Bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Doha wird die Sensation Realität. Die deutsche Hoffnung Niklas Kaul kürt sich zum jüngsten Zehnkampf-Weltmeister aller Zeiten!
Kaul holt historisches Gold
Vor dem abschließenden 1500-Meter-Lauf hatte er noch 19 Punkte hinter dem Führenden Esten Maicel Uibo und fünf Zähler hinter dem Kanadier Damian Warner auf Platz drei gelegen. Doch über die abschließenden 1500 Meter galt der 21-Jährige als wesentlich stärker als die beiden vor ihm Liegenden.
Dieser Favoritenrolle wurde er auch mehr als gerecht. In der zweiten Runde übernahm er die Führung und lag vier Sekunden vor seinen Konkurrenten. Die letzte Runde war dann eine pure Demonstration der Stärke. Teamkollege Tim Nowak kam als Zweiter mit fast sieben Sekunden Rückstand ins Ziel.
"Mir ging durch den Kopf, dass ich diese Chance vielleicht nie wieder bekommen werde und in meinem Leben nie mehr Weltmeister im Zehnkampf werden kann. Deswegen musste ich die genau jetzt nutzen. Egal was nach dem Zieleinlauf über 1500 Meter passiert, ob sie dich heraustragen oder nicht - du rennst jetzt einfach und gibst alles, was du hast", sagte Kaul anschließend voller Freude in der Mixed-Zone.
Seine Konkurrenten Uibo und Warner kamen mit 16 beziehungsweise 33 Sekunden Rückstand ins Ziel. Der Este holt sich damit Silber, Warner hatte sich gerade noch auf den Bronzerang gerettet. Am Ende landete Kaul bei 8691 Punkten. Ubio sammelte 8604 Punkte, während Warner auf 8529 Punkte kam.
Kaul: "Nicht der Beste, aber der Konstanteste"
"So ganz habe ich es noch nicht verstanden. Das dauert noch ein bisschen", war der 21-Jährige in der ARD noch überwältigt von seinem Triumph. Vor allem, da er selbst nicht mit dem ganz großen Erfolg gerechnet hatte. "Dass es am Ende 8691 Punkte geworden sind, hätte ich niemals erwartet mit dem zweitbesten zweiten Tag, den es jemals gegeben hat.
Allerdings hatte er auch gleich noch sein Geheimrezept parat. "Ich bin nicht der beste Zehnkämpfer im Feld, aber ich war an diesen Tagen der Konstanteste."
Auch seine Teamkollegen waren von der Leistung des Youngster beeindruckt. "Er ist sehr erfahren für sein Alter. Ich glaube, er ist schon weiter als ich jetzt mit 28", zollte Kai Kazmirek ihm Respekt. Tim Nowak hob auch nochmal die Konstanz von Kaul hervor. "Kein Fehlversuch im gesamten Wettkampf, das muss man erstmal schaffen."
Nowak sprang mit 8122 Punkten gerade noch in die Top Ten. Kazmirek kam nach seiner Nullnummer im Hürdenlauf nur auf Rang 17 (7414 Punkte).
Kaul verbessert sich kontinuierlich
Kaul war vor allem in der neunten Disziplin eine Klasse für sich und schleuderte den Speer auf 79,05 Meter - eine Weite, die sogar im erweiterten Kreis der Spezialisten mithalten könnte. Es war der weiteste Wurf, den jemals ein Zehnkämpfer in einem Wettkampf geschafft hat.
Nach diesem Wurf sei auch ihm klar gewesen, "dass es sogar der Weltmeistertitel werden könnte", erklärte Kaul. Zuvor hatte er bereits auch im Stabhochsprung und Diskuswurf persönliche Bestleistungen aufgestellt. "Ich setze einen Zehner darauf, dass er Weltmeister wird", sagte der frühere Zehnkampf-Star Frank Busemann danach in der ARD.
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Besonders beeindruckend war der Verlauf seines Zehnkampfes: Von Platz 20 nach der Auftaktdisziplin, dem 100-Meter-Lauf, kämpfte sich Kaul konstant nach vorne.
Der einzige deutsche Weltmeister bisher war der für die damalige DDR startende Torsten Voss. Der Güstrower hatte 1987 bei den Weltmeisterschaften in Rom Gold geholt.
Titelfavorit und Weltrekordhalter Kevin Mayer hatte verletzungsbedingt während des Stabhochsprungs aufgegeben. Das hatte natürlich auch Einfluss auf den Kaul-Erfolg. "Im Endeffekt konnte er (Mayer/Anm.d.Red.) sich nur selbst schlagen. Aber er hatte schon vorher immer wieder mit kleinen Problemen zu kämpfen", stellte der frischgebackene Weltmeister fest.