Da stand es nun, das zierliche Persönchen und sah sich einer riesigen Traube von Journalisten ausgesetzt.
"Kokos" Zukunft auf dem Prüfstand
Eben hatte Konstanze Klosterhalfen ihren ersten Auftritt bei der Leichtathletik-WM in Doha erfolgreich hinter sich gebracht und den Vorlauf über 5000 Meter in 15:01,57 Minuten als Zweite souverän überstanden.
Das Rennen selbst wurde in der Fragerunde allerdings nur am Rande besprochen. Sie sei vor dem Start nervös gewesen und habe das Tempo angezogen, als sie merkte, dass die Gruppe noch zu groß war, sagte Klosterhalfen.
Und dass sie das Rennen am Ende kontrollieren konnte: "Ich wollte mich nicht mehr überholen lassen. Das hat sich gut angefühlt, dass man da nicht stehengelassen wird und die Kontrolle hat." So weit, so gut.
"Ich weiß nicht, wie sich das entwickelt"
Das wesentlich heiklere Thema kam dann schnell auf den Tisch: Wie hat die 22-Jährige die Sperre von Alberto Salazer aufgenommen? Was sind die Konsequenzen daraus? Und wird sie auch künftig beim Nike Oregon Projekt (NOP) bleiben?
Weil sich bislang nur "Kokos" Management und der DLV dazu geäußert hatten, wartete man gespannt auf die Sichtweise der unmittelbar Betroffenen - allerdings blieben ihre Aussagen zumeist an der Oberfläche.
"Ich glaube, andere beschäftigen sich da mehr damit als die Athleten selbst", sagte sie. "Wir wissen, dass uns das nicht betrifft. Natürlich ist das alles traurig, aber wir konzentrieren uns hier darauf, unsere Leistung zu zeigen und was für harte Arbeit wir im Training leisten."
Vor allem betonte Klosterhalfen, dass sie nicht zur Trainingsgruppe von Salazar gehöre, sondern unter Pete Julian arbeite - und völlig autonome Trainingsinhalte habe.
Eines allerdings konnte man aus ihren Ausführungen heraushören: Dass es zum jetzigen Zeitpunkt nicht völlig klar scheint, ob sie auch nach der Saison dem NOP treu bleiben wird. Sie schwärmte zwar wieder von den traumhaften Bedingungen, schob aber hinterher: "Ich weiß selber noch nicht, wie sich das jetzt entwickelt."
Die Aufarbeitung der Geschehnisse wird allerdings erst nach der Weltmeisterschaft in Angriff genommen. Bis dahin sollen alle Betroffenen ihre Füße still halten, um Klosterhalfens Fokus auf das Finale am Samstagabend nicht zu gefährden.
Gegenwind von Kolleginnen
Dort wird sie als Mitfavoritin auf den WM-Titel an den Start gehen. Von ihren Konkurrentinnen ist lediglich Titelverteidigerin Hellen Obiri in dieser Saison schneller gelaufen. Doch die Kenianerin ist nicht mehr in bester Form und hat zudem das 10.000-Meter-Finale vom Samstag in den Beinen.
Störfeuer gibt es für die Deutsche dennoch genug: Sie kommen von Seiten vieler Medien, die Klosterhalfens Wirken im dubiosen Umfeld geißeln - aber auch von anderen Athletinnen. "Jeder, der sich auch nur ein bisschen in diesem Sport auskennt, weiß, dass ein Schatten über dieser Gruppe liegt", sagte Jenny Simpson, Weltmeisterin über 1500 Meter: "Warum sich jemand dieser Gruppe anschließt? Keine Ahnung."
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Sogar von ihrer 5000-Meter-Kollegin Hanna Klein, die im Vorlauf scheiterte, bekam "Koko" Gegenwind. "Natürlich ist es auch mein Ziel, möglichst schnell zu laufen und mich immer weiter zu verbessern. Ich glaube aber, das ist auch mit Mitteln möglich, von denen ich weiß, dass sie gesundheitserhaltend sind", sagte sie der Stuttgarter Zeitung.
Klein kritisiert dabei das professionelle Umfeld des NOP, das bis ins letzte Detail auf den Wettkampfsport ausgerichtet ist. "Laufen bedeutet für mich Spaß, das Training ebenso wie die Wettkämpfe. Mir würden die Leichtigkeit und der Spaß fehlen, wenn ich es so betreiben würde wie Konstanze."
Genau diese Umfeld, das mit den Bedingungen in Deutschland nicht zu vergleichen ist, habe sie aber auf ein neues Level gehoben, wie Klosterhalfen bereits im August bei SPORT1 erklärte. "Am Haupt-Campus haben wir ganz andere Möglichkeiten, vor allem auf die Regenerationsmaßnahmen bezogen", erklärte Klosterhalfen. "Dort dreht sich alles nur ums Laufen. Alles ist danach ausgerichtet - das ist vielleicht der größte Unterschied."
Gespräch mit dem DLV nach der WM
Ob sie auch künftig unter diesen Bedingungen trainieren wird, soll nach der Weltmeisterschaft ausgiebig besprochen werden. Klosterhalfens Management, der DLV und die Athletin selbst werden sich dann in Ruhe zusammensetzen und besprechen, wie es weitergeht.
Dabei lautet die Kardinalfrage, ob eine bislang unbescholtene Athletin wie Klosterhalfen noch in einem Camp trainieren kann, dessen Leiter gerade wegen Dopingvergehen für vier Jahre aus dem Verkehr gezogen wurde.
"Um das Thema bewerten zu können, müssen wir erstmal alle Infos aufarbeiten. Mit Konstanze haben wir abgemacht, uns nach der WM zusammenzusetzen", kündigte DLV-Generaldirektor Idriss Gonschinska an.
"Ich verstehe komplett, dass die Fragen kommen", machte Klosterhalfen nach ihrem Vorlauf noch deutlich. Sie könne aber nichts dazu sagen, was schon Jahre zurückliegt. In der Tat wurde Salazar für Vergehen gesperrt, die schon etliche Jahre vor Klosterhalfens Umzug in die USA liegen.
Dass dennoch ein Makel bleibt, wenn der oberste Chef und Gründer des NOP des Dopings überführt wurde, weiß auch Klosterhalfen. Sie muss nun entscheiden, was künftig das Beste für sie ist.