Der ehemalige Weltklasse-Mittelstreckenläufer Sebastian Coe ist neuer Präsident des Weltverbandes IAAF.
Coe ist neuer IAAF-Präsident
Der 1500-m-Olympiasieger von 1980 und 1984 setzte sich bei der Wahl am Mittwoch in Peking gegen das ukrainische Stabhochsprung-Idol Sergej Bubka durch und tritt die Nachfolge des umstrittenen Lamine Diack an. Der Senegalese stand 16 Jahre an der Spitze der IAAF. Er hinterlässt dem englischen Lord nach zahllosen Dopingskandalen einen Scherbenhaufen.
"Für viele in diesem Raum ist die Geburt ihrer Kinder der größte Moment in ihrem Leben", sagte der 58-jährige Coe, der wie Bubka zuletzt als IAAF-Vizepräsident fungierte und nun auch in das Internationale Olympische Komitee (IOC) aufrückt, nach seiner Wahl: "Für mich ist die Möglichkeit, die Zukunft unserer Sportart zu gestalten, das zweitgrößte Ereignis. Ich fühle mich geehrt, dass unser Sport sein Vertrauen in mich gesetzt hat."
Niederlage für Prokop
Coe erhielt bei der Wahl in Peking 115 Stimmen, sein Kontrahent 92 Stimmen.
Bubka bleibt allerdings Vizepräsident der IAAF. Mit 187 Stimmen wurde er von den Delegierten bestätigt. Eine Niederlage erlitt dagegen Clemens Prokop, Präsidenten des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV). Er erhielt nicht die erforderliche Stimmenzahl, um in das 27-köpfige IAAF-Council, die Weltregierung der Leichtathletik, aufzurücken.
"Es ist natürlich schade, dass ich nicht gewählt worden bin. Aber es war ein außergewöhnlicher Wahlkampf, viele Kandidaten haben eine Menge Zeit und Finanzkraft aufgewendet", sagte Prokop: "An den Spekulationen, ob die Doping-Berichte der ARD es für einen Deutschen schwieriger gemacht haben, möchte ich mich nicht beteiligen."
Coe treibt Anti-Doping-Kampf voran
Coe, Architekt der Olympischen Spiele 2012 in London, ist mit seiner Wahl zu einem der mächtigsten Männer im Weltsport aufgerückt - steht aber dennoch vor einer äußerst schweren Aufgabe.
Seit Monaten sieht sich die internationale Leichtathletik Vorwürfen weit verbreiteten Dopings ausgesetzt. Und der Weltverband steht unter dem Verdacht, nicht genug gegen das Problem unternommen zu haben. Es ist wohl die größte Krise der IAAF-Geschichte
Zuletzt entzogen bereits erste Athleten dem Weltverband das Vertrauen - angeführt vom deutschen Diskus-Olympiasieger Robert Harting und dessen Freundin Julia Fischer. "Liebe IAAF, wir können euch nicht mehr trauen. Ihr zerstört unseren Sport, und deshalb müssen wir handeln", hieß es in einem Video.
Auch prominente internationale Sportler wie Stabhochsprung-Olympiasieger und Weltrekordler Renaud Lavillenie (Frankreich) sowie Weitsprung-Olympiasieger Greg Rutherford (Großbritannien) bekundeten ihre Unterstützung.
Coe, der stets smarte, im Weltsport glänzend vernetzte Gentleman, muss nun die Scherben zusammenkehren. In seinem Wahlprogramm kündigte der Lord bereits an, für die Leichtathletik eine vollkommen unabhängige Anti-Doping-Agentur schaffen zu wollen. Er ging damit weiter als sein Kontrahent Bubka.
Erneut geschlagener Bubka bleibt IAAF-Vizepräsident
Dennoch hatte Coe mit seiner Reaktion auf die letzten Enthüllungen für Verwunderung und Kritik gesorgt.
Der Brite, 2006 von der Queen zum "Knight Commander" geschlagen, hatte die letzten Recherchen der ARD und der Sunday Times als "Kriegserklärung" an die Sportart gewertet.
Trotzdem hatten sich im Vorfeld viele Verbände öffentlich für den charismatischen Briten ausgesprochen.
Auch der DLV, der Coe im Vergleich zu Bubka das "größere Reformpotenzial" bescheinigte. Dies muss er nun unter Beweis stellen, denn nicht nur beim Thema Doping gibt es Veränderungsbedarf. In einer immer mehr vom Fußball dominierten Sportwelt droht die olympische Kernsportart ins Hintertreffen zu geraten. Auch finanziell zählt die Leichtathletik im globalisierten Sport keineswegs zu den Schwergewichten.
Coes Kontrahent Bubka erlebte dagegen eine weitere Niederlage auf sportpolitischem Parkett. 2013 kandidierte der Ukrainer, der in seiner sportlichen Karriere insgesamt 35 Weltrekorde aufgestellt hatte, erfolglos gegen Thomas Bach um das Amt des IOC-Präsidenten. Und auch die Hürde Sebastian Coe erwies sich als zu hoch.
Immerhin blieb Bubka der Posten des Vizepräsidenten.