Sein Aufstieg zum umjubelten Underdog-Champion bei WWE war märchenhaft - auskosten aber konnte er es nicht lange.
WWE-Märchen wurde zum Albtraum
Kurz nachdem Daniel Bryan den Wrestling-Olymp erreichte, begann ein Verletzungs-Mysterium, das ihn drei Jahre seiner Karriere kostete. Sie schien zwischenzeitlich sogar ganz beendet zu sein.
Am 14. April 2015 bestritt Bryan sein scheinbar letztes Match, ehe er am 8. Februar 2016 - heute vor fünf Jahren - unter Tränen seinen Rücktritt verkündete, als Konsequenz schwerer Kopf- und Nackenverletzungen, vor allem aufgrund der vielen Gehirnerschütterungen, die er zuvor erlitten hatte.
Was steckte hinter der dramatischen Geschichte, die mit Bryans Comeback im Jahr 2018 ein vorläufiges Happy End fand? Und gibt es wirklich keinen Grund mehr, sich um ihn Sorgen zu machen?
Daniel Bryan war frisch auf dem WWE-Gipfel
Der am 22. Mai 1981 in Aberdeen im US-Bundesstaat Washington geborene Bryan hatte sich WWE im Jahr 2009 angeschlossen und sich Schritt für Schritt zum Topstar emporgearbeitet. 2014 krönte er seine Karriere mit einem großen Triumph bei der Megashow WrestleMania XXX: Nach Siegen über Triple H sowie Randy Orton und Batista regierte er als WWE und World Champion.
Getragen wurde er dabei vom "Yes Movement", einer gigantischen Euphoriewelle der Fans, die die WWE-Bosse mit ihren Jubelstürmen für Bryan quasi dazu zwangen, ihre vorherigen Planungen, an Bryans Stelle den damals aus Hollywood zurückgekehrten Batista zum Champ zu machen, über den Haufen zu werfen.
Wenige Wochen nach seinem Titelgewinn wurde Bryan dann allerdings von einer schweren Verletzung heimgesucht. Er verlor infolge eines Nervenschadens sämtliche Kraft in seinem rechten Arm, musste sich einer Nacken-Operation unterziehen, die anschließende Reha lief nicht nach Plan - Bryan musste seine Titel im Juni abtreten. Sein Comeback 2015 wurde von einer Kopfverletzung durchkreuzt - nach der die WWE-Ärzte die Notbremse zogen.
20 Gehirnerschütterungen in 16 Wrestling-Jahren
Der für WWE-Verhältnisse leichtgewichtige Bryan war für seit jeher seinen riskanten und physischen Stil bekannt, auch vor seiner WWE-Zeit, als er unter seinem bürgerlichen Namen Bryan Danielson eine Größe im Independent-Bereich und in Japan war. Der "American Dragon" fiel im Ring oft mit vollem Körpergewicht auf den Kopf, teils auch absichtlich, um die Härte und Besonderheit einzelner Showmatches zu unterstreichen.
Dem Wrestling Observer zufolge soll Bryan über 20 Gehirnerschütterungen in seinen 16 Karriere-Jahren bis 2014 erlitten haben.
Die WWE-Mediziner um den bekannten Mediziner Joseph Maroon verweigerten Bryan auch wegen dieser Vorgeschichte die Freigabe für die Rückkehr in den Ring. Die Liga folgte dem Urteil, sie wollte sich aufgrund der Sensibilität des Themas Kopfverletzungen keine Fahrlässigkeit vorwerfen lassen - gerade auch wegen der Umstände der Tragödie um Chris Benoit im Jahr 2007.
Oft von Fans geäußerte Verschwörungstheorien, dass der Liga Bryans Karriere-Ende ganz recht gewesen wäre, weil sie andere Stars bevorzugte, hatten keinerlei reale Grundlage.
Missverständnis löste Rücktritt aus
Der um seine Berufung gebrachte Bryan fand sich 2016 zwischenzeitlich mit seiner Situation ab und erklärte in einer emotionalen und tränenreichen Ansprache an die WWE-Fans seine Karriere für beendet. Im selben selben Jahr machte er auch öffentlich, dass er seit längerem unter Depressionen leidet - die sich durch seinen Abschied aus dem Ring noch verschlimmert hätten.
Wie der Publikumsliebling später erklärte, beruhte die Rücktrittsentscheidung auf einem Missverständnis. Bei einer Untersuchung in New York sei eine so genannte "Läsion" festgestellt worden, die er sich als eine Art offene Wunde vorstellte. Tatsächlich ist der Begriff weiter gefasst, als Bryan dachte, die entdeckte Schädigung war nicht derart plastisch.
Nach der Aufklärung des Missverständnisses arbeitete Bryan wieder auf eine Rückkehr hin - mit Unterstützung seiner Ehefrau Brianna, als Brie Bella selbst viele Jahre lang WWE-Wrestlerin. Die Zwillingsschwester von Nikki Bella hat inzwischen zwei Kinder zusammen mit Bryan.
"Die meisten Tests, die ich gemacht habe, sagen aus, dass es mir komplett gut geht", sagte Bryan im April 2017 zuSPORT1: "Beim Gehirnerschütterungs-Thema liegt viel im Auge des Betrachters, viel mehr als bei allen anderen medizinischen Themen."
Lange liefen Bryans Bemühungen, den Blickwinkel von WWE zu ändern, ins Leere - auch wiederholte Drohungen, sie nach Auslauf seines Vertrags zu verlassen und anderswo wieder in den Ring zu steigen, änderten die Haltung der Liga nicht. Bis es 2018 zu einer spektakulären Wende kam.
Arzt: Daniel Bryan bei Comeback "symptomlos"
"Ich habe festgestellt, dass Bryan derzeit symptomlos ist", berichtete der Gehirnerschütterungsexperte Dr. Robert Cantu 2018 (nach Bryans Comeback) dem Nachrichtenmagazin Newsweek.
Cantus Urteil hatte Gewicht: Er berät diverse NFL-, NBA- und NHL-Teams in Gehirnerschütterungsfragen. Cantu gehörte auch zu den Ärzten, die posthum die gefürchtete Gehirnkrankheit CTE bei Benoit feststellte.
Es gebe bei Bryan "keine absolute Kontra-Indikation gegen eine Ring-Rückkehr bei WWE", also keinen zwingenden Grund, der dagegen spreche, sagte Cantu zum Fall Bryan. Diverse Tests - neurologische Untersuchungen, ein EEG, eine Kernspin-Tomografie - hätten "keine definitiven Anzeichen einer vorausgegangenen Gehirnverletzung gezeigt".
WWE-Ärzte kontrollieren nach jedem Match
Das Urteil von Cantu und seinen renommierten Kollegen Javier Cardenas und Jeffrey Kutcher stimmte letztlich auch Maroon um: Bryan feierte bei WrestleMania 34 im Jahr 2018 sein Comeback, unterschrieb im selben Jahr einen neuen Drei-Jahres-Vertrag und wurde auch wieder Champion - in neuer (in der Zwischenzeit schon wieder beerdigten) Rolle als böser, verbitterter Umweltradikalist.
Bryans Gesundheitszustand wird weiter streng kontrolliert: Wie der Observer berichtet, willigte Bryan bei seinem Comeback ein, sich von den WWE-Docs künftig nach jedem Match neurologisch untersuchen zu lassen.
Bryan, der auch einen reduzierten Tourplan bekam und jetzt stärker im Kreativbereich hinter den Kulissen involviert ist, wollte bei seinem Comeback zudem auch von sich aus darauf achten, weniger unnötige Risiken einzugehen.
Geklappt hat es nicht immer: Bryan hat seit seiner Rückkehr trotz allem immer noch heftige Landungen eingesteckt - und dabei immer wieder für ein mulmiges Gefühl bei Fans gesorgt.