Blutige Wunden an vier Körperteilen, die mit insgesamt 42 Stichen genäht werden mussten.
WWE-Ikone schockte mit Sprengstoff
Brandverletzungen zweiten Grades, die er vor seiner Familie zu verheimlichen versuchte - die aber so übel rochen, dass der Gestank nach verbranntem Fleisch ihn verriet.
Mick Foley hat an diesem Sommerabend in Japan einiges in Kauf genommen für eine Gage von 300 Dollar und einer Limonadendose als Bonusprämie.
Doch was der Mann, der damals als Cactus Jack bekannt war, an diesem 20. August 1995 auch bekam, war ein tragendes Element für einen Mythos, der ihm später zu einer Hall-of-Fame-Karriere als Mankind bei WWE verhelfen sollte.
"Exploding Barbed Wire Match" lebt bei AEW neu auf
Der Mythos des "Exploding Barbed Wire Matches", in dem Foley gegen den ebenso legendären Terry Funk nicht nur mit Stacheldraht, sondern auch echtem Sprengstoff hantierte, kam in dieser Woche zu überraschenden neuen Ehren: WWE-Rivale AEW kündigte an, die Idee neu aufleben und ins Zentrum ihrer nächsten Großveranstaltung Revolution zu rücken.
Was AEW-Champion Kenny Omega und Jon Moxley (der frühere Dean Ambrose) vorhaben, um den damit verbundenen Erwartungen gerecht zu werden? Es kann einem angst und bange werden, wenn man auf ihre Vorbilder zurückblickt.
"Deathmatch"-Turnier lockte in Japan rund 30.000 Fans an
Foley, damals gerade 30 Jahre alt geworden, steckte seinerzeit zwischen seinen beiden Engagements für die großen US-Ligen WCW und WWE - und mehrte seine wachsende Popularität durch Auftritte in Fernost, wo damals auch Nischenformen des Showkampf-Gewerbes ein riesiges Publikum fanden.
Das auf extreme Brutalität und Schockeffekte angelegte "Deathmatch Wrestling" - anderswo als abartige Verirrung verschrien, auch Teilen der Fan-Community - füllte dort zeitweise große Arenen. Und es gelang auch der Liga IWA, die damals mit dem "King of the Death Match Tournament" alles Dagewese toppen wollten.
Rund 30.000 Fans strömten in das eigentlich für Baseball-Spiele konzipierte Freiluft-Stadion in Kawasaki, um die Gewaltorgie mitzuerleben, die mit dem Finale zwischen Foley und Funk ihren Höhepunkt finden sollte.
Terry Funk und "Cactus Jack" benutzten Stacheldraht und Sprengstoff
Das "Exploding Barbed Wire Match" war damals keine neue Idee, es war eine Spezialität des japanischen Szene-Idols Atsushi Onita, das 1993 auch schon eines gegen Funk auf die Bühne gebracht hatte. Der "Funker" war eine Ringikone auf beiden Seiten des Pazifiks, die sich im Herbst ihrer Karriere als durchgeknallter Deathmatch-Draufgänger neu erfand.
In Kawasaki wollte der damals schon 51 Jahre alte Funk die Fackel an den jungen Cactus Jack weiterreichen (der ein guter Freund und später auch bei WWE kurz sein Partner war, als Funk dort als "Chainsaw Charlie" antrat) - unter äußerst grenzwertigen Bedingungen.
Für das Match zwischen Funk und Foley wurden die Ringseile durch Stacheldraht ausgetauscht, es kam auch echter Sprengstoff zum Einsatz, der in mehrere im Ring liegende Stacheldraht-Bretter eingebaut war und zur Explosion kam, als sich die beiden Kontrahenten darauf warfen. In seinem autobiographischen Bestseller "Have a nice Day" berichtete Foley, dass Funk vor dem Match sogar darauf bestand, noch kräftigeren Sprengstoff einzusetzen als in einem Probelauf von den Liga-Verantwortlichen vorgeführt.
Ohne erkennbare Rücksicht auf die eigene Gesundheit fügten sich Funk und Foley in der Szenerie brutale Schnitt- und Brandverletzungen zu - Foley erlitt bei einer der Detonationen Verbrennungen zweiten Grades am rechten Arm. Und eine Panne am Ende des Matches sorgte dafür, dass alles noch wilder wurde.
Mick Foley verlor fast auch sein zweites Ohr
Das eigentlich geplante Finale des Kampfs - eine Pyrotechnik-Explosion des Rings, der nach einer bestimmten Kampfzeit quasi zur Zeitbombe werden sollte - fiel weniger spektakulär aus als gedacht: Die Explosion zündete nicht richtig und wirkte wie ein zahmes Tischfeuerwerk.
Foley und Funk improvisierten daher ein anderes Finish: Foley - dessen Gesicht zu diesem Zeitpunk völlig mit Blut bedeckt war - trug eine Leiter in den Ring und ließ sich mit einem Sturz aus größerer Höhe unkontrolliert in den Stacheldraht schubsen. Danach schulterte er Funk mit letzter Kraft und besiegte ihn.
Der heute 55 Jahre alte Foley, der 1994 bei einem Ringunfall gegen den 2018 verstorbenen Big Van Vader in München sein rechtes Ohr verloren hatte, hielt hinterher fest, dass die Aktion ihn auch fast das linke gekostet hätte.
Auch bei WWE lebensgefährliche Aktionen
Der Vorwurf, dass das alles lebensgefährlicher Irrsinn war, ist nicht zu entkräften. Karriere-technisch zahlte sich das Roulette-Spiel mit seiner Gesundheit für Foley aber aus.
Sein Auftritt in Kawasaki nährte in besonderem Maße seinen Ruf als unberechenbarer Teufelskerl, der auch zum integralen Puzzleteil seiner großen WWE-Auftritte gegen The Rock, Triple H und den Undertaker - gegen den er sich ein weiteres Mal fast zu Tode stürzte.
Foleys morbid faszinierende Aktionen wurden oft kopiert, wobei viele seiner Nachahmer übersahen, dass sein Ruhm nicht nur darauf begründet war: Das Gesamtkunstwerk Foley lebte auch von seinem Charisma, seinem rhetoritschen und schauspielerischen Talent und vor allem auch sein Gespür, die Fans mit Ringpsychologie und mitreißendem Storytelling zu packen.
Foleys Auftritt in Kawasaki hatte all das und war gewiss ein wesentlicher Grund für das Angebot von WWE, das er kurz darauf bekam - wobei ihm ein solches Match wie das gegen Funk (der ihn 2013 in die WWE Hall of Fame einführte) dort nicht erlaubt wurde. Mit der Überführung des "Exploding Barbed Wire Match" in den Mainstream betreten sein Erben Omega und Moxley Neuland.