Eine kurze Bildrecherche genügt, um zu verstehen, wie schwierig die ganze Angelegenheit werden wird für den Weltsport wird.
Wie Putin in den Weltsport hineinregiert
"Wladimir Putin" und "Thomas Bach" als Suchbegriffe. Hunderte gemeinsame Treffer mit dem russischen Staatspräsidenten und dem deutschen IOC-Chef.
Nicht nur mit Bach pflegt Putin gute Beziehungen, Russlands autoritärer Regent ist generell der vielleicht am besten vernetzte und einflussreichste Mann im Weltsport.
Entsprechend heikel ist es für alle Beteiligten, was im Zuge des jüngsten Skandal-Reports über das systematische Doping im Land eigentlich unausweichlich scheint: empfindliche Sanktionen für Putins Sportreich. Bis hin zum von der WADA geforderten Olympia-Ausschluss.
Koffer mit Geld? Gar nicht nötig
Nicht zufällig hat Russland zuletzt zahlreiche sportliche Großereignisse an Land gezogen: Putins Gefolgsleute sitzen in zahlreichen wichtigen Verbänden an Schlüsselstellen.
Wladimir Potanin, einer der reichsten Männer Russlands, gab im Frühjahr 2014 dem Forbes-Magazin einen Einblick in das System.
"Wenn du Geld für die Organisationen gibst, bedeutet das, dass du die Möglichkeit erhältst, Wettkämpfe durchzuführen und in Führungspositionen zu kommen", hielt er fest: "Das ist viel effizienter als alle Koffer voller Geld."
Auch Blatter ein Putin-Freund
Oligarchen wie Potanin, der für die Olympischen Spiele in Sotschi mehrere Hundert Millionen Euro in die Errichtung des Skiresorts Rosa Chutor pumpte, schütten den Sport zu mit ihrem Geld. Energieriese Gazprom sponsert die Fußball-Verbände FIFA und UEFA sponsert. Dass FIFA-Präsident Sepp Blatter und Putin bis heute viel voneinander halten: auch bekannt.
Nach ähnlichem Muster lief es in der Leichtathletik, die gerade mit dem Rücken zur Wand steht.
Die staatliche russische Bank VTB war einer der Hauptgeldgeber des Weltverbandes IAAF - ehe er am Donnerstag verkündete, sein Engagement nicht zu verlängern. Angeblich anlasslos.
An vielen Schlüsselstellen
Im IOC hat Russland derzeit vier Mitglieder, allesamt Putin-Getreue natürlich. Nur die Schweiz und Großbritannien kommen auf dieselbe Zahl.
Dass die Fußball-WM 2018 in Russland stattfinden wird, dafür sorgt auch Vitali Mutko. Er ist nicht nur Sportminister seines Landes, sondern auch ein umtriebiger Ämteranhäufer in Sportorganisationen, unter anderem in der FIFA-Exekutive.
Die Skandale in Fußball und Leichtathletik bringen Russland nun trotzdem in Nöte: Der mächtige IAAF-Schatzmeister Valentin Balachnitschew war schon nicht mehr haltbar. Der WADA-Report zwang Russland zu weiteren Konsequenzen - trotz aller Klagen, er sei Teil einer großen politischen Verschwörung gegen das Land: Gregori Rodschenkow, der Leiter des (Anti-)Doping-Labors, musste zurücktreten. Mutko zeigte sich offen, einen unbefleckten ausländischen Experten als Nachfolger zu benennen.
Russland muss etwas ändern, das merkt auch Putin, der sich am Mittwochabend entgegen erster Ankündigungen doch persönlich zur Affäre zu Wort gemeldet hat.
Ein Ausschluss der russischen Leichtathleten von Olympia 2016 wäre für den Mann, dem der Sport immer eine willkommene Bühne war, eine beispiellose Blamage.
Putin gegen Kollektiv-Bestrafung
Entsprechend versucht Putin, möglichst viel Schaden von den Institutionen abzulenken und stattdessen die Sportler zu den alleinigen Sündenböcken zu machen. Eventuelle Strafen dürften nur "individuell" und nicht kollektiv sein.
Das Dopingproblem existiere "nicht nur in Russland. Aber wenn unsere ausländischen Kollegen Fragen haben, ist es notwendig, dass keine offen bleiben", sagte Putin.
Nicht immer reibungslos
Mit allem kommen Russlands Sportmächtige nicht durch, das zeigt sich auch nicht das erste Mal. Man denke an den Fall Marius Vizer.
Vizer, enger Vertrauter des Kreml-Chefs, saß an der Spitze der Vereinigung der 107 internationalen Sport-Verbände (SportAccord), war ein enorm einflussreicher Strippenzieher.
Dummerweise legte sich Vizer mit Bach an, verlor den Machtkampf und musste zurücktreten. Bach regiert seitdem ungestörter. Putin? Hielt still.
Russlands Einfluss ist trotzdem weiterhin spürbar, auch in den jüngsten Äußerungen von Bach.
"Den russischen Athleten, die betrogen haben, müssen die Medaillen entzogen werden", fordert er zwar, wenn es ums offensichtlich betrügerische System an sich geht, wird er schon deutlich vorsichtiger.
"Ich denke, dass Russland kooperieren wird", sagt er. Man wird sehen.