Mit 1,7 Millionen Followern bei Instagram ist Alica Schmidt die mit Abstand gehypteste Leichtathletin im deutschen Team.
Schmidt freut sich für Hummels
Seit die heute 22-Jährige vor vier Jahren vom Boulevardportal Busted Coverage zur "heißesten Athletin der Welt" gekürt wurde, schnellte die Anzahl ihrer Fans nach oben.
Schmidts Leistungen auf der Tartanbahn konnten mit ihrem Status in den Sozialen Medien nicht ganz Schritt halten. Derzeit versucht die gebürtige Wormserin, die für den SSC Berlin startet, noch auf den Olympiazug zu springen.
Bei den Deutschen Meisterschaften in Braunschweig landete Schmidt nach starker Vorstellung über 400 Meter im Halbfinale nur auf Platz 6 im Endlauf. Dennoch hat sie ihren Traum von Tokio längst noch nicht aufgegeben.
Bei SPORT1 spricht sie auch über ihre Allergieprobleme, Fabelzeiten der Konkurrenz und warum sie sich für Mats Hummels gefreut hat.
Schmidt: Das muss ich noch lernen
SPORT1: In Braunschweig bei den deutschen Meisterschaften lief es für Sie im Halbfinale richtig gut, 24 Stunden später ging Ihnen dann so ein wenig die Puste aus. Waren die beiden Rennen in so kurzer Zeit zu viel nach ihrer Verletzungspause?
Alica Schmidt: Ich glaube nicht, dass es zu viel war. Leider ist Bahn acht nicht die idealste Ausgangslage für ein erfolgreiches Rennen. Ich musste es schnell angehen, das habe ich auch geschafft. Es ist schon eine größere Herausforderung, wenn man keine Läuferinnen vor sich hat, an denen ich mich quasi heranziehen kann. In der Kurve habe ich noch einmal versucht, Druck zu machen – letztendlich hat es dieses Mal aber leider einfach nicht gereicht. Nichtsdestotrotz muss ich auch auf Bahn acht lernen, ein gutes Rennen zu laufen. Es war auf jeden Fall eine gute Erfahrung - und mit der Zeit kann ich es hoffentlich besser umsetzen, auch von Bahn acht ein gutes Rennen zu laufen.
SPORT1: Also hat das etwas mit der Renneinteilung zu tun?
Schmidt: Das würde ich nicht unbedingt sagen. Ich bin es eigentlich ganz gut angegangen, hatte auch nicht das Gefühl, dass es zu schnell war auf den ersten 200 Metern. Eigentlich sind die letzten 200 Meter auch meine Stärke. Auf Bahn acht fehlt für mich persönlich leider einfach der zusätzliche Push, den ich vermutlich auf den letzten Metern gebraucht hätte, um schneller ins Ziel zu gelangen.
SPORT1: In ihrer Instagram-Story haben Sie über ihre Pollen-Allergie gesprochen. Behindert Sie diese auch im Training oder Wettkampf?
Schmidt: Im Training geht es eigentlich. Leider hat die Allergie drei Tage vor den deutschen Meisterschaften angefangen, etwas zugenommen und hat sich auch stärker bemerkbar gemacht als in den Jahren zuvor. Deswegen werde ich wahrscheinlich nochmal eine Desensibilisierung machen, die hält ja immer nur ein paar Jahre an. Aber ich glaube nicht, dass ich wegen der Allergie eine schlechtere Leistung gebracht habe.
"Wenn du keine Luft bekommst, ist das eine Katastrophe"
SPORT1: Müssen Sie dann aufpassen, dass diese Medikamente nicht auf der Dopingliste stehen?
Schmidt: Na klar. Die hochdosierten Medikamente und auch Cortison, die bewirken, dass man nahezu symptomfrei ist, darf ich nicht nehmen. Aber ich habe etwas Gutes gefunden, was mir hilft und was ich bedenkenlos einnehmen kann. Das Wichtigste ist, dass meine Nase frei ist, das habe ich zum Glück geschafft. Wenn du keine Luft bekommst, ist das eine Katastrophe, aber das war jetzt nicht der Fall.
SPORT1: Sie wollen sich noch mit der Staffel für Olympia qualifizieren. Wie sieht die Situation im DLV-Team aus?
Schmidt: Meine persönliche Saisonbestzeit liegt bei 52,72 Sekunden. Aber da lässt sich jetzt in Regensburg (am 20. Juni, d.R.) hoffentlich nochmal eine Schippe drauflegen. Ich weiß, was ich draufhabe und ich habe diesen Winter super hart trainiert. Klar, mit der Verletzung sind mir fünf Wochen flöten gegangen, das war nicht optimal. Eine 52er-Zeit zu laufen, war am Anfang der Saison nicht selbstverständlich, ich wusste überhaupt nicht, wo ich stehe. Jetzt merke ich langsam auch wieder im Training, dass es einfach rundläuft. Die Schnelligkeit kommt zurück, die Laufwerte kommen mit den Wettkämpfen zurück. Ich bin auf Regensburg gespannt und hoffe, dass ich dort noch mal eine schnelle Zeit erlaufen kann.
SPORT1: Wie viele Athletinnen wird der DLV für die Staffel nominieren?
Schmidt: Das kann ich so leider gar nicht genau sagen, da die Zahl immer wieder variiert. Aber vier Läuferinnen werden es definitiv sein. (lacht)
Olympia für Schmidt ein großer Traum
SPORT1: Was würde Ihnen ein Start bei den Olympischen Spielen in Tokio bedeuten?
Schmidt: Bei den Olympischen Spielen dabei zu sein, ist natürlich der große Traum. Ich weiß aber auch, dass ich noch relativ jung bin und viel Zeit habe. Von daher mache ich mir auch keinen Druck.
SPORT1: Dank ihrer hohen Followerzahlen haben Sie einige Sponsoren. Würde sich das auf ihre Partner negativ auswirken, wenn sie nicht an den Olympischen Spielen teilnehmen würden?
Schmidt: Ich kann jederzeit auf die volle Unterstützung meiner Sponsoren vertrauen – das zeichnet unsere langjährige und nachhaltige Partnerschaft aus.
SPORT1: Neulich bei Sky haben sie gesagt, dass Sie sich nicht vorstellen können, jemals die 50 Sekunden zu unterbieten, was die Schwelle zur Weltklasse darstellt. Wie schaffen Sie es trotzdem, ihr Training dauerhaft motiviert durchzuziehen?
Schmidt: Ich liebe es einfach! Es gibt mir enorm viel und es macht mir viel Spaß, mich zu pushen und an meine Grenzen zu gehen. Natürlich geht das einher mit den Erfolgen. Wenn ich absolut keinen Erfolg haben würde, dann schafft man das auch nicht, sich täglich im Training zu pushen. Aber es bereitet mir einfach unglaublich viel Freude, erfüllt mich und ist einfach meine große Leidenschaft! Für mich ist es unwahrscheinlich, irgendwann mal unter 50 Sekunden zu rennen. Selbst eine 51er-Zeit als Ziel zu haben, ist für mich schon Ansporn genug, jeden Tag an meine Grenzen zu gehen.
Das sagt Schmidt über Hummels
SPORT1: Die Weltmeisterin Salwa Eid Naser lief im WM-Finale 48,14 Sekunden. Ist so eine Zeit unter legalen Umständen überhaupt vorstellbar?
Schmidt: Ich betrachte die Zeit mit einem etwas kritischen Blick, aber gönne ihr den Erfolg vom ganzen Herzen.
SPORT1: Ist durch die Corona-Krise - und das dadurch noch schleppendere Kontrollsystem - zu befürchten, dass bei Olympia die Doping-Rate insgesamt höher sein wird?
Schmidt: Ich habe nicht das Gefühl, dass die Kontrollen bei uns durch die Pandemie weniger wurden. Von daher in Deutschland auf keinen Fall, zu anderen Ländern kann ich wenig sagen. Da laufen die Kontrollen ja ganz anders ab. Aber ich hoffe es natürlich nicht. Es ist für uns Sportler immer so ein bitterer Beigeschmack.
SPORT1: Sie haben bereits mit Borussia Dortmund trainiert und sind gegen Mats Hummels ein 400-Meter-Rennen gelaufen. Wie sehr freut es Sie, dass Bundestrainer Joachim Löw ihn für die Europameisterschaft nominiert hat?
Schmidt: Das freut mich natürlich sehr für ihn. Ich finde es auf jeden Fall sehr cool und ich glaube, es ist für ihn auch eine große Motivation gewesen, nochmal dabei zu sein. Jetzt bin ich gespannt, wie es bei der EM läuft.
SPORT1: Also werden Sie die EM auch am Fernseher mitverfolgen?
Schmidt: Auf jeden Fall.
Follower? Schmidt: "Höre gar nicht mehr hin"
SPORT1: Auf den längeren Strecken werden derzeit die Weltrekorde fast wie am Fließband gebrochen, was ganz offensichtlich auch an der Entwicklung der Schuhe liegt. Warum ist das nicht so auf den kürzeren Strecken, warum wirkt sich das eher auf die längeren aus? Haben Sie da eine Erklärung?
Schmidt: Über 400 oder 100 Meter kann man ja gar nicht so viel machen. Das ist so eine kurze Zeitspanne, um da etwas einzusparen. Da kenne ich mich aber auch zu wenig aus. Klar ist, das macht bei einem Marathon noch mal einen viel größeren Unterschied, wenn man zwei Stunden unterwegs ist. Da ist das Schuhwerk generell viel wichtiger.
SPORT1: Wenn jemand wie Sie so im medialen Blickpunkt steht, wird man häufig mit Gerüchten konfrontiert. Wie war das für Sie, als man Ihnen eine Liaison mit Jadon Sancho angedichtet hat?
Schmidt: Ich glaube, da weiß doch jeder, dass da nichts dran war. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das jemand tatsächlich ernst genommen hat.
SPORT1: Wie sehr stört es Sie, wenn bei Wettkämpfen erwähnt wird, wie viele Follower sie haben? Sie wollen doch in diesen Momenten bestimmt nur als Athletin wahrgenommen werden.
Schmidt: Das ist eine Sache, die immer wieder erwähnt wird. Aber mittlerweile höre ich da gar nicht mehr hin. Das wird wahrscheinlich immer eine Rolle spielen, von daher ist das dann so. Wenn ich auf der Bahn stehe, konzentriere ich mich voll und ganz auf den Sport und nur auf mich selbst zu, alles andere blende ich dabei komplett aus. Deshalb lasse ich mich davon nicht beeinflussen oder ablenken.