Ein österreichischer Ringkoloss und ein aufstrebendes Top-Talent aus Dresden in einem WWE-Ring - und herausgekommen ist ein Showfight, der von Wrestling-Fans und -Experten als Match des Jahres gefeiert wird, mindestens bei WWE.
Deutscher in WWE-Kampf des Jahres
Im Hauptkampf der dieswöchigen TV-Show des England-Kaders NXT UK lieferten sich Champion WALTER und sein deutsch-russischer Herausforderer Ilja Dragunov eine Schlacht, wie es sie so noch nie bei WWE zu sehen gab.
Reale Schlaghärte, die sicht- und hörbar war, eine selten bei WWE zu sehende Brutalität und Intensität, die weit näher an echten Kampfsport und den daran orientierten Topmatches in Japan war als die Unterhaltungsspektakel bei RAW und SmackDown - in Kombination mit einer durchdacht erzählten Matchstory kam dabei eines der definitiv besten Matches der WWE-Historie heraus.
WALTER und Ilja Dragunov beschimpfen sich auf Deutsch
Das Match zwischen dem 27 Jahre alten Dragunov - der bei WWE auch schon gegen den Schweizer Hauptkader-Star Cesaro sein Können zeigen durfte - und WALTER - der bei der Invasionsstory im vergangenen Jahr auch bei RAW auftrat und Topstar Seth Rollins durch den Ring schleuderte - war wochenlang aufgebaut worden. Unter anderem gab es ein Tag-Team-Duell, in dem Dragunov den Wiener pinnte, als erster NXT-Wrestler überhaupt.
Der Prestigeerfolg bereitete die Bühne für das erste WWE-Einzelmatch der beiden früheren Pfeile der europäischen Independent-Szene, die sich auch schon in der deutschen Liga wXw (Westside Xtreme Wrestling), aber auch bei PROGRESS in England und PWG in den USA bekriegt hatten.
In den BT Sport Studios in London fuhren die beiden ihren enorm körperlichen Stil nun kein bisschen herunter, die Kompromisslosigkeit drückte sich auch dadurch aus, dass sie ihren Trash-Talk ("Gib mir mehr!", "Du schaffst es nicht!") auf Deutsch statt auf Englisch austauschten.
Kompromisslosigkeit von Dragunov rächt sich
WALTER und Dragunov legten furios los, gleich in den ersten Minuten versuchten beide Finisher-Aktionen anzubringen, wurden jedoch ausgekontert. Beide tauschten zudem immer wieder heftige Chops aus, Flachhandschläge, die durch ihre ungebremste Wucht die Oberkörper beider Kontrahenten rot einfärbten.
Ein Schlüsselmoment folgte dann, als WALTER Dragunov mit dem Nacken gegen das mittlere Seil schleuderte, was als unglücklicher Aufprall inszeniert wurde, der Dragunov schwer mitnahm.
Der Anführer der Gruppierung Imperium bearbeitete fortan gezielt Dragunovs Nacken und Dragunov schwächte sich selbst zusätzlich, indem er keine Rücksicht auf seine Schwachstelle nahm, seine Konterattacken - wie etwa eine Serie von German Suplexes - waren immer wieder eine Belastung für den Nacken.
Obwohl Dragunov bis zum Schluss mit unbändiger Energie gegen die Niederlage ankämpfte, rächte sich das am Ende. Als er nach einer eigenen Offensive die Chance hatte, seine Spezialaktion Torpedo Moscow anzubringen, kollabierte er beim Anlauf, WALTER schlug zurück. Ein Splash vom Seil schien das Ende zu sein, Dragunov befreite sich aber aus dem Cover, dann jedoch ließ WALTER wütend weitere Schläge und einen Sleeperhold-Würgegriff folgen, in dem der am Mund blutende Dragunov k.o. ging.
Näher an den Klassikern aus Japan als denen von WWE
Den Vergleich mit legendären Showdowns wie Bret Hart - Stone Cold Steve Austin und Undertaker - Shawn Michaels (letzterer ist bei NXT UK hinter den Kulissen federführend) sowie modernen Klassikern wie der Matchserie zwischen Johnny Gargano und Tommaso Ciampa brauchen WALTER und Dragunov nicht zu scheuen.
Wobei das Match stilistisch in eine andere Richtung ging, der Kampf erinnerte in seiner körperbetonten Realitätsnähe eher an die Großmeisterduelle in Japan, an Kenta Kobashi - Mitsuharu Misawa, an Matches mit Beteiligung von WALTER-Vorbildern wie Big Van Vader und Shinya Hashimoto, WWE-Kommentator Nigel McGuinness ließ auch den Namen des ermordeten Mythos Bruiser Brody fallen.
Dass WALTER und Dragunov diese Art von Match je im Hauptkader von WWE zeigen können werden, wirkt unwahrscheinlich. Dass so ein Match nun überhaupt in einem WWE-Ring zu sehen gab, ist bemerkenswert genug.