waghalsige Aktion, die fast gescheitert wäre.

„Über den Wolken, muss die Freiheit wohl grenzenlos sein“. Diesen Satz aus dem Lied von Reinhard Mey nahmen am Wochenende zwei Extremsportler in Rosenheim etwas zu ernst. In einer Höhe von 2500 Meter über dem Boden balancierte Lukas Irmler aus Dachau und Friedi Kühne aus Erlangen über ein zweieinhalb Zentimeter breites Band, genannt Slackline. Gespannt zwischen zwei fliegenden Heißluftballons.

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Darunter: Nichts außer Luft, Wolken und ein paar herausragende Berggipfel. Die beiden Extremsportler schafften damit etwas, was vor Ihnen noch nie jemand überhaupt gewagt hatte. Mit der Bewältigung der höchsten Slackline, die je über Grund gelaufen wurde, sicherten sich Irmler und Kühne einen Weltrekord.

Waghalsiger Rekord: „Irgendwann bleibt nur noch die Luft“

Im SPORT1-Interview spricht Slackline-Profi Lukas Irmler über diese waghalsige Aktion, an die er fast scheiterte, die Faszination Slackline und über das immer größer werdende Risiko von Extremsportlern. Der 36-Jährige verriet außerdem, wie schwer es ist, damit Geld zu verdienen und warum er dennoch lieber nicht Profifußballer beim FC Bayern wäre.

SPORT1: Lukas Irmler, erst mal Glückwunsch zum Weltrekord. Wer von Ihnen ist auf diese absurde Idee gekommen?

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Lukas Irmler: Die Idee hatten wir beiden schon sehr lange. Für uns Slackliner ist das fast schon naheliegend. Wir wollen unsere Slackline immer höher spannen und irgendwann sind die höchsten Schluchten erreicht. Dann bleibt nur noch die Möglichkeit in die Luft zu gehen und dazu braucht man ein Gefährt. Der Heißluftballon war da die beste Wahl.

SPORT1: Sie spazieren über ein zweieinhalb Zentimeter schmales Band, vergleichbar mit einem Uhrenarmband. Darunter ist nichts außer Wolken und Luft. Was war das für ein Gefühl aus dem Korb zu steigen und einen Fuß auf das Band zu setzen?

Irmler: Das Gefühl bei diesem Stunt war definitiv anders als sonst. Ehrlich gesagt: Wir haben nicht so richtig gewusst, worauf wir uns einlassen. Weil wir das davor nicht testen konnten. Wir wussten, dass sich die Körbe bewegen und nach unten und oben schwingen können. Wir haben mit einer wackeligen Geschichte gerechnet, aber es war definitiv härter als wir uns das vorgestellt haben.

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SPORT1: Was war das Schwierigste?

Irmler: Das Schwierigste war, dass sich die Ballons so schnell gedreht haben. Das kann man sich vorstellen wie ein Karussell, wo sich alles im Kreis dreht. Ständig wurde es hell und dunkel, die Sonne kreist, die Berge ziehen unter einem durch. Für den Kopf war das total krass, weil man sich ja eigentlich auf eine Sache, auf eine Bewegungsrichtung konzentrieren sollte. Bei meinen ersten beiden Läufen bin ich gestürzt. Da dachte ich mir: Das wird heute nichts mehr. Dann haben wir die Slackline aber nochmal fester gespannt …

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SPORT1: Und dann haben Sie es im dritten Anlauf geschafft. Wenn man an einer Sicherung über zwei Kilometer in der Luft hängt, woran haben Sie da gedacht? Wie sind Sie fokussiert geblieben?

Irmler: Im Idealfall sollte man an nichts denken, weil der Körper weiß, was er zu tun hat. In diesem Fall ist es mir aber nicht gelungen. Ich hatte so krasses Kopfkino. Ich habe auf diesen Moment so lange hin gefiebert, mich über acht Monate vorbereitet. Und dann läuft die Zeit, ein Hubschrauber kreist neben einem, in beiden Körben sind unzählige Kameras auf einen gerichtet. Mein Kopf war am Explodieren. Friedi hat mich dann nochmal motiviert und ich habe mich mit meiner Atmung auf mich konzentriert. Dann hat es geklappt.

Partnerinnen checken ob Knoten richtig gebunden sind

SPORT1: Haben Sie einmal darüber nachgedacht, dass dort oben auch etwas komplett schiefgehen könnte?

Irmler: Für uns war es wichtig, dass unsere Partnerinnen dabei waren. Die haben beispielsweise die Knoten gecheckt, haben überprüft, dass wir sicher eingebunden sind. In diesem Moment unter Zeitdruck und Leistungsdruck blendet man vieles aus. Da würde ich nicht mehr unterschreiben, dass ich einen Knoten zu 100 Prozent checken würde. Deshalb tragen wir davor Sorge, dass Leute dabei sind. Und dann macht man sich darüber relativ wenig Gedanken.

SPORT1: Wie haben Sie diese Extrem-Situation denn vorab simuliert? Oder ging das überhaupt nicht?

Irmler: Wir haben es versucht zu simulieren. Wir haben die Slackline über eine Schlucht gespannt und dann haben wir gegenseitig an der Slackline gerüttelt und alle möglichen Schwingungen simuliert. Ein bisschen hat es etwas gebracht, aber so richtig vorbereiten konnten wir uns nicht wirklich.

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SPORT1: Sie haben ja schon einige Weltrekorde geknackt. Und dennoch: War das das Extremste, was sie jemals gemacht haben?

Irmler: Das war ein Höhepunkt meiner oder, ich glaube, ich kann für uns beide sprechen, unserer Karriere. Weil es so etwas besonders war. Wir haben schon die längste Slackline bewältigt, verrückte Stunts gemacht. Aber mit über zweieinhalb Kilometer Luft unter dir an wackeligen Körben befestigt in der Luft hängend über eine Slackline gehen, das war schon abgefahren. Aktuell war das die krasseste Challenge, die ich je hatte. Näher am Himmel zu laufen, geht eigentlich nicht.

SPORT1: Ist es nicht genau das, was Extremsportler wie sie antreibt? Die Grenzen zu verschieben.

Irmler: Ich persönlich will mich schon ständig entwickeln und immer besser werden. Da gibt es nichts Besseres als Rekorde, um es sich selbst zu beweisen. Und natürlich auch der Welt zu zeigen, was alles möglich ist. Wir wollen damit aber auch andere inspirieren, Leute aus ihrer Komfortzone locken, ihnen zeigen: Wenn ihr einen Traum habt, gebt Vollgas, dann kann das auch funktionieren.

Irmler: Extremsport immer Balance zwischen besser werden und Risiko

SPORT1: Höher, schneller, extremer – Wie geht ihr mit dem immer größer werdenden Risiko um?

Irmler: In gewissen Extremsportarten ist es immer eine Balance zwischen besser werden und mehr ins Risiko gehen. Das ist gar nicht mal so einfach abzuwägen. Bei Slacklinern ist es aber nochmal eine andere Dimension, weil ich immer gesichert bin. Da hat man immer einer eine Absicherung für den Fall, dass man scheitern sollte. Für mich ist dieser Aspekt superwichtig, dass ich an die Grenze und darüber hinaus gehen kann. Wenn ich das nicht hätte, könnte ich mir nicht vorstellen, dass man da über sich hinauswachsen kann. Das wäre dann nicht mehr als ein Münzwurf. Wir wollen das Risiko schon kalkulieren. Dafür haben wir auch immer Experten dabei. Am Ende habe ich ja nicht nur die Verantwortung für mich, sondern, wie in diesem Fall, auch für die zehn oder elf Leute, die im Korb sitzen - In einem Heißluftballonkorb, in zweieinhalb Kilometern Höhe mit zwei Riesen-Brennern am Bord. Das ist schon irre.

SPORT1: Ohne Sponsoren sind derartige Aktionen vermutlich schwer umzusetzen. Wie viel Druck üben die auf euch Athleten aus?

Irmler: Es gibt immer wieder den Vorwurf, dass Sponsoren die Athleten zu verrückten Dingen drängen. Ich persönlich habe das noch nie erlebt, selbst bei Red Bull oder anderen Firmen, wo man das vielleicht denken könnte. Ich habe nie persönlichen Druck bekommen oder empfunden. Ich hatte immer das Gefühl, dass der Druck von den Athleten selbst kommt. Wir bekommen dadurch ja auch die Chance, Träume zu verwirklichen. Oft muss man sich eher selbst einbremsen, weil es Grenzen gibt, die man beachten muss. Am Ende geht es auch um Aufmerksamkeit. Und da musst du in diesem Job auch Dinge machen, die Aufmerksamkeit generieren.

SPORT1: Sie sind jetzt schon einige Jahre in der Szene aktiv, haben sich einen Namen gemacht, Aber wie schwer ist das, Sponsoren überhaupt an Land zu ziehen und für sich zu gewinnen? Günstig sind derartige Aktionen bestimmt auch nicht …

Irmler: Im Grunde kostet jedes Projekt Geld. Da brauchst du starke Partner und musst viele Menschen für dich gewinnen. Viele Projekte können wir auch mit kleinem Budget stemmen. Sponsoren sind wertvoll, aber noch wertvoller sind deine Freunde und die Community, die derartige Sachen anschieben. Einige Partner kommen aus der Community, dann ist das natürlich leichter. Aber klar: Wenn man aus so einer obskuren Sportart wie Slacklinen einen Job machen will, schauen einen viele Leute kritisch an. Meine Eltern haben auch gefragt, ob ich sicher sei, was ich da tue. Ich habe zu dem Zeitpunkt aber schon ein abgeschlossenes Studium [Chemie; Anm. d. Red.] gehabt. Ich dachte immer: Wenn der Hype vorbei ist, gehe ich wieder ins Labor. Das hat sich dann aber - Gott sei Dank - alles anders ergeben.

SPORT1: Sie sind aber nicht nur Profi-Slackliner, sondern treten auch als Speaker auf Events auf, geben Workshops oder haben kürzlich ein Buch mit dem Titel „Face your fear“ geschrieben. Zudem sind Sie ihr eigener Manager. Wie passt das alles zusammen?

Irmler: Ich habe nach Wegen gesucht, den Sport zugänglich zu machen. Slacklinen geht weit über das physische und über die reine sportliche Anstrengung hinaus. Du musst dich mit dir beschäftigen, vor allem wenn du in 100 Meter Höhe ohne Boden unter den Füßen mit der Angst interagieren. Daran wächst und entwickelst du dich. Angst ist kein unüberwindbares Hindernis. Du kannst sie von Panik bis hin zu gesundem Respekt verschieben. Sie darf nicht zwischen dir und deinen Träumen stehen, denn hinter dieser Angst steckt auch oft das größte Potenzial. Das will ich den anderen Menschen mitgeben. Ich jongliere mit vielen Bällen, nicht nur mit dem Profisport. Am Ende dreht sich aber alles um die Leine, die ich da aufspanne (lacht).

„Würde Slackline nie gegen Fußball eintauschen wollen“

SPORT1: Wie viel Aufwand und Training steckt denn hinter Ihrem Job?

Irmler: Ich habe überhaupt keinen Alltag. Das ist an sich ein Privileg. Was allerdings das Training betrifft, ist das manchmal auch schwierig. Wenn ich nach Hamburg reise und einen Vortrag halte, ist es schwer, auf sein Training zu kommen. Aber ich versuche jeden Morgen, um 6 Uhr aufzustehen und erstmal eine halbe bis eine Stunde Yoga zu machen. Danach lege ich häufig eine Büro-Session ein, schreibe E-Mails und führe Telefonate. Dann gehe ich meistens für bis zu drei Stunden auf die Slackline. Dann erneut Büro und nochmal eine Sporteinheit. Das kann dann aber auch Klettern mit der Freundin sein. Oft sind es schon zwei bis drei Sporteinheiten pro Tag.

SPORT1: Der Aufwand ist fast schon mit Profifußballern beim FC Bayern München zu vergleichen. Vermutlich ist Ihrer noch höher. Wenn Sie die Wahl hätten: Slackline-Profi oder doch beim FCB gegen den Ball treten und vermutlich um ein Vielfaches mehr Geld verdienen – wofür würden Sie sich entscheiden?

Irmler: Ich würde auf keinen Fall mein Slackline-Profitum gegen Fußball-Profitum eintauschen wollen. Allein deshalb, weil mir der Sport so viel Spaß macht. Ich glaube, es ist cool, wenn du etwas machst, was dir Spaß macht. Deshalb haben Fußballer ja auch damit angefangen oder tun es immer noch. Die Struktur im Fußball ist eben komplett anders, es steckt viel mehr Geld dahinter. Außerdem müssen sie sich nicht um alles kümmern. Aber: Wenn dir alles abgenommen wird und du dich nur um den Sport kümmern kannst, baust du schon auch mal Abhängigkeiten auf. Mir macht es Spaß, sich um alles zu kümmern, weil ich mir am Ende auch alles auf die eigene Fahne schreiben kann.

SPORT1: Welches Abenteuer steht für Sie als nächstes an?

Irmler: Ein großer Traum ist die Antarktis. Auf sechs der sieben Kontinente war ich schon mit der Slackline unterwegs. Die Antarktis fehlt mir noch. Da habe ich es noch nie hingeschafft. Das ist auch immens kostspielig und aufwendig.

SPORT1: Also erstmal nichts mehr mit Heißluftballons?

Irmler (lacht): Das ist auf keinen Fall gestorben. Ich habe schon Bock, nochmal was damit zu machen. Wie beispielsweise meinen, ich nenne es jetzt mal, Signature-Trick: Handstand. Das war diesmal nicht möglich. Das war viel zu schwer. Aber jetzt weiß ich, was da oben auf mich wartet. Wenn man mir das also nochmal anbieten würde, würde ich auf keinen Fall nein sagen.