Am Tag danach ist zumindest Lewis Hamilton wieder etwas zurückgerudert, die indirekten Vorwürfe von Mercedes gegen Ferrari stehen aber weiterhin im Raum.
Im WM-Kampf fliegen die Fetzen
Hat Kimi Räikkönen den Rivalen kurz nach dem Start des Großbritannien-GP in Silverstone absichtlich von der Strecke gedrückt?
Hamilton selbst hatte diese Vermutung nach dem Rennen zumindest angedeutet, als er noch auf dem Podium in Richtung Scuderia giftete: "Auf ihrer Seite war eine interessante Taktik im Spiel." (SERVICE: Das Renn-Ergebnis aus Silverstone)
Vettel profitiert von Hamilton-Crash
Denn von Räikkönens Rammstoß zu Beginn des Rennens profitierte keiner mehr als Teamkollege Sebastian Vettel, der ausgerechnet im Land des großen Rivalen mit einem Sieg seinen Vorsprung in der WM-Wertung gegenüber Hamilton auf acht Punkte ausbaute. (SERVICE: Die WM-Wertung)
Mittlerweile relativierte Hamilton, der sich bei seinem Heimspiel noch bis auf Platz zwei vorgekämpft hatte, die Kritik via Social Media. "Kimi hat sich entschuldigt und ich habe es akzeptiert", postete der Brite bei Instagram: "Jetzt schauen wir nach vorne. Es war nur ein Rennunfall. Manchmal erzählen wir Blödsinn."
Doch der erbitterte Kampf um den Titel in der Formel-1-WM hat trotzdem eine neue Eskalationsstufe erreicht.
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Darauf lassen jedenfalls die Aussagen der Mercedes-Bosse nach dem Rennen in Silverstone schließen. "Es ist schließlich schon das zweite Mal, dass uns ein Ferrari in der ersten Kurve trifft - und das ist nicht lustig", polterte Aufsichtsratsboss Niki Lauda.
Immerhin habe die Rennleitung Räikkönens Aktion stärker geahndet als beim ersten Zwischenfall dieser Art in Le Castellet, meinte Lauda weiter.
Erinnerungen an Crash zwischen Vettel und Bottas
Vor zwei Wochen hatte Vettel in einer ähnlichen Situation kurz nach dem Start Valtteri Bottas von der Strecke geräumt - und war am Ende als Fünfter noch zwei Positionen besser platziert als der abgeschossene Finne.
"Es war falsch, als Vettel nur eine 5-Sekunden-Strafe erhalten hat. Immerhin hat Kimi jetzt 10 Sekunden bekommen. Die Rennkommissare haben erkannt, was da vor sich geht", sagte Lauda.
Noch deutlicher wurde Motorsportchef Toto Wolff. "In Le Castellet wurden wir erstmals abgeschossen, jetzt zum zweiten Mal. Wir haben viele WM-Punkte für die Konstrukteurswertung verloren", schimpfte er im ORF und gab bekannt, was der Technische Direktor der Silberpfeile von Räikkönens Aktion hielt. "Um es in den Worten von James Allison zu sagen: 'Ist das Absicht oder Unvermögen?' Jetzt müssen wir uns ein Urteil bilden."
Mit dieser Andeutung fing sich der Österreicher prompt den Konter der Gegenseite ein.
Arrivabene: "Allison sollte sich schämen"
"Wenn er das wirklich so gesagt hat, sollte er sich schämen. Ich akzeptiere jede Kritik von Jacques (Villeneuve, Anm. d. Red), weil er selbst Rennfahrer war. Aber von diesem Kerl? Nein!", echauffierte sich Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene und legte nach: "Man sollte elegant miteinander umgehen. Und wir sind in England, wo man uns beibringen will, wie man sich wie Gentlemen verhält. Er ist der Erste, der eine Lektion braucht."
Auch Vettel stellte sich auf die Seite seines Teamkollegen und bezeichnete es als "ziemlich dumm" zu denken, "dass solche Dinge mit Absicht passieren".
Unglücklich über die etwas andere Art der Schützenhilfe dürfte Vettel freilich dennoch nicht gewesen sein. Mit seinem erst zweiten Sieg in Silverstone - den ersten feierte er vor neun Jahren - hat er seinen schärfsten Rivalen Hamilton in dessen Heimat noch mehr unter Druck gesetzt.
Der muss sich jetzt allerdings noch ein wenig gedulden, bis er zum Gegenschlag ausholen kann. Nach drei Rennen an drei Wochenenden in Folge macht der Formel-1-Zirkus jetzt für ein Wochenende Pause.
Danach aber wird der WM-Fight am 22. Juli auf dem Hockenheimring weitergeführt. Und Hamilton dürfte sich nichts sehnlicher wünschen als die sofortige Revanche gegen seinen großen Rivalen - bei dessen Heimspiel.