Hinter Hulk Hogan war er der zweitgrößte Wrestling-Star in der ersten Boom-Ära von WWE. Und nicht wenige finden: Er hätte der größte sein sollen.
WWE-Ikone „Macho Man“ hinterließ viele Rätsel
"Macho Man" Randy Savage war eine Showkampf-Ikone, die alles hatte, was in der Entertainment-Branche haben muss: Ausstrahlung, Präsenz, Intensität, Glaubwürdigkeit, Redetalent, einen unverwechselbaren Look, eine unverwechselbare Stimme. Und anders als Hogan war er auch mit seinen athletischen Fähigkeiten im Ring seiner Zeit voraus.
Savage ist bei Wrestling-Fans unvergessen für eine denkwürdige Rivalität mit Hogan und seine Verbindung mit seiner kaum minder legendären Frau Miss Elizabeth. Aber auch, wer WWF und WCW früher nicht verfolgte, behielt Savage in Erinnerung als Typen in Erinnerung - unter anderem für seinen Auftritt als Bonesaw McGraw im Film Spider-Man 2002 und als Vorbild einer Figur aus der Kultserie South Park.
Unter der schillernden Oberfläche des Macho Man, der 2011 durch einen Herzinfarkt am Steuer ums Leben kam, verbargen sich jedoch auch dunkle Seiten. Als er das Wrestling-Geschäft sechs Jahre vor seinem Tod abrupt verließ, hinterließ er neben vielen Bewunderern auch reale Feinde - unter ihnen Hogan und WWE-Boss Vince McMahon.
Randy Savage strebte eigentlich in die MLB statt zu WWE
Savage - eigentlich: Randall Mario Poffo - wurde am 15. November 1952 in Columbus, Ohio geboren. Sein Vater Angelo Poffo war ein mittelgroßer Wrestling-Star, auch sein jüngerer Bruder Lanny Poffo (in der WWF bekannt als The Genius) folgte ihm in die Branche, die eigentlich nicht Randys erste Karriere-Wahl war.
Randy strebte eigentlich als Baseballer in die MLB, hatte auch einen Vertrag bei den St. Louis Cardinals. Trotz eines schon damals als außergewöhnlich beschriebenen Ehrgeizes reichte es am Ende jedoch nur für die Minor Leagues, 1974 sattelte er zum Wrestling um.
Er tat sich dort als Ausnahme-Talent hervor und weckte schließlich die Aufmerksamkeit von WWF-Boss McMahon, der ihn 1985 für seine aggressiv zu nationaler Dominanz expandierende Promotion unter Vertrag nahm.
Traumpaar mit Frau Elizabeth
Savage bekam bei der WWF seine damalige Ehefrau Elizabeth Hulette an die Seite gestellt, die beiden bildeten eine ungewöhnliche Kombination: Er der gemeine Bösewicht, sie das lieb-sympathische "All American Girl", das irgendwie an den falschen Typen geraten war.
Die Konstellation verschob sich, der charismatische Savage wurde selbst zum Liebling, auch wegen seiner Ringfertigkeiten, die bei der damaligen WWF weit über dem Standard lagen. Savages Match gegen Ricky "The Dragon" Steamboat bei WrestleMania III 1987 war sein erster großer Meilenstein. Es ist der einzige große WWF-Kampf der Achtziger, der auch nach heutigen Standards und Sehgewohnheiten noch überragend gut ist.
Savage entwickelte sich in der Liga zur Nummer 2 hinter Hogan und war der natürliche Platzhalter, als Hogan länger ausfiel, weil er seinen ersten Film "No Holds Barred" (Hulk Hogan - der Hammer) drehte.
Legendäre Rivalität mit Hulk Hogan
Die WWF krönte Savage bei WrestleMania IV mit einem Sieg über den „Million Dollar Man“ Ted DiBiase erstmals zum Champion und schrieb den beiden nach Hogans Rückkehr dann ein längeres gemeinsames Programm auf den Leib, das von der Partnerschaft als Dream Team „The Mega Powers“ (mit einer Fehde gegen die „Mega Bucks“ DiBiase und Andre the Giant) zur Feindschaft führte.
Die WWF inszenierte eine Eifersuchts-Story, in der Savage Hogan unterstellte, Elizabeth schöne Augen zu machen, was zu Savages erneuter Verwandlung zum Bösewicht führte - und zum großen Showdown bei WrestleMania V, bei dem sich Hogan den Titel zurückholte.
Savage blieb Top-Bösewicht - leicht umgemodelt als „Macho King“ mit der neuen Managerin Sensational Sherri (2007 ebenfalls zu früh verstorben) -, bis er zwei Jahre darauf in einem weiteren bis heute sehenswerten Klassiker gegen den im Ring sonst eher schwachen Ultimate Warrior seine Karriere aufs Spiel setzte und verlor.
Das Aus war nur ein scheinbares: Nach einem Zwischenspiel als Kommentator folgte ein Comeback als Liebling. Highlights: die inszenierte Traumhochzeit nach der Story-Versöhnung mit Elizabeth 1991 und eine weitere Titelregentschaft nach einer Fehde mit dem "Nature Boy" Ric Flair im Jahr darauf.
Weiterer Erfolg bei WCW, bittere Ende bei TNA
1994 wechselte Savage nach einer letzten größeren WWF-Fehde gegen Crush (Brian Adams) zur aufstrebenden Konkurrenzliga WCW (World Championship Wrestling), wo er trotz seines fortschreitenden Alters weiter Spuren hinterließ: mit Neuauflagen der Fehden mit seinen alten Weggefährten Hogan und Flair, als Teil der legendären Gruppierung nWo (New World Order).
Er hielt auch bei WCW noch viermal den World Title, nach seiner letzten Verwandlung als von gleich drei Managerinnen umgebener Anführer des Team Madness - seiner damaligen Freundin Gorgeous George (Stephanie Bellars), Madusa (bei WWE: Alundra Blayze) und Miss Madness (der späteren Molly Holly).
Sein letztes größeres Engagement 2005 bei der Liga TNA (heute: Impact) brach er von sich aus schnell ab. Savage wirkte im Ring lange jünger, als er war, aber mit dann 52 Jahren war er doch nur noch ein Schatten seiner selbst.
"Ich kann das nicht mehr machen. Ich will nicht, dass die Leute mich so sehen", zitierte der damals bei TNA mitverantwortliche Dusty Rhodes Savages letzte Worte, ehe er das Wrestling auf Nimmerwiedersehen verließ.
Miss Elizabeth starb 2003 tragisch früh
Der Rückzug des Perfektionisten Savage war ungewohnt radikal, fast alle Weggefährten hörten nie wieder von ihm. Seine bekanntesten Beziehungen waren schon zuvor in die Brüche gegangen.
Elizabeth ließ sich 1992 von ihm scheiden, diverse Zeitgenossen (unter anderem Bret Hart) berichteten, dass sie zermürbt war von Savages angeblich tatsächlich krankhafter Eifersucht. Mit Hogan war er mehr als zehn Jahre spinnefeind, angeblich aus Wut, weil Hogan Elizabeth zur Trennung geraten hätte.
Bei WCW traten alle drei trotzdem noch zusammen auf, Elizabeth führte zuletzt eine weitere, allem Anschein nach toxische Beziehung mit dem ebenfalls tief gefallenen Wrestler-Kollegen Lex Luger, 2003 starb sie mit nur 42 Jahren an einer Überdosis.
Zerwürfnisse mit Hogan und Vince McMahon
Savages und Hogans Streit ging danach noch weiter und nahm skurrile Züge an: Savage veröffentlichte im selben Jahr eine Rap-Single, in der er Hogan disste ("Be a Man, Hulk"), bei TNA hörte er fast noch früher auf, weil die Liga auch Hogan zu einer Show einlud - und warf ihr vor, ihm damit "ein unsicheres Arbeitsumfeld" zu schaffen. Erst in Savages letzten Lebensjahren soll es eine Aussöhnung gegeben haben.
Einen rätselhaften Bruch gab es auch mit Vince McMahon, der Savage lange bewunderte, am Ende aber - ohne es je zu erklären - nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte. Mit Blick darauf, dass McMahon sonst praktisch jeden alten Feind wieder in die Arme schloss, wenn es ums Geschäft ging, muss das von vielen Spekulationen umrankte Zerwürfnis ein sehr tiefes und persönliches gewesen sein. McMahon nahm Savage erst 2015, vier Jahre nach dessen Tod, in seine WWE Hall of Fame auf.
Dramatischer Tod 2011
Savage - der in seinen letzten Lebensjahren noch als Synchronsprecher für Filme ("Bolt"), TV-Serien und Videospiele ("Cars Race-O-Rama") in Erscheinung trat - hatte am 20. Mai 2011 einen plötzlichen Herzinfarkt erlitten, als er mit seinem Jeep Wrangler in Florida unterwegs war.
In der Autopsie wurde ein vergrößertes Herz festgestellt, womöglich eine Spätfolge von Steroidmissbrauch. Savage hatte zugegeben, die Mittel genommen zu haben, als sie noch legal waren. Als sie illegal wurden, war sein Körper so muskulös wie vorher geblieben.
Tragisches Detail: Erst ein Jahr vor seinem Ableben hatte er zum zweiten Mal geheiratet, seine wieder aufgeflammte Jugendliebe Barbara Lynn Payne. Sie saß mit ihrem Mann im Auto und wurde leicht verletzt, als es nach Savages Kollaps in einen Baum raste.
Savages Tod schockte viele Fans - und offenbarte ein letztes Mal, wie populär er war: Die Berichterstattung über seinen Tod beim Sportportal ESPN hatte für einige Tage mehr Leser als jedes andere Sportgeschehen, wie der Wrestling Observer im Nachruf notierte.
Bewundert im Wrestling - und in der Rap-Szene
Aus Sicht fast aller Wrestler-Kollegen und Fans überstrahlt Savages Vermächtnis seine Schattenseiten: Der Macho Man wird bewundert und wurde schon x-fach kopiert und zitiert: das Outfit, die Standardsprüche, der majestätische Einzug zum klassischen Marsch "Pomp and Circumstance".
Savage selbst übrigens hatte das von Edward Elgar komponierte Orchesterstück - wie viele andere Charakterzüge - dem originalen Gorgeous George entliehen, dem ersten großen Wrestling-Entertainer Mitte des 20. Jahrhunderts, der unter anderem auch ein Vorbild für Wrestling-Fan Muhammad Ali gewesen war. Savage kombinierte den Glamour-Faktor mit der unberechenbaren Aura des Anfang 2020 verstorbenen Pampero Firpo, seines zweiten großen Inspirationsquells.
Auch Savages Vermächtnis wird weitergetragen: Seinen Finisher, den Elbow Drop vom Seil mit den vorher in die Luft gerissenen Armen, nahmen unter anderem CM Punk und Bayley in ihr Repertoire auf.
Und noch weiter als alle anderen ging der AEW- und früher langjährige TNA-Star Jay Lethal, der Savages überzeichnete Reibeisenstimme und seine Manierismen begnadet imitieren kann und als Tribut an Savage eine Weile als Wiedergänger „Black Machismo“ antrat.
Auch in der Popkultur hinterließ Savage Spuren, eine recht skurrile Würdigung lieferten etwa die Macher von South Park, indem sie den Charakter der vermeintlichen Transgender-Athletin Heather Swanson 1:1 dem Macho Man nachempfanden.
Ähnlich wie Weggefährte Flair hat Savage auch viele Verehrer in der Hip-Hop-Szene. Rapper Don Trip widmete Savage sogar ein ganzes Mixtape mit dessen Namen. In jedem der Songs steckt ein Sample von dem bekanntesten Ausruf des Macho Man: „Ooooooh yeah!“